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Die letzte Flut - Die letzte Flut - Flood

Titel: Die letzte Flut - Die letzte Flut - Flood Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Baxter
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Geologie und Hydrologie beherbergte in ordentlichen Gestellen dünne Kernproben aus dem Meeresboden und winzige Meerwasserproben aus den sich verändernden Ozeanen. Lily erinnerte sich daran, wie sie mit Thandie nach New York geflogen war, um dem Weltklimarat einen Haufen derartiger Beweise vorzulegen. Zwanzig Jahre war das nun schon her.
    Thandies ganzer Stolz war der Beobachtungsraum, ein mit Vorhängen abgeteilter Bereich, der nur von mattem rotem Licht erhellt war und in dem fast völlige Stille herrschte. Hier saßen größtenteils Wissenschaftler, ergänzt von Spezialistenteams wie den Sonar-Operatoren, lauter Männer mittleren Alters. Sie blickten sich um, als Lily und Thandie eintraten, irritiert von dem Licht, das sie hereinließen. Dann wandten sie sich wieder ihrer Arbeit zu. Hauptsächlich überwachten sie die Bildschirme und machten sich kurze Notizen, die sie in Mikrofone sprachen oder auf Blöcke kritzelten - Blöcke aus Schalentierpapier von der Arche, wie Lily erfreut, wenn auch überrascht sah.
    »Na endlich«, sagte sie im Flüsterton. »Rotes Licht, piepsendes Sonar, Männer, die vor Bildschirmen hocken. Darauf habe ich gewartet. Roter-Oktober -Schick.«
    »Ach, halt die Klappe. Das Boot hat die Standardausrüstung an Sensoren.« Thandie deutete auf Anzeigen mit den Aufschriften BQQ-6, BQR-9, BQS-13. »Aktives Bugsonar, Navigationssysteme. Auf diesen Fahrten kommen jedoch auch noch wissenschaftliche Geräte hinzu. Wir haben ein Schleppsonar und Robot-Fahrzeuge, und über Wasser folgen uns diverse schwimmende Drohnen und UFGs.«
    Lily erriet das letzte Akronym. »Unbemannte Fluggeräte.«
    »Ja. Mit Sensoren zur Messung von Druck, Temperatur, Dichte und chemischer Zusammensetzung, Bildgebung auf unterschiedlichen Wellenlängen, Sonar, Radar und einer Verbindung zum noch existierenden GPS-Netz. Wir können aus den gesammelten Daten ein recht gutes Bild zusammensetzen. Schau dir das an.« Thandie zeigte auf einen Bildschirm, auf dem eine Art Falschfarben-Karte zu sehen war, ein Archipel aus verstreuten Inseln, isoliert in einem gewaltigen Ozean. Ein blinkender grüner Splitter, vermutete Lily, war die Position der New Jersey . »Ich habe dich hergebracht, damit du das siehst, Lily. Diese Unterwasserlandschaft. Ich dachte, das würde dich interessieren.«
    »Und wo sind wir?«
    »In Großbritannien.«

85
    Thandie brachte Lily zu einem Sitzplatz und reichte ihr einen Porzellanbecher mit Kaffee.
    Von Großbritannien waren nur noch ein paar vereinzelte Inseln über dem früheren Schottland übriggeblieben, die Gipfel der überfluteten Highland-Berge.
    »Vom Ben Nevis ist noch ein Stück zu sehen. Aber England ist längst verschwunden und ganz Wales ebenfalls - selbst der Snowdon liegt mittlerweile ein paar Hundert Meter tief unter Wasser.«
    »Großbritannien … Aber ihr habt mich doch im Pazifik aufgelesen. Wie schnell fährt dieses Boot?«
    »Die Reisegeschwindigkeit beträgt ungefähr zwanzig Knoten.«
    »Wie lange bin ich also wie ein Zombie herumgeschlurft?«
    »Länger als du denkst, schätze ich. Frag den Sani …«
    Über die Schultern der Operatoren hinweg blickten sie auf Bildschirme, die Außenaufnahmen zeigten, eingefangen von am Rumpf montierten Kameras. Das Wasser war trübe, voller schwebender Fragmente, die manchmal in hellen, unnatürlichen Farben schimmerten, unzerstörbarer Plastikmüll, der das Meer sprenkelte. Doch es war Vormittag, die Sonne stand hoch am Himmel, und die Partikel im Wasser fingen das Licht ein und erzeugten lange Strahlen, wie die
Pfeiler einer riesigen Kathedrale. Es war sehr schön, und die Bildschirme des Bootes zeigten es in Echtfarben, einem tiefer werdenden ozeanischen Blau. Und weiter entfernt, nur undeutlich sichtbar, erkannte Lily einen Berghang mit klotzigen, dachlosen Gebäuden und einem filigranen Rechteckmuster, bei dem es sich um Feldbegrenzungen handeln mochte.
    »Wir nennen das hier die ›euphotische Region‹«, sagte Thandie. »Das obere Ende der Wassersäule. Wasser ist ziemlich undurchsichtig, in hundertfünfzig Meter Tiefe hat es neunundneunzig Prozent des Sonnenlichts geschluckt. Darunter herrscht ewige Dunkelheit.«
    »Aber die Flut ist ungefähr einen Kilometer tief, oder?«
    »Ein bisschen mehr.«
    »Also liegt der größte Teil von Großbritannien nicht nur unter Wasser, sondern auch im Dunkeln.«
    »Macht das einen Unterschied?«
    Auf einem der Bildschirme schoss eine blitzschnelle Gestalt durchs Blickfeld, der Operator zuckte

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