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Die letzte Flut - Die letzte Flut - Flood

Titel: Die letzte Flut - Die letzte Flut - Flood Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Baxter
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Relikten der untergegangenen Städte zusammengebastelte Flöße. Eine Familie schien sogar auf einer jener Reklametafeln zu hausen, wie sie früher am Straßenrand gestanden hatten; ihre grellen laminierten Farben warben immer noch für eine Hotdog-Marke. Auf diesen Wasserfahrzeugen gab es nur sehr wenige alte Menschen - wenige, die so alt waren wie Lily -, und es stank nach Abwässern. Als das Schlauchboot vorbeifuhr, kamen Kinder an den Rand der Flöße gerannt und reckten ihnen die Hände entgegen. Lily sah ihre aufgedunsenen Bäuche, ein bedrückendes Zeichen der Unterernährung.
    »Mein Gott«, entfuhr es Hammond. »Das ist ja ein Zoo hier. Können wir diesen Leuten nicht helfen?«
    »Dazu haben wir nicht die Mittel«, sagte Thandie. »Mit ›wir‹ meine ich die Navy, die Regierung. Es ist nicht mehr möglich, allen zu helfen.«
    »Was für ein Haufen von Verlierern«, knurrte Lammockson. »Wenn man ein Floß hat, kann man aufs Meer hinausfahren und so viele Fische fangen, wie man will. Wer trotzdem so nah am Ufer bleibt, kriegt nichts als die Abfälle vom Land. Erbärmlich.«
    »Nicht jeder ist so zäh wie Sie, Nathan«, sagte Lily leise.
    »Dann zur Hölle mit ihnen!«
    Lily sah den Blick, mit dem Hammond seinen Vater bedachte. Sein Gesicht war dunkelrot vor Abscheu.

    Das Ufer, ein felsiger Abhang, der steil aus dem Wasser ragte, war von Stacheldraht und panzersperrenähnlichen Betonblöcken gesäumt. Soldaten in ausgeblichenen olivgrünen Uniformen patrouillierten an der Grenze; sie hatten Knüppel, mit denen sie offenbar jeden zurückprügelten, der zu landen versuchte, und trugen Helme mit dem Emblem des Heimatschutzes. Ihre Handlungen waren der ultimative Ausdruck der historischen Funktion dieses Ministeriums, dachte Lily.
    Als sie den Blick übers Ufer schweifen ließ, sah sie jedoch, dass weitere Soldaten und zivile Arbeiter die Barrikade nach hinten versetzten; sie wichen vor einem Meer zurück, das jetzt ungefähr einen Meter pro Tag stieg.
    Die Schlauchboote hielten auf eine Straße zu, die aus dem Meer stieg. Die Soldaten schoben Stacheldraht und Betonblöcke beiseite, um sie landen zu lassen, zogen das Schlauchboot dann aus dem Wasser und auf den Asphalt. Die Gruppe an Bord stieg vorsichtig aus. Hammond bot seiner Frau mit großer Geste Hilfe an, aber Grace lehnte ab. Lily stand aufrecht auf der geneigten Straßenfläche, bewegte die Zehen und prüfte ihren Gleichgewichtssinn.
    Thandie führte sie zu einer kleinen Flotte von Elektrowagen, an denen die Embleme des Heimatschutzes und der amerikanischen Army und Navy prangten. Die Leute von der Arche stiegen verwirrt in diese Fahrzeuge; Lily konnte sich nicht entsinnen, wann sie das letzte Mal in einem Auto gesessen hatte, und sei es nur ein ramponierter Elektro-Jeep wie dieser. Thandie erklärte, sie würden ein paar Kilometer ins Landesinnere fahren, zu einer alten Bergarbeiterstadt namens Cripple Creek, einem hiesigen Bevölkerungszentrum, wo das Treffen stattfinde.

    Als sie das Ufer hinter sich ließen, zeigte Thandie auf den Berg, der vor ihnen aufragte. »Das ist der Pikes Peak. Cripple Creek liegt an seiner Südwestflanke.«
    »Ich war schon eine ganze Weile nicht mehr an Land«, sagte Lily. »Diese Flöße, die hungernden Menschen - ich wusste nicht, dass es so schlimm steht.«
    »Es könnte noch schlimmer sein. In Zentralasien jedenfalls ist es schlimmer. In Amerika war’s eine langsamere Tragödie. Trotz aller Missstände, der Ungleichheit und der Abzockerei der Konzerne haben die Amerikaner ihr Bestes getan. Sie haben sich binnen eines Jahrzehnts oben auf den Great Plains eine Heimat geschaffen, eine komplette neue Nation, die sie im nächsten Jahrzehnt wieder aufgeben mussten.«
    »Wie die Soldaten am Strand. Man baut eine Sperre, und wenig später muss man sie ein Stück weiter hinten erneut aufbauen.«
    »Ja, genau so.«
    Sie fuhren weiter, immer höher hinauf. Verblichene Schilder verkündeten, dass dies der State Highway 67 war. Die Straße wurde schmaler, verwandelte sich in einen Gebirgspass; manche Ausblicke waren schwindelerregend.
    »So langsam beginnt alles zu bröckeln«, sagte Thandie. »Die Regierung hat ihre Mittel auf ein paar spezielle Projekte konzentriert, an denen sie noch festhält. Bevor sie sich gänzlich auflöst, versucht sie ansonsten einfach, den Leuten bei der Vorbereitung auf die nächste Phase zu helfen.«
    »Flöße.«
    »Ja. Man kann nichts anderes tun.«
    Sie näherten sich der Stadt.

    Lammockson beugte

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