Die letzte Flut - Die letzte Flut - Flood
Lammocksons übrigen zusammenbrechenden Anden-Gemeinschaften, die sich mit Kindern und Bündeln ihrer Habseligkeiten durch die Gänge schoben. Alle waren schmutzig und verschwitzt, einige blutbesudelt von den Kämpfen in Cusco und den Raufereien in Chosica. Um das Durcheinander noch zu vergrößern, wurden Katzen und lauthals bellende Hunde an Bord gebracht. Und das Schiff bockte und rollte ächzend - eine Reaktion auf das Meer, das Chosica bereits verschlang und die Arche an ihrem Liegeplatz emporhob.
Grace und Kristie machten Lily keine Schwierigkeiten; sie folgten ihr einfach widerstandslos. Beide hatten die letzten Jahre in Zelten und Baracken verbracht; auch sie waren in den Eingeweiden dieses unruhigen stählernen Wals verloren, und das kam Lily durchaus zupass.
Endlich fand sie eine Treppe, und sie stiegen zum Hauptdeck hinauf. Dort war es ruhiger. Lammockson hatte diesen Bereich für diejenigen reserviert, die ihm am nächsten standen; es herrschte eine Atmosphäre wie in einem Hotel. Als Lily die Beschriftungen an den Türen las, fiel es ihr nicht schwer, sich zurechtzufinden.
Sie führte ihre Schützlinge eilig durch die Gänge. Die Türen lagen weit auseinander; diese Räume oder Suiten mussten groß sein. Die letzte Phase des Innenausbaus war hier
schon erheblich weiter vorangeschritten, fast überall gab es Teppichboden, und verborgene elektrische Lampen spendeten ein warmes Licht. Aber trotzdem schlingerte und knarrte das Schiff; man konnte nicht vergessen, wo man war, nicht einmal für eine Sekunde.
Lily fand ihre Zimmer und holte die Magnetkarten hervor, die Piers ihr gegeben hatte. Sie zeigte sie Kristie und Grace. »Die sind nur provisorisch. Später werden die Schlösser auf eure DNA-Marker und andere persönliche Indikatoren konfiguriert. Schaut, ich bin im Zimmer gleich nebenan.« Sie zeigte auf die Tür zu einem Raum, den sie selbst noch nicht einmal gesehen hatte, öffnete die Türen und schob als Erstes Grace in ihr Zimmer. »Ich komme gleich zu dir.« Sie schloss die Tür von außen und zog die Karte erneut durch, um sie zu verriegeln.
Dann legte sie die Arme um Kristie und ihren Sohn und führte sie so sanft wie möglich in ihr Zimmer. Sie stieß die Tür mit dem Fuß hinter ihnen zu und verriegelte sie unauffällig. Der Lärm wurde ausgeschlossen. Auf einmal war alles ruhig und still. Vielleicht waren die Wände schalldicht.
Sie befanden sich in einer Art Wohnzimmer - Holzvertäfelungen an den Wänden, weiche Deckenstrahler, die einen warmen Lichtschein an eine verputzte Decke warfen, ein dicker Teppich unter den Füßen. Die Möblierung wirkte modern, ein Sofa und Lehnstühle vor einem großen Fernsehschirm an der Wand. Verbindungstüren gaben den Blick in ein Schlafzimmer mit großem Doppelbett und einem kleineren Kinderbett und in ein Badezimmer frei, in dem Halogenlicht auf polierten Fliesen glänzte. Alles machte einen
richtig luxuriösen Eindruck, dachte Lily, wie in den Häusern der Superreichen in Cusco. Im Schlafzimmer lag ein Netzbeutel mit Plastikspielzeug, Soldaten und Tiere, Fußbälle und Puzzles, farbenfrohes Zeug, das wahrscheinlich in Lima oder Arequipa geborgen worden war.
Inmitten all dessen stand Manco an der Hand seiner Mutter. Sie trugen immer noch ihre Inka-Kostüme, die bunte Wolle mit den heraldischen Mustern, jetzt mit Blut bespritzt und schwach nach Kordit riechend. Beide hinterließen staubige Fußabdrücke auf dem neuen Teppich. Sie wirkten hier völlig fremdartig, auf surreale Weise deplatziert.
Lily wandte sich an Kristie. »Piers hat gesagt, in den Schränken sei Kleidung für euch. Sie haben an alles gedacht, nehme ich an. Schaut, Spielsachen.« Sie versuchte, um des Jungen willen zu lächeln. Manco blickte sie nur mit großen Augen an. Lily rief sich ins Gedächtnis, dass der arme kleine Kerl gerade mit angesehen hatte, wie sein Vater erschossen worden war.
Kristie hatte immer noch ihren kleinen pinkfarbenen Rucksack dabei. Nun nahm sie ihn ab, stöberte darin herum und holte ihren ramponierten alten Teddybären hervor. Sie hielt ihn Manco hin, der ihn packte und den Daumen in den Mund steckte.
»Glaubst du, ihr werdet euch hier wohlfühlen?« »Wohlfühlen?« Kristie sah Lily ausdruckslos an. »Alles ist zerstört. Mein ganzes Leben. Alles, was ich mit Ollantay am Titicaca-See aufgebaut habe. Alles, was wir geplant, wovon wir geträumt haben. Alles einfach abgeschnitten. Mein Mann vor den Augen seines Sohnes abgeknallt.« Geistesabwesend legte
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