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Die letzte Flut - Die letzte Flut - Flood

Titel: Die letzte Flut - Die letzte Flut - Flood Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Baxter
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als Dartmoor noch ein Touristenmagnet gewesen war, das berühmteste Wahrzeichen dieser Region gewesen. »Da ist ein Wald. Nur Nadelbäume, aber es gibt jetzt jede Menge Vögel. Die sind wohl aus den überschwemmten Tälern heraufgekommen. Und ein paar archäologische Stätten, prähistorische Steinringe …«
    »Wo sind die Kinder?«
    »Die arbeiten. Ein paar Kilometer in dieser Richtung …« Amanda deutete auf das Land hinaus. »Die neuen Felder sind abgesteckt, müssen aber noch gerodet werden, und dafür brauchen die Bauern immer kräftige Leute. Mir wär’s lieber, sie gingen zur Schule, aber was soll man machen? Benj ist jetzt sechzehn, Kristie vierzehn, die treffen ihre eigenen Entscheidungen. Jedenfalls ist die Arbeit im Freien gut für sie, und sie werden bezahlt.«
    »Womit?«
    »Mit der lokalen Ersatzwährung.« Amanda wühlte in ihrer Tasche und zeigte Lily eine Handvoll Geld. Es waren alte Pfund- oder Euroscheine und Münzen, deren Markierungen
den örtlichen Tauschwert widerspiegelten. »Wir kriegen natürlich noch Sachen von auswärts, aber …«
    »Kannst du die Kinder anrufen? Habt ihr Handys?«
    »Natürlich haben wir Handys.« Reflexhaft holte Amanda ihr Mobiltelefon aus der Jackentasche. Es war vier Jahre alt, nach früheren Maßstäben längst überholt; tatsächlich hatte es die Überschwemmung Londons zusammen mit ihr überstanden.
    »Ruf sie an«, drängte Lily. »Jetzt gleich. Sag ihnen, sie sollen sich mit uns treffen. Vielleicht an dem Tor, den du erwähnt hast? Wissen sie, wie sie da hinkommen?«
    Amanda wog das Handy stirnrunzelnd in der Hand. »Ich weiß nicht, ob ich das tun soll.«
    »Bitte, Amanda. Ich würde dich nicht darum bitten, wenn es nicht wichtig wäre.«
    »Und was dann?«
    »Ich hab’s dir gesagt. Wir verschwinden von hier, wir vier - nach Cheriton Bishop, zu dem Wagen.«
    »Das müssen zwanzig Kilometer sein. Oder mehr.«
    Lily sah kurz zur Sonne hinauf. »Es ist noch nicht spät. Ich bin gestern und heute Vormittag zu Fuß hierhergekommen. Ich habe in einem Pub übernachtet. Vier, fünf Stunden, das müsste reichen. Der Wagen wird warten, bis die Sonne untergeht, oder noch länger, wenn ich anrufe.«
    »Und dann fahren wir alle einfach weg? So hast du dir das vorgestellt?« Zorn loderte in Amanda auf. »Weißt du, du hast wirklich Nerven, Lily. Springst einfach ohne Vorankündigung wieder mitten in mein Leben rein. In mein Leben, das Leben, das ich mir hier aufgebaut habe, mir und den Kindern. Es war nicht leicht, weißt du.«

    »Ich habe nicht vor, dir irgendwas kaputt zu machen.« Lily klang gequält und müde; hinter ihrer südamerikanischen Bräune wirkte sie ausgelaugt.
    »Du gibst dir alle Mühe, dich zwischen mich und Wayne zu stellen, nicht wahr?«
    »Das ist ebenso wenig meine Absicht. Bitte, Amanda, hör auf mich - du musst mir vertrauen.«
    »Warum?«
    »Ich habe versprochen, das nicht zu verraten.«
    »Wem versprochen? AxysCorp, dem großen Nathan Lammockson? Warum willst du nichts sagen?«
    »Weil es eine Panik auslösen würde.«
    Das gab Amanda zu denken. Eine Panik? Amanda hatte so etwas schon erlebt, eine hektische Form der Panik in Greenwich an jenem Tag, als das Themse-Sperrwerk versagt hatte, und später eine länger andauernde, elende Art von Panik, als der Fluss wieder zu steigen begann und Westlondon evakuiert werden musste. Aber hier war sie auf Dartmoor, weit oberhalb jeder Flutlinie. Was für einen Grund konnte es geben, hier in Panik zu geraten? Sie verspürte Widerstreben, Zorn und Unwillen.
    Lily las es in ihrem Gesicht. »Bitte, Amanda, die Kinder.« Amanda musste ihr vertrauen; Lily war ihre Schwester. Und außerdem, so dachte sie bei sich, konnte sie jederzeit wieder hierher zurückkommen, wenn der Wirbel vorbei war, worum auch immer es sich handeln mochte. Sie hob ihr Handy. »Soll ich ihnen sagen, dass sie vorher noch beim Wohnwagen vorbeigehen und ihre Sachen holen sollen …«
    »Nein«, sagte Lily. »Vergiss den Wohnwagen, vergiss das Packen. Sie sollen sich einfach nur mit uns treffen. Bald!«

    »Es wird Wayne gar nicht gefallen, wenn er rausfindet, dass du dich mit uns wegschleichen willst, falls du das vorhast.«
    »Dann sag’s ihm nicht.« Lily schloss die Augen, und ein Muskel in ihrer Wange arbeitete. »Also gut, wir treffen eine Abmachung. Sobald ich dich und die Kinder im AxysCorp-Wagen habe, kannst du Wayne anrufen oder wen immer du willst. Wayne steht bei mir nicht an erster Stelle. Ebenso wenig wie deine Gefühle. Nur

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