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Die letzte Flut - Die letzte Flut - Flood

Titel: Die letzte Flut - Die letzte Flut - Flood Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Baxter
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mobilisieren, die überall in der Welt unternommen wurden; ja, sie zügelten sogar die Schubkraft einiger solcher Bemühungen, weil manche Superreiche, Beratungsfirmen und multinationale Konzerne die Flutnotstände immer wieder als Möglichkeit zu nutzen versuchten, Gewinne zu machen und neues wirtschaftliches Territorium zu kolonisieren.

    Die Dritten Templer hatten jedoch ein spezielleres Anliegen.
    Sie behaupteten, der Offenbarung und anderen Quellen zufolge sei der Bau eines Dritten Tempels auf dem Heiligen Berg in Jerusalem eine unabdingbare Grundvoraussetzung, um den Weg für Christi Wiederkehr zu ebnen und den Zeiten des Aufruhrs und der Katastrophen ein Ende zu bereiten. Also gingen sie daran, dieses Vorhaben in die Tat umzusetzen. Eine Gruppe messianischer Zionisten schloss sich ihnen dabei an.
    Leider erforderte die Errichtung des Dritten Tempels die Zerstörung etlicher islamischer Monumente. Darum löste die Mission umgehend einen Krieg aus, an dem alle drei monotheistischen Religionen beteiligt waren: Judentum, Christentum und Islam. Sie nannten ihn »den Krieg Abrahams«.
    Rasch weitete sich dieser Krieg zu einem regionalen Konflikt aus: es kam zu Kämpfen um hoch gelegenes Land, Wasser und Entsalzungstechnologien. Der israelische Staat nahm nicht erst seit dem 11. September 2001 eine Vorreiterrolle in Waffen- und Sicherheitstechnologien ein und schlug bei jeder Bedrohung mit aller Kraft zurück. Und die Palästinenser in ihren Enklaven unternahmen einen letzten Versuch, das Land zurückzuerobern, das ihnen nach ihrer festen Überzeugung gestohlen worden war. Um Jerusalem waren schon viele Schlachten ausgefochten worden, erfuhr Bennie, bis zurück zu den alten Römern und noch darüber hinaus. Aber dies würde wohl so oder so die letzte sein.
    Bennies einziges Interesse war, sich endlich in den Kampf stürzen zu können. Mit neunzehn Jahren, sein Körper eine Masse aus Muskeln und Testosteron, stieß er einen Jubelschrei aus, als er aus dem Flugzeug sprang und zum ersten Mal am Fallschirm in eine brennende Stadt hinabsegelte.

45
    JUNI 2020
    Der AxysCorp-Hubschrauber glitt über das ölige Wasser der Upper New York Bay hinweg nach Nordosten, Richtung Manhattan. Der Pilot legte die Maschine in die Kurve und zeigte auf die Freiheitsstatue. »Jeder will die alte Lady sehen«, rief er nach hinten.
    Lily lehnte sich an die Plexiglasscheibe. Es war ein trüber Tag, der Himmel eine solide Masse schiefergrauer Wolken, aus denen stetiger Regen fiel und gegen den Rumpf des Hubschraubers prasselte. Das Grau des Himmels spiegelte sich im Grau des Meeres, Grau über Grau.
    Und dort war die Freiheitsstatue, vor zwei Jahren vom Hurrikan Aaron aus dem Lot gebracht, schief auf ihrem versunkenen Sockel stehend, umgeben von einem turbulenten Meer. Lily glaubte nicht, dass die eindrucksvolle alte Statue noch viel länger ausharren konnte; der nächste richtige Sturm würde ihr wahrscheinlich den Garaus machen. Aber Thandie Jones zufolge würde die versunkene, im Sediment begrabene Statue selbst für unbegrenzte Zeit überleben. Auch wenn die grüne Patina auf ihrem Kupfermantel dicker wurde und schließlich versteinerte, würde der Entwurf ihres Schöpfers für die wie auch immer gearteten Unterwasserbesucher, die sie empfangen mochte, weiterhin erkennbar sein.

    Während die überflutete Stadtlandschaft unter der Nase des Hubschraubers vorbeizog, orientierte sich Lily mit Hilfe der Freiheitsstatue. Sie versuchte zu erkennen, wie viel sich verändert hatte, seit sie vor über zwei Jahren zum letzten Mal hierhergeflogen war, zu Thandies Vortrag. Von den in jenen ersten, von Panik erfüllten Monaten errichteten Sperren und Dämmen war nichts mehr zu sehen; sie waren von Wasser bedeckt. Rechts von ihr lag Brooklyn, links Jersey City. Der Erdboden war jetzt vollständig überschwemmt, nur ein paar hohe Gebäude ragten noch aus den Fluten. Imposant wirkende Wasserfahrzeuge ankerten um die flachen Küsten herum, metallisch graue Navy-Schiffe, aber auch strahlend weiße Yachten, die wie Spielzeug in einer Badewanne schwammen. Vielleicht die letzte Zuflucht von New Yorks Superreichen, lagen sie über der zerstörten Stadt vor Anker. Und Manhattan war ein Riff unmittelbar vor ihr; die höchsten Gebäude durchstießen die Wasserfläche wie Quarzsplitter.
    Der Chopper tauchte in den Financial District hinab und schoss zwischen den Schultern ramponierter, ausgebrannter Wolkenkratzer hindurch. Es war, als flöge man durch die

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