Die letzte Flut - Die letzte Flut - Flood
Wiederaufbauund Unterstützungsprogramme.
In dem Raum herrschte eine große Anspannung, ein hektisches Durcheinander von Stimmen, dazu permanentes Telefongeklingel. Kräftige Linien wurden auf Karten gezogen und dann wieder übermalt, während die Gruppe die vielen Einzelheiten dieser ausufernden Katastrophe in den Griff zu bekommen versuchte.
Piers stellte sich vor, wie er in diese Diskussionen verwickelt wurde, wie man seinen Rat suchte, ihm eine neue Rolle, neue Verantwortlichkeiten zuwies. Er war für Positionen auf Kommandoebene ausgebildet worden; theoretisch gab es vieles, was er hier beitragen konnte.
Aber er fühlte sich sonderbar unsicher, sein Kopf war irgendwie voll. Er mied Blickkontakte, als könnte er es nicht ertragen, in die Sache hineingezogen zu werden. Ein jäher Flashback versetzte ihn zu jenen Momenten in den Kellern unter Barcelona zurück, als die Bewacher ihm böswillig das Handtuch oder die Augenbinde weggerissen und ihn mit offenen Augen zu erwischen versucht hatten, um zu seiner Seele durchzubrechen.
Er musste weg von hier, erkannte er plötzlich. Wie getrieben schlüpfte er wieder hinaus in den Sturm, zog sich die Kapuze über den Kopf und ging davon, in die Straßen hinein.
Parkplatz Nummer vier befand sich auf der anderen Seite des Areals. Als Amanda mit den Kindern hier eingetroffen
war, waren alle Parkplätze besetzt gewesen, aber jetzt waren die meisten Wagen längst fort oder verstopften die Ausfahrten - ein Meer roter Rücklichter. Zurück blieb eine nasse, rutschige blassrosa Schotterfläche.
Benj zeigte nach links, zum Flussufer. »Ich glaube, unsere Sammelstelle ist da drüben.«
Amanda sah eine Schar von rund fünfzig Erwachsenen und Kindern. Viele solcher Gruppen hatten sich unter Schildern überall auf dem Parkplatzareal versammelt. Benjs Augen waren schärfer als ihre, und er konnte sich Anweisungen gut merken; sie vertraute darauf, dass er recht hatte.
Durch Pfützen platschend, eilten sie zu den anderen. Sie mussten sich ihren Weg durch Absperrungen aus blauen Gittern bahnen; Amanda hörte den Regen aufs Doppeldach der Beckham-Fußballakademie prasseln. Beinahe wären sie von einem großen Geländewagen überfahren worden, der wie aus dem Nichts auf sie zukam. Er raste mit quietschenden Reifen über die Parkflächen, gelenkt von einer verängstigt wirkenden jungen Frau, hinter der ein winziges Kleinkind in einen Kindersitz geschnallt war.
Benj war hellwach, er blickte sich neugierig um. Ausnahmsweise war die Welt einmal interessanter als sein Angel. »Schau mal das Boot da, Mum. Sieht unheimlich hoch aus.« An dem zierlichen, modernistischen Queen-Elizabeth-Pier lag eines der eleganten Themse-Schnellboote. Es wurde vom Wasser emporgehoben und schaukelte in den Wellen. Der Fluss musste also Hochwasser führen.
Sie erreichten die Gruppe. Eine Polizistin stand bei den Leuten, lächelnd, die Hände auf dem Rücken, der Inbegriff
ruhiger, gelassener Kompetenz. Amanda sah weitere Polizisten in der Menge, die Gruppen um sich scharten.
Aber von Kristie war keine Spur zu sehen. Benj machte sich auf die Suche nach ihr, während Amanda ein paar Schritte abseits der Gruppe wartete. Die Leute wirkten ruhig - alle außer ihr. Es war ihr peinlich, dass sie in einer solchen Panik hier aufgetaucht war, ohne eins ihrer Kinder, wie die personifizierte mütterliche Unfähigkeit.
Benj kam wieder angelaufen. Seine Haare waren vom Regen an den Kopf gekleistert. »Sie ist nicht da, Mum.«
Amanda konnte es nicht glauben. »Was meinst du damit? Wo ist sie dann?«
»Keine Ahnung«, erwiderte er kleinlaut.
Sie stand da und starrte ihn an, beinahe wütend auf ihn, weil er mit der falschen Antwort zurückgekommen war. Kristie musste hier sein. Sie ließ den Blick in die Runde schweifen, zu der ruhigen Polizistin, die in ihr Funkmikro sprach, den Kindern, die still und gespannt, aber nicht verängstigt waren, dem tristen, patschnassen Parkplatz, dem Dome mit seiner Krone spitzer Pylonen, die sich in die Luft bohrten. Von Furcht und einem Gefühl der Unzulänglichkeit gepeinigt, wünschte sie sich sehnlichst, nicht hier zu sein, sondern in ihrem Büro in Hammersmith, wo sie in Sicherheit war, umgeben von ihren Akten, ihrem Laptop, einem Telefon, das funktionierte , in einer Welt, die sie kannte und mit der sie zurecht kam. Ganz im Gegensatz zu dieser verregneten Ödnis.
Die Polizistin stieg auf eine niedrige Mauer und klatschte in die Hände. »Darf ich um Ihre Aufmerksamkeit
Weitere Kostenlose Bücher