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Die letzte Flut - Die letzte Flut - Flood

Titel: Die letzte Flut - Die letzte Flut - Flood Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Baxter
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die kleine Anhöhe hinauf.
    Ein Sportflugzeug brummte über sie hinweg. Sie blieben beide stehen und sahen nach oben. Das war etwas Neues; für gewöhnlich hörte man nur Hubschrauber. Der Rumpf des Flugzeugs war knallrot, ein juwelenartiges Spielzeug im blauen Morgenhimmel, und es zog ein zerfleddertes Spruchband hinter sich her.
    »Ein Fliegendes Auge«, sagte Kristie.
    Vielleicht. Aber es war nicht hier, um den Verkehr zu beobachten. Lily kniff die Augen zusammen und konnte gerade so eben die Worte auf dem Spruchband erkennen: SEHT DIE COCKNEYS SCHWIMMEN DOT COM. Lily hatte davon
gehört, eine Gruppe provinzieller London-Hasser, die sich in das von Überwachungskameras und Handys aufgenommene Material über die noch längst nicht ausgestandene Katastrophe hackten und ausgewählte Szenen weiterverbreiteten.
    Kristie reagierte nicht darauf, und Lily hoffte, dass sie die Botschaft nicht hatte lesen können.
     
    Als sie zu dem verschlossenen Haus zurückkamen, stellte sich erwartungsgemäß heraus, dass Kristie ihren Schlüssel doch nicht dabei hatte. So waren Elfjährige nun einmal. Kristie hämmerte gegen die Tür und schrie nach Benj. Lily war erleichtert, als dieser nach ein paar Minuten aus seinem Zimmer heruntergeschlurft kam.
    »Glotze läuft«, sagte er ohne Begrüßung. Kristie setzte die Wassereimer ab und lief hinein.
    Lily schob die Eimer beiseite, so dass sie die Tür schließen konnte, und setzte ihre eigene Last ab. Im Haus war der große Bildschirm hell, der Ton auf volle Lautstärke gestellt. Es klang nach einem Nachrichtenkanal.
    Der Fernseher lief also. Und was viel wichtiger war: Das bedeutete, dass es Strom gab - ungewöhnlich für einen frühen Morgen. Lily ging in die Küche. Sie füllte den Wasserkocher, schaltete ihn ein, öffnete Dosen und suchte nach dem Kochbeutelreis. Mit etwas Glück bekam sie das Mittagessen fertig, bevor der Strom wieder ausfiel.
    Von der Küche aus konnte sie den Fernseher gerade eben sehen. Es liefen Lokalnachrichten, mit weiteren Details der Überschwemmung. Die Auswirkungen auf die Tier- und Pflanzenwelt wurden gezeigt - Erdhöhlenbewohner, wie
Maulwürfe und Wühlmäuse, wurden aus dem gesättigten Erdreich getrieben, Bodenbrüter, wie Uferschwalben und Austernfischer, verscheucht. Ein Platzwart holte Fische aus einem See auf dem überfluteten Cricketplatz des Oval; man vermutete, dass es sich um einen Streich handelte, dass sie dort ausgesetzt worden waren.
    Dann wechselte das Bild, und man sah eine Luftaufnahme einer weiteren überfluteten Landschaft. Dies war der Golf von Bengalen, besagten die Bildunterschriften, die Küste von Bangladesh, ein komplexes Delta, wo der Brahmaputra und der Ganges ins Meer mündeten und der größte Teil der Bevölkerung eines armen Landes an der Küste oder auf nahen Inseln sein karges Leben fristete. Nur ein kleiner Teil dieser Landschaft lag mehr als zwei Meter über dem Meeresspiegel. Jetzt war die Flut gekommen, und ganze Inseln waren im Meer verschwunden. Lily sah Vorher-undnachher-Bilder, Lagunen mit Shrimpfarmen und Kokosnusspalmen, die im Wasser versunken waren; nur eine Handvoll Überlebender klammerte sich noch an Bäume und die Dächer zerstörter Häuser aus Lehm und Stroh.
    Die Kamera fuhr zurück und zeigte lange Reihen von Flüchtlingen mit schlammfarbener Kleidung, die auf der Suche nach trockenem Land durch knietiefes Wasser wateten. Allein schon in dieser einen verwackelten Aufnahme waren es ungeheuer viele, Erwachsene und Kinder. Auch höher entwickelte Gebiete waren nicht verschont geblieben: Ein geborstener Damm hatte einen Flugplatz in einen See verwandelt, in dem sich Helikopter und Militärflugzeuge übereinander stapelten. Lily konnte dem Kommentar nicht entnehmen, ob ein Unwetter zugeschlagen hatte, ein Taifun
vielleicht. Es klang, als wäre das Meer einfach angestiegen und hätte diese Schäden angerichtet.
    Und als führe die Kamera noch weiter zurück, wurde nun eine Weltkarte eingeblendet, auf der die Umrisse der Kontinente - die Küstenlinien und großen Flussmündungen - in leuchtendem Blau hervorgehoben waren. Das Blau war eine Grafik, die zeigte, dass sich überall Hochwasserkatastrophen ereigneten, in Nord- und Südamerika, Nord- und Südeuropa, Indien, Asien, Afrika und Australien. Ganze Tieflandregionen, wie Bangladesh, Florida, Louisiana, die Niederlande, waren ebenso bedroht wie dicht bevölkerte Flussdeltas. In Großstädten, wie New York, Vancouver, Tokio und Shanghai, trafen die

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