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Die letzte Flut

Die letzte Flut

Titel: Die letzte Flut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Timothy Findley
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seinem Käfig befreit hatte. Seine Augen waren Hannahs Rückzug in die Kombüse mit solch offensichtlichem Verlangen gefolgt, dass es Noah den Magen umdrehte. Und Japeth hielt seinen Löffel wie ein Messer – umgedreht – und hob die kleinen Fischstücke mit den Fingern vom Teller, schleckte die Finger barbarisch und – irgendwie – lasziv ab, bis Noah sich nicht mehr beherrschen konnte: »Hör auf!«
    Japeths Brust glänzte vor lauter Schwitzen und er roch nach altem Schweiß. Noah konnte das nicht nachvollziehen, denn er selbst brauchte zwei Roben übereinander, um seinen Körper warm zu halten und – heute Abend – hatte er noch die zusätzliche Wärme eines Tuches um die Schultern nötig. Japeth aber saß fast nackt da – Arme und Beine entblößt und seine Tunika offen, die lockigen Haare hingen ihm in verfilzten Strähnen feucht in die Stirn. Wie ein Mann mitten in einer Hitzewelle…
    »Lass deine Augen von dieser Frau!«, sagte Noah.
    Japeth hatte nicht gemerkt, dass sein Vater ihn anstarrte, und er richtete sich kerzengerade auf, wobei er seine Suppe auf dem Schoß verschüttete; Fischstückchen verteilten sich auf seiner Unterlippe.
    Verwirrt fuhr er sich mit der Hand über den Mund. »Herr Vater?«, fragte er.
    »Lass deine Augen dort, wo sie hingehören! In deinem Kopf!«
    »Ich verstehe Sie nicht, Vater.«
    »Du hast dich an der Gestalt dieser Frau satt gesehen. Ich habe dich beobachtet.«
    Japeth schluckte mit Mühe und fing zu würgen an.
    Noah ignorierte es und wandte sich an Sem.
    »Hast du das Interesse deines Bruders an deiner Frau nicht bemerkt? Was für ein Ehemann bist du?«
    Sem schaute Japeth an und zuckte mit den Schultern.
    »Er ist ein Kind, Vater.« (Noahs Aufmerksamkeit für Hannah war keineswegs unbemerkt geblieben – aber diese konnte Sem nicht erwähnen.)
    Noah lächelte höhnisch. »Ein Kind? Er ist ein verheirateter Mann.«
    Japeths Würgen war so heftig geworden, dass er aufstand und dabei seinen Stuhl umwarf.
    Hannah tauchte in der Tür zur Kombüse auf, eine Birne in der einen Hand und ein Geschirrtuch in der anderen. Sie trocknete die Birne und starrte Japeth an.
    Noah stand auf und ging um den Tisch herum.
    Japeth war dunkelrot und dem Tode nahe.
    Noah trat hinter seinen Sohn und hob Japeths Schwert vom Tisch auf.
    Hannah machte einen Schritt nach vorn; das Geschirrtuch fiel zu Boden.
    Noah trat zurück und schlug seinem Sohn mit der flachen Seite der Schwertklinge auf die Schultern.
    Dennoch ließ der Schlag Blut hervortreten und Sem sprang auf.
    Japeth fiel quer über den Tisch – seine Hände voller Löffel und Teller, sein Gesicht nass von der Suppe –, sein Hintern entblößt.
    Noah konnte nicht widerstehen; er schlug noch einmal zu.
    Dann legte er das Schwert auf den Tisch zurück, ging wieder auf die andere Seite und setzte sich.
    »Geh hinaus und stell dich in den Regen!«, sagte er zu Japeth – der nicht mehr würgte, aber noch nicht wieder sprechen konnte. »Bleib dort stehen, bis du gefrierst!«
    Hannah hatte das Tuch vom Boden aufgehoben und wollte gerade Japeths Gesicht und Schultern abwischen, aber Noah sagte: »Die Birne braucht einen Teller darunter – und ein Messer zum Aufschneiden und ein Stück Käse daneben.«
    Hannah reichte Japeth das Tuch und ging hinaus.
    Noah sagte: »In den Regen. Geh hinaus in den Regen und bleib dort stehen!«
    Japeth putzte sich mit dem Tuch die Nase und wischte sich dann geistesabwesend auch übers Gesicht und ging ohne sich noch einmal umzusehen durch die Tür hinaus aufs Deck.
    Als er weg war, blickte Noah Sem an.
    »Auch wenn deine Frau ein Kind trägt«, sagte er, »wäre es weise, sie nicht mit ihm alleine zu lassen.«
    Sem war noch immer skeptisch. »Ich kann nicht glauben, dass…«
    »Findest du sie nicht attraktiv?«
    Diese Frage verwirrte Sem nur. Er konnte nicht ganz folgen, worauf Noah hinauswollte. Hannah war seine Frau. Er brauchte sie nicht attraktiv zu finden.
    »Was wollen Sie damit sagen, Vater?«
    Über seine Schulter warf Noah einen kurzen Blick auf die Kombüsentür. Sie war geschlossen. Dann neigte er sich über den Tisch zu Sem; er nahm seine Serviette, um Japeths Schweinerei beiseite zu schieben.
    »Hast du zur Zeit Verkehr mit deiner Frau?«
    Sem setzte sich zurück und wäre fast aufgestanden. Eine solche Frage war ihm noch nie gestellt worden, und er war tatsächlich so schockiert, dass er nicht antworten konnte – er fragte nur: »Was?«
    Noah lächelte.
    »Ich könnte dir sagen, wie, wenn

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