Die letzte Flut - Die letzte Flut - Flood
und Kommunikationssatelliten -, bevor die Startrampen irgendwann in den Fluten versanken.
Lammockson lachte. »Keine Lust, diese antiquierten Vögel hochzuschießen, bevor Sie selbst zu einem Museumsstück werden, hm, Gordo?«
Gordo zuckte mit den Achseln, seine Miene war unbewegt. »Man kann sein Schicksal nicht ändern.«
Die Vororte von Reykjavik blieben hinter ihnen zurück,
und der Verkehr ließ nach. Die Straße führte über weite Flächen aus hartem schwarzem Felsgestein, auf denen es so gut wie keine Vegetation gab. Sie sahen aus wie mit dem Bulldozer zusammengeschobener Asphalt. Vulkangestein, vermutete Lily, an der Luft erstarrte Lava, mit das jüngste Gestein auf dem Planeten - das Material, aus dem Meeresböden bestanden, das Kontinente beiseite schob. Bald jedoch wich die Lava einer typisch europäischen Landschaft aus Ackerland und Gras, nur ohne Bäume. Schafe sahen ihnen gleichgültig nach, als sie vorbeirasten - eine freigelassene Geisel, ein gestrandeter Astronaut und einer der reichsten Männer der Welt.
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Die Endurance war ein modernes europäisches Forschungsschiff, sie war in Italien gebaut und in Schiffswerften in Nordostengland und Schottland ausgerüstet worden. Ihr Aufbau war mit Sensoren, Radarschüsseln, Funkantennen in kuppelförmigen Schutzgehäusen und einem unschönen Bohrturm bestückt, der über dem Rumpf aufragte. Sie war massiv, schnittig, stromlinienförmig, so grau und anonym wie das Meer selbst. Jetzt diente sie als Versorgungsschiff für die Trieste , die während der Fahrt wie ein ulkiges Spielzeug-U-Boot aus einem Themenpark an Deck festgelascht sein würde.
Die Endurance fuhr von Island aus ungefähr in südlicher Richtung, der Linie des Mittelatlantischen Rückens folgend - der, sobald Island hinter dem Horizont verschwand, unsichtbar sein würde, bis sie die nächsten aus dem Meer ragenden Gipfel des Rückens erreichten, die Inselgruppe der Azoren. Die Mannschaft, größtenteils Leute, die AxysCorp von den Ölfirmen rekrutiert hatte, arbeitete während der gesamten Fahrt weiter. Der Zweck der Expedition bestand darin, die tiefen Schichten unter dem Meeresboden zu erforschen. Deshalb hatten sie Sonar und ein sogenanntes parametrisches Lot an Bord, um die Schichten unterhalb der Gewässersohle zu erkunden, und ließen in regelmäßigen
Abständen ein Gerät ins Wasser hinab, das einem mechanischen Tümmler ähnelte und mit weiterer Sonarausrüstung vollgepackt war.
Die interessanteste Arbeit war das Bohren. Das Schiff machte halt - eine computergesteuerte Anordnung von Schrauben hielt es gegen die Strömung an Ort und Stelle -, und die Leute von den Ölfirmen verwandelten sich alle in Bohrarbeiter, übernahmen Rollen wie »Bohrtechniker« oder »Bohrinspektor«. Mittels ihres Bohrturms entnahmen sie direkte Proben aus den Schichten unter dem Meeresboden, holten Meter um Meter Schlamm herauf, Bohrkerne voller Daten für die Sedimentologen. Dies taten sie auf einem permanent wogenden, ruhelosen Meer, dessen trübes Grau von dem Schlamm gefleckt war, den sie aus dem Schlick tief unten heraufholten - einem Meer, das selbst bei ruhigem Wetter aufgewühlt war.
Unten im Labor unter dem Vordeck fluchten die Sedimentologen, während sie ihre geschichteten Kerne in Mylar hüllten und zerschnitten, mit elektromagnetischen Zauberstäben Wasserkonzentrationen testeten und winzige Proben von Gesteinsarten und im Sediment befindlichen Lebewesen herausholten, eine knifflige, nicht wiederholbare Arbeit, ausgeführt unter Bedingungen wie bei einer Achterbahnfahrt.
Lily hatte ein paarmal den Ärmelkanal überquert, war mit Fähren zur Isle of Wight und zur Insel Arran gefahren. Abgesehen von ein paar Schlauchboot-Übungen im Rahmen ihres Überlebenstrainings bei der US Air Force besaß sie keinerlei seemännische Erfahrung. Der Nordatlantik mit seinem hohen Wellengang war ein Schock für sie. Keiner der fünf »Hydronauten« - Lily und Gordo, Thandie, Gary Boyle
und Sanjay McDonald, ein dreißigjähriger Meteorologe und Freund von Thandie - fühlte sich je richtig wohl, nicht einmal Thandie, die ausgebildete Ozeanografin unter ihnen. Sie konnten sich nicht wirklich ausruhen, schliefen schlecht, und was sie aßen, behielten sie nicht immer bei sich. Meistens verwendeten sie ihre Zeit darauf, den Bohrarbeitern zur Hand zu gehen.
Gordo erklärte Lily, dass es eine Erleichterung sein würde, mit der Trieste in die Tiefe zu tauchen; unter den Wellen konnte man zumindest für ein paar
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