Die letzte Flut - Die letzte Flut - Flood
mit hochgezogenen Augenbrauen an. »Na, klingelt da was bei Ihnen?«
Als Gary sie damals in London eingeladen hatte, sich ihm anzuschließen, hatte sie keine Ahnung von Tiefseetauchfahrten gehabt. Inzwischen hatte sie ein wenig gegoogelt,
um sich auf den neuesten Stand zu bringen. »So hieß das U-Boot, das in den 1960er Jahren den Marianengraben erforscht hat.«
»Das Boot wurde von einem Schweizer konstruiert und 1958 von der amerikanischen Navy gekauft«, erklärte Godo. »1960 hat es das Challengertief in den Marianen erreicht, mit fast elftausend Metern der tiefste Punkt aller Erdmeere. Kein Fahrzeug hat das Tief seitdem wieder besucht. Tatsächlich war keines der seither gebauten bemannten oder unbemannten Fahrzeuge mehr fähig, solche Tiefen zu erreichen.«
»Diese Trieste hat ihren Namen also als Tribut an den damaligen Pionier erhalten«, wandte sich Lily an Lammockson.
»Nicht ganz«, erwiderte dieser. »Es ist die Trieste , Lily. Das Original. Oder das, was in den vergangenen Jahren aus ihr geworden ist.«
Nach ihrem Ausflug ins Challengertief hatte man die Trieste außer Dienst gestellt, ihre Druckkörperkugel, den höchstentwickelten Teil ihrer Technik, jedoch in ein neues DSV namens Trieste II eingebaut. Das neue Boot war als Testfahrzeug für das Tieftauchprogramm der Navy eingesetzt worden, und vier »Hydronauten« hatten darin ihre Ausbildung absolviert. Die Trieste II war bis 1980 im Einsatz gewesen, dann hatten ihr die U-Boote der Alvin-Klasse den Rang abgelaufen.
»Wovon natürlich jeder gehört hat, weil Alvin zur Titanic getaucht ist«, sagte Lammockson. »Die Trieste haben sie in ein maritimes Museum in Keyport in Washington verfrachtet.«
»Und ungefähr zu diesem Zeitpunkt hat die technische Entwicklung aufgehört«, fügte Gordo hinzu. »Im letzten
Jahrzehnt war die Rede davon, dass Alvin durch eine neue Gattung von DSVs ersetzt werden sollte, aber daraus ist nichts geworden.«
»Die Navy will die Alvin nicht einmal für dieses Projekt freigeben«, sagte Lammockson bitter. »Und Woods Hole ebenso wenig.«
»Woods Hole?«, fragte Lily.
»Woods Hole ist ein großes ozeanografisches Institut in Massachusetts«, sagte Gordo. »Sie betreiben Alvin.«
»Arse Hole passt besser, wenn ihr mich fragt«, brummte Lammockson. »Die Russen haben ebenfalls Tieftauchboote. Sie nennen sie Mir . Zwei von ihnen haben vor ein paar Jahren den Meeresboden im Nordpolarmeer erreicht. An die komme ich aber auch nicht heran. Dafür ist das Schirschow-Institut für Ozeanologie in Moskau verantwortlich.«
Lily nickte. »Also haben Sie die Trieste aus ihrem Museum befreit.«
Lammockson schnaubte. »Was hätte ich sonst tun sollen? Wir haben nicht die Zeit, eine komplette Technologie von Grund auf neu zu entwickeln. Formell sponsert uns hier die Glaziologische Gesellschaft Islands, und Gott segne sie dafür. Die Gremien, die es eigentlich besser wissen sollten, waren höchstens zu einer minimalen Kooperation mit mir bereit, sofern man das überhaupt so nennen kann.« Er schimpfte über andere Organisationen und bedeutende Persönlichkeiten, die, wie er behauptete, ihr Möglichstes getan hätten, ihm Steine in den Weg zu legen. Die Realität des Meeresanstiegs werde weithin geleugnet, sagte er, weil dieser in keines der alten Klimawandel-Modelle passe, die selbst immer noch im Zentrum intensiver Diskussionen
stünden. »Aber man muss sich eben mit ihnen allen befassen.«
»Na, darin sind Sie ja schließlich gut, Nathan«, sagte Gordo trocken.
»Ja, ich verbringe mein ganzes Leben damit, Bürokraten einen runterzuholen, ich Glückspilz. Jedenfalls glaube ich, wir haben das richtige Boot für Thandies Arbeit erwischt. Ich bin zufrieden mit der Trieste . Aber natürlich bin nicht ich derjenige, der das Ding fahren wird. Stellen Sie sich bloß vor, Sie werden den Boden der Tiefsee zu sehen bekommen, Gordo. Landschaften erkunden, die kein Mensch jemals erblickt hat. Ist doch ein Trost dafür, dass Sie nicht auf dem Mars rumlaufen können, hm?«
»Man muss nehmen, was man kriegen kann. Jedenfalls mache ich lieber das hier, als zusammen mit dem Rest der Jungs Johnson und Canaveral einzumotten oder für die Panikstarts zu schuften.« Das war der NASA-Jargon für eine Reihe in rascher Abfolge stattfindender Starts, bei denen das Raumfahrzeuginventar auf Canaveral in die Erdumlaufbahn geschossen wurde, um jede erdenkliche Nutzladung hinaufzubringen, die dort oben untergebracht werden konnte - hauptsächlich Wetter-
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