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Die letzte Flucht

Die letzte Flucht

Titel: Die letzte Flucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Schorlau
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zurück in die Küche.
    Finn wandte sich wieder den Akten zu, die sie in Voss’ Büro sichergestellt hatten, und den Dateien, die sie auf Voss’ Computer gefunden hatten.
    Voss war fleißig gewesen. Er schien viel gearbeitet zu haben. Manche E-Mails hatte er noch abends nach zehn Uhr von seinem Büro aus verschickt.
    Schöttle hatte recht. Er arbeitete in verschiedenen Kommissionen, oft ehrenamtlich. Er setzte sich bei den Forschungsergebnissen der Charité für eine Sozialklausel ein und leitete eine entsprechende Arbeitsgruppe. Er war bis vor einigen Monaten Präsident eines rotarischen Clubs gewesen und hielt dort oft Vorträge. Unentgeltlich.
    Er verdiente gut.
    Ein erfülltes Leben, dachte Finn Kommareck.
    Aber irgendwo gab es einen dunklen Punkt. Irgendwann hatten Ansehen, Geld und Wissen nicht mehr gereicht.
    Was hatte Voss gefehlt?
    Wann hatte er die Defizite gespürt?
    Was haben wir nur übersehen, dachte sie.
    Dann schlief sie ein.
    Als Daniel aus der Küche kam, fand er seine Frau fest schlafend, den Kopf auf dem Schreibtisch liegend. Er hob sie sachte auf und trug sie hinüber ins Schlafzimmer.

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54. Anonyme Meldung
    Zum ersten Mal seit Tagen lief Finn Kommareck am Morgen auf der Abschlussgeraden im Tiergarten wieder schneller als Daniel. Sie freute sich darüber wie ein Kind. Daniel nahm sie in den Arm und küsste sie.
    »Na, hast du dein kleines Formtief überwunden und deinen trägen Ehemann wieder in die Schranken gewiesen.«
    Sie lachte verlegen und schämte sich ein bisschen, weil sie sich über ihren Erfolg so sehr freute.
    Daniels Renault war zur Inspektion, und so fuhren sie zu zweit in ihrem Audi ins Präsidium. Auf dem Weg erreichte sie die Nachricht. Eine anonyme Meldung war per Mail eingegangen: Der Stuttgarter Privatermittler Georg Dengler hatBernhard Voss umgebracht. Die Tatwaffe befindet sich noch in seiner Wohnung.
    Sie klemmte das Blaulicht aufs Dach und gab Gas.
    ***
    Es herrschte eine gespannte Stimmung in der Konferenz.
    Der Oberstaatsanwalt war froh, dass endlich eine heiße Spur in diesem Fall vorlag. Dahlheimer berichtete, dass die E-Mail in Stuttgart aufgegeben worden war. Sie sei zurückverfolgt worden zu einem Internetcafé am Schlossplatz. Die Stuttgarter Kollegen würden bereits prüfen, ob sich die Person noch ermitteln ließe. Das sei aber schwierig, es sei ein ziemlich großes Café mit über zwanzig Computern.
    Schöttle koordinierte den geplanten Zugriff mit den Kollegen vom Polizeipräsidium. Er hatte einen Schlips umgebunden. Kommareck fiel auf, dass er das jedes Mal tat, wenn der Oberstaatsanwalt sie mit seiner Anwesenheit beehrte.
    Er ist jung, dachte sie. Er will noch etwas werden.
    Und sie? Was würde aus ihr werden?
    In drei Tagen waren die Ergebnisse ihrer Untersuchung da. Sie beschloss, zum zweiten Arzttermin allein zu gehen. Auf Marias Unterstützung würde sie diesmal verzichten.
    »Kommareck, ich möchte, dass Sie und Ihr Team in Stuttgart dabei sind.«
    »Hat sich schon mal jemand Gedanken gemacht über das Motiv?«, fragte Maria. »Warum sollte Dengler Voss erschlagen?«
    »Er scheint eine ziemlich komplizierte Persönlichkeitsstruktur zu haben«, sagte der Oberstaatsanwalt. »Er war früher beim BKA und hat dann gekündigt. Er galt als Einzelgänger. Ein Sonderling. Wir werden reichlich psychische Deformationen finden.«
    Er rümpfte die Nase.
    »Ein handfestes Motiv wäre mir lieber«, sagte Maria.
    »Psychische Deformation ist ein handfestes Motiv«, sagte Schöttle und sah zum Oberstaatsanwalt, der zustimmend nickte.
    Der Beginn der Durchsuchung wurde auf 21 Uhr festgelegt.

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55. Flucht (1)
    Es war dunkel geworden.
    Polizisten in Zivil standen vor dem Basta , Polizisten in Zivil standen am Anfang und am Ende der Wagnerstraße. Junge Männer in Jeans und schwarzen Turnschuhen. Zivile Kräfte sicherten den Garten im Innenhof.
    Hauptkommissar Weber kommandierte den Einsatz.
    »Ich prophezeie Ihnen, dass Sie die Mordwaffe nicht finden werden, Frau Kollegin. Ich kenne Dengler. Er hat manchmal merkwürdige Ansichten, aber er ist kein Mörder.«
    »Das Gleiche habe ich hundertmal von Professor Voss gehört, Herr Kollege. Ehrenwerter Bürger unterstützt ehrenwerte Projekte. Die Zeugen sagen: Das können wir uns gar nicht vorstellen, der nette Nachbar, der nette Arbeitskollege, der treue Gatte, der sorgende Familienvater – das ist Standard bei jedem Sittlichkeitsdelikt. Der Spießer ist brutal, glauben Sie mir.«
    »Nur – Dengler ist kein

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