Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die letzte Flut - Die letzte Flut - Flood

Titel: Die letzte Flut - Die letzte Flut - Flood Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Baxter
Vom Netzwerk:
nicht stehen.«
    »Und wovon leben die Leute?«
    »Sie suchen nach allem, was sich irgendwie verwenden lässt. Wir schwimmen über dem Kadaver der größten Stadt der Welt. Da ist noch auf Jahrzehnte hinaus genug zu finden.«
    »Ich dachte, die Regierung sei im Besitz der Bergungsrechte.«
    Lammockson zog die Augenbrauen hoch. »Schauen Sie sich um, Lily. Die Regierung sitzt in Denver. An einem Ort wie diesem hat sie nicht viel zu sagen.«
    »Ich sehe überall das Sternenbanner hängen.«
    »Ja klar. Die Leute hier sind schließlich immer noch Amerikaner. Wer will schon als Erster die Fahne einholen? Aber sie sorgen seit Jahren selbst für ihren Schutz und ihren Lebensunterhalt. Die Regierung treibt nicht mal mehr Steuern ein, außer von Leuten wie mir, die sich nicht unsichtbar machen können. In Großbritannien ist es genauso. Die Rumpfregierung in Leeds hat keinerlei Kontrolle über die schäbigen kleinen Aasgeier, die in der Themsemündung mit Sauerstoffgeräten tauchen.«
    Lily zuckte mit den Achseln. »Davon weiß ich nichts. Ich habe seit dem Tsunami nicht mehr viel aus Großbritannien gehört, seit ich meine Schwester und ihre Kinder dort rausgeholt habe - dank Ihnen.«
    Lammockson nickte. »Wo ist Amanda jetzt?«
    »Auf dem AxysCorp-Gelände in Iowa. Ich dachte, ich könnte sie dort besuchen und mit nach Project City nehmen.«
    »Meinetwegen. An einen Ort wie den hier sollte man keine Kinder bringen, wenn’s nicht unbedingt sein muss. Es
gibt hier genug Gefahrenquellen, allein schon das Abwasser. Neulich erst sind wir drüben im Osten auf einen Unterwasserberg rostender Kühlschränke auf irgendeiner Müllkippe gestoßen, aus dem Freon in Blasen hochstieg. Und jeden Tag kommen Leichen an die Oberfläche. Die Kinder hier verdienen sich ein paar Kollektiv-Ersatzdollars, indem sie die Toten mit Bootshaken wegstoßen. Vor fünf oder zehn Jahren hätte man sich nicht mal vorstellen können, dass man jemals solche Szenen erleben würde. Und in weiteren fünf Jahren wird man sie auch nicht mehr zu sehen bekommen, weil die Fische dann die Körper der toten Stadtbewohner gefressen haben … Also, was ist mit Ihren Freunden? Piers Michaelmas ist hier in der Gegend, stimmt’s?«
    »Ich habe gehört, dass ihn ein britischer Hubschrauber heute Abend noch nach Manhattan bringt.« Zu Lilys nicht geringen Überraschung war Piers schließlich aus dem Offiziersdienst beim britischen Militär ausgeschieden und hatte »den Lammockson-Shilling genommen«, wie er sich ausdrückte; er arbeitete nun für AxysCorp, obwohl er sich bisher noch nicht entschlossen hatte, nach Project City zu kommen.
    »Und der Wissenschaftler?«
    »Gary ist auch in den Staaten. Er ist in Colorado, beim dortigen Hauptquartier der Wetter- und Ozeanografiebehörde.«
    Lammockson nickte. »Hören Sie, ich werde Michaelmas hierherbringen lassen. Diese Wohnung steht Ihnen heute Nacht zur Verfügung. Meine Yacht liegt über Coney Island vertäut, ich komme also zurecht. Sie können Gary und wen immer Sie wollen anrufen und eine Konferenzschaltung einrichten. Mein Personal wird Ihnen zeigen, wie das geht.«

    »Danke, Nathan.«
    »Es ist keine Großzügigkeit, glauben Sie mir, sondern wohlberechnetes Eigeninteresse. Ich möchte euch bei mir haben, euch Geiseln. Schließlich habt ihr persönlich schon einen schlimmeren Sturm überstanden, als ihn dieser ganze globale Überschwemmungsscheiß wohl jemals über uns entfesseln wird.« Lammockson nahm einen Schluck Kaffee. »Die Welt verändert sich, Lily. Dies ist kein Notfall mehr, weil es nicht von begrenzter Dauer ist. Wir treten in eine neue Phase der menschlichen Geschichte ein. Die Erde selbst hat sich in die Angelegenheiten der Menschen eingemischt, sie versucht uns abzuschütteln wie ein Hund einen Floh.« Er nahm eine aufrechtere Haltung an, offenbar ohne es zu merken, und seine Stimme bekam jenen sonoren Klang, mit dem er sich an seine weltweite Gemeinde wandte. Lily erinnerte sich an Piers’ Bemerkung, Lammockson sei ein Mann, der aktiv nach einer Krise suche, die dem Format entspreche, das er sich selbst zumesse. »Hören Sie zu. Der Anstieg des mittleren Meeresspiegels beträgt inzwischen siebzig oder achtzig Meter, je nachdem, wem man glaubt, und er beschleunigt sich noch, folgt immer noch Thandie Jones’ Exponentialkurven. Die Menschheit ist auf der Flucht. Ich sollte Ihnen ein paar mit Infrarot aufgenommene Satellitenbilder zeigen. Ganze Völkerscharen marschieren landeinwärts, verfolgt von

Weitere Kostenlose Bücher