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Die letzte Flut - Die letzte Flut - Flood

Titel: Die letzte Flut - Die letzte Flut - Flood Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Baxter
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Afrika herum; sie umspannten das südliche Eismeer und umgaben die riesige pazifische Platte. Der von der Trieste erkundete atlantische Wasserspeicher war der am besten vermessene; die anderen hatte sie aus gröberen seismischen Daten konstruieren müssen.
    Thandie hatte diesen versunkenen Meeren beherzt Namen wie Ziosudra, Utnapischtim und Deucalion gegeben; Letzteres war der riesige atlantische Wasserspeicher. Die Namen
seien Varianten von Noah, erklärte sie, denn die Legende von einer weltweiten Flut sei in vielen Kulturen aufgekommen. Ziosudra war sumerisch, Utnapischtim kam im Gilgamesch-Epos vor. Und Deucalion entstammte der griechischen Mythologie - als Zeus die Männer von Hellas mit starkem Regen strafte, befahl er Deucalion, einen Kasten zu bauen, in dem er neun Tage und Nächte lang schwamm, bis er schließlich auf dem Parnassos landete …
    Die Delegierten wurden zunehmend unruhig, sah Lily. Sie rutschten auf ihren Sitzen umher, warfen sich Blicke zu.
    »Schwerer Fehler«, murmelte Lammockson. »Diesen Typen kann man doch nicht mit Noah kommen.«
    Thandie ging zu der Frage über, warum die unterirdischen Reservoirs gerade jetzt aufgebrochen waren. Hier befand sie sich jedoch auf schwankendem Boden. Sie konnte nur auf frühere dramatische und abrupte Veränderungen des Erdklimas hinweisen. Die Erde durchlief bei solchen Klimaänderungen keinen kontinuierlichen Prozess; sie hatte offenbar nur eine bestimmte Anzahl stabiler Zustände, zwischen denen sie rasch hin und her taumelte. Während der letzten zwei Millionen Jahre schien das Klima zwischen Eiszeiten, Vergletscherung und wärmeren Zwischeneiszeiten oszilliert zu haben. Die Übergänge konnten sehr schnell erfolgen und nur Jahrzehnte oder sogar lediglich Jahre dauern. Vielleicht war dies also nur ein weiterer solch dramatischer, aber natürlicher Übergang.
    Vielleicht sei jedoch auch die Menschheit daran schuld, fügte Thandie vorsichtig hinzu. Sie präsentierte bekannte Statistiken, die zeigten, dass die Menschheit seit der industriellen
Revolution des achtzehnten Jahrhunderts eine Spezies geworden war, die den Planeten formte; jetzt drückte sie auch natürlichen Prozessen ihren Stempel auf, nahm erhebliche Veränderungen am Sauerstoff-, Schwefel- und Stickstoffkreislauf vor und bewegte jedes Jahr zehnmal so viel Erdreich und Gestein wie der Wind und der Regen. Vielleicht hatte das Ausmaß der menschlichen Eingriffe in die Erdkreisläufe mittlerweile das Stadium der »gefährlichen anthropogenen Störung« erreicht, wie die Klimamodellierer es nannten. Die Menschen versetzten den komplexen, miteinander verwobenen, nichtlinearen Prozessen der Erde so heftige Tritte, dass das ganze System nun abrupt in einen neuen stabilen Zustand überging …
    Lily hatte den Eindruck, dass Thandie ihr Publikum bereits verloren hatte. Die IPCC-Delegierten sahen weg, schwatzten miteinander, einer telefonierte sogar.
    Thandie legte ihre Schlussfolgerungen in Form einer Reihe nüchterner Stichpunkte vor. Sie empfahl, eine größer angelegte Studie des Meeresspiegelanstiegs und seiner Quellen zu finanzieren. Um festzustellen, was sich unter den Meeresböden befand, schlug sie beispielsweise den Einsatz der Deep-Digger-Bomben des amerikanischen Militärs vor, die dazu gedacht waren, Bunker aufzusprengen, und sich tief und schnell in massives Felsgestein graben konnten. Sie wünschte sich, dass sich die großen Planetensucher-Weltraumteleskope auf die Physik anderer Wasserwelten konzentrierten: Gab es bei diesen Planeten einen Trocken-Nass-Zyklus? Sie wollte weitere Modelle, die zeigten, welche Auswirkungen die sich verändernde Meereswärmeverteilung auf globale Klimasysteme hatte. Sie forderte Modelle der Folgen geänderter
isostatischer Drücke: Würde es noch mehr Istanbuls geben?
    Und sie wünschte sich, dass die Delegierten ihre Regierungen nicht auf ein Ende, sondern auf eine Beschleunigung des Meeresspiegelanstiegs vorbereiteten. Es gab keine Grenze für das Wasservolumen, das die unterirdischen Meere noch freisetzen konnten. Die Trends waren nach wie vor uneindeutig, aber es zeichnete sich ein langfristiger exponentieller Anstieg ab: Exponentiell bedeutete, dass der Anstieg sich verdoppeln und wieder und wieder verdoppeln würde - über jede erkennbare Grenze hinaus.
     
    Das war’s. Sie bekam nicht einmal Applaus. Es gab ein paar neutrale Fragen zu wissenschaftlichen Details, dann war die Sitzung zu Ende. Die Leute standen einfach auf und gingen hinaus. Thandie

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