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Die letzte Flucht

Die letzte Flucht

Titel: Die letzte Flucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Schorlau
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Spießer.«
    »Sondern?«
    »Er ist – Dengler. Weder der verklemmte Psychopath noch der Spießer, den Sie eben beschrieben haben. Wenn er noch bei der Polizei wäre, würde ich sagen – ein guter Polizist.«
    Finn Kommareck machte ein wegwerfende Handbewegung.
    »Er ist ein arrogantes Arschloch.«
    Weber schwieg.
    »Ist der Schlosser da?«, fragte Kommareck.
    »Ja. Er wartet auf meinen Befehl.«
    In diesem Augenblick flammte Licht in Denglers Büro an.
    »Sieh an. Der ehemalige Kollege ist zu Hause. Fein.«
    »Zugriff«, befahl Weber in sein Mikrofon.
    Und seufzte.
    ***
    Martin Klein seufzte auch. Gerade legte er die neuste Broschüre des Aktionskomitees gegen Stuttgart 21 auf Denglers Schreibtisch. Klein hatte sich vorgenommen, Dengler regelmäßig zu den Demos mitzunehmen. Er wusste, das würde schwer werden.
    Er ist halt ein Beamter, dachte er. Obwohl viele Beamte bei den Montagsdemos mitliefen.
    Klein hatte einen Schlüssel von Denglers Büro. Wenn Dengler verreist war, goss er die beiden kleinen Olivenbäume, die Dengler an den Fenstern zur Wagnerstraße aufgestellt hatte.
    Klein seufzte erneut.
    Er drehte sich um, öffnete die Tür zum Flur – und sah in die Mündung zweier Pistolenläufe. Er hob erschrocken die Hände.
    Zwei vermummte Polizisten durchsuchten ihn.
    »Sind Sie Georg Dengler?«
    Er schüttelte den Kopf.
    »Das ist er nicht.«
    Eine jüngere Frau kam auf ihn zu. Sie ging an ihm vorbei und öffnete die Tür zu Denglers Büro.
    »Wer sind Sie?«, fragte ein Polizist.
    »Martin Klein. Ich bin der Nachbar. Ich gieße die Pflanzen im Büro. Ich wohne nebenan.«
    »Gehen Sie in Ihre Wohnung. Wir rufen Sie, wenn wir Sie brauchen.«
    Er gab einem nachrückenden Kollegen ein Zeichen.
    »Begleiten Sie den Mann. Sorgen Sie dafür, dass der niemanden warnen kann.«
    Klein ging vorsichtig zurück in seine Wohnung. Ein Polizist im Kampfanzug folgte ihm. Klein marschierte sofort ins Bad. Er kramte aus seiner Hosentasche sein altes Handy hervor. Seine Finger zitterten, als er Dengler eine SMS schickte.
    ***
    Dengler und Olga standen neben der Treppe am Eingang des Schellenturms. Von hier aus konnten sie die gesamte Wagnerstraße überblicken. Sie sahen die beiden Polizeiwagen, deren Blaulicht die Straße beleuchtete. Und sie sahen Denglers hell erleuchtetes Fenster.
    Sie hatten im Mozart 3 zu Abend gegessen, das Restaurant hatte einen neuen Koch bekommen, und Mario hatte das Lokal empfohlen. Während Dengler eine Bouillabaisse löffelte, erreichte sie Martin Kleins Nachricht. Sie zahlten sofort, liefen die Olgastraße hinunter bis zu dem Platz, auf dem sie nun standen.
    »Ich gehe dahin. Ich will wissen, was die von mir wollen.«
    Olga hielt ihn am Arm.
    »Du gehst nirgendwohin. Solange ich nicht weiß, was die von dir wollen.«
    Sie zog ihr Handy aus der Tasche und wählte Kleins Nummer.
    ***
    Ein Polizist saß Martin Klein gegenüber und beobachtete ihn. Klein sah Olgas Nummer auf dem Display. Er nahm das Gespräch an.
    »Hallo Tante Berta«, sagte er und nickte dem Beamten beschwichtigend zu.
    »Weißt du, was die Polizei von Georg will?«
    »Nein, Tante Berta, ich kann nicht am Wochenende zu dir kommen. Es geht wirklich nicht.«
    Der Polizist schmunzelte.
    »Martin, hier spricht Georg. Hast du eine junge Beamtin gesehen? Schmal, blond, energisch.«
    »Ja, Tante Berta, das klappt sicher an Weihnachten. Jetzt muss ich auflegen. Ich habe Besuch. Ja, ich vergesse dich nicht. Bis bald.«
    ***
    Schöttle hielt das Rohr mit seiner behandschuhten rechten Hand und schob es vorsichtig in die durchsichtige Plastikhülle.
    »Hinter der Heizung!«, sagte er. »Wie blöd muss der Kerl sein? Er muss sich verdammt sicher gefühlt haben.«
    »Ein guter Polizist?«, sagte Finn Kommareck zu Weber. »Sind Sie immer noch dieser Meinung?«
    »Ich gebe die Fahndungsmeldung raus«, sagte Weber und verließ Denglers Büro.
    ***
    »Auf keinen Fall. Georg, Du gehst da nicht hin.«
    »Ich habe nichts getan. Die Berliner Kommissarin kann mich nicht leiden, das schon, aber …«
    »Auf keinen Fall. Heute Nacht gehen wir in ein Hotel.«
    »Und da suchen sie mich nicht?«
    »Nicht in diesem Hotel.«
    ***
    Für die Morgenausgaben der Zeitungen kam die Pressemeldung der Polizei zu spät, aber die Online-Medien überschlugen sich.
    »Tatwaffe im Fall Jasmin sichergestellt«, schrieb Spiegel online . Die Stuttgarter Zeitung brachte auf ihrer Website ein Foto der nächtlichen Wagnerstraße – in das gespenstische Blaulicht der vielen

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