Die letzte Flut
Bösewichter, Gelächter und Buhrufe auf sich.) Endlich stieg ein riesiger blauer Papierwal aus dem Meer und diese Erscheinung fand so viel Beifall, dass sie das Spektakel ganz zum Stillstand brachte.
Vor allem die Ministranten wollten den Wal noch mal sehen – und während er zum dritten oder vierten Male gezeigt wurde, tauchten plötzlich die Feen auf, die vielleicht durch die Lichter aus dem Wald angezogen worden waren – und außer Mrs Noyes nahm jeder an, ihr Erscheinen sei inszeniert und mit Hilfe der laterna magica zustande gebracht – ihr allein war klar, dass es echte Feen waren.
Endlich war es Zeit, den Menschen zu erschaffen, und diesmal traute Mrs Noyes kaum ihren Augen: Denn aus den Tiefen des Schaukastens, den Noah im Dunkeln versteckt hatte, stieg Ham – er war von Kopf bis Fuß mit einem entsetzlichen Rosa bemalt und trug ein riesiges Feigenblatt aus Pappe, das ihm fast bis zu den Knien reichte.
Bis hierher ging die Darbietung nach Plan – und Noah wollte gerade die passenden Schnüre oder Fäden ziehen – oder den Hebel betätigen, der seine Eva zum Vorschein bringen würde ~, doch als die Papierpuppe, die aus Ham-Adams Seite erstehen sollte, ihr Stichwort erhielt – geschah nichts.
Stattdessen trat Luci in Erscheinung – in einem langen durchsichtigen Gewand und mit einer Krone aus goldenem Haar, die sie völlig umgab und bis zum Boden fiel und dabei geschickt jeglichen Hinweis auf ihr Geschlecht verbarg.
Das Schlusstableau mit Adam, Eva und der gesamten Schöpfung – mitsamt dem riesigen blauen Papierwal, der sich hinter ihnen in voller Länge ausstreckte – löste bei allen und jedem tosenden Beifall aus, und sogar Jahwe hob die Hände und klatschte mit den Handflächen auf die Knie – Er wagte es nicht, Seine Hände gegeneinander zu schlagen, aus Angst, sich die Finger zu brechen.
Nur Michael Archangelis, der inzwischen mit Abraham zurückgekommen war, blickte argwöhnisch zur Gestalt von Eva hin. Seine Bedenken behielt er jedoch für sich. Dass Jahwe endlich gelächelt hatte, war eine zu wichtige Begebenheit, als dass er sich hätte entschließen können, den Indizienbeweis in Form der langen bronzenen Feder in seiner Tasche herzuzeigen oder die Identität des Engels, der Eva spielte, preiszugeben.
Jahwe war jetzt so entspannt, dass Er länger als eine Stunde redete, und ein Kreis begeisterter Zuhörer saß unter dem von Kerzen beleuchteten Pavillon und hörte Ihm gebannt zu – sowohl Engel als auch Sterbliche waren von der Weisheit und Herrlichkeit Seiner Worte gefesselt.
Lange nach Mitternacht wandte sich Jahwe mit folgender Geschichte direkt an Noah, dabei ruhte Seine Hand weiter auf Hannahs Schulter.
»Es ist allen Ältesten und Rabbinern und Priestern bekannt, dass Fähigkeiten, wie du sie hier heute Abend vorgeführt hast, seit Anbeginn der Zeit nur von einigen Wenigen beherrscht werden. Welche Gefahren diese Fähigkeiten in sich bergen, kann man erahnen, indem man allein nur daran denkt, wie viel Böses Uns jetzt umgibt, während Wir einander hier oben auf diesem Berg Gesellschaft leisten und Uns so sicher wähnen. Die Städte stinken nach dieser bösen Gefahr. Und trotzdem kann auch Herrliches darin enthalten sein: in diesen Fähigkeiten.
Denk jetzt nach, und beschwöre einen Obstgarten herauf! Jenen Ort, der seit Anbeginn der Zeit, deren Anfänge du Uns heute Abend hier gezeigt hast, die heiligste Zuflucht alles Heiligen ist. Jenen Obstgarten, in dem nur diejenigen, die wahrlich vorbereitet und wahrlich weise sind, in Sicherheit wandeln können. Denk an diesen Obstgarten – mit all seinen Wundern und all seinen Geheimnissen!…«
Jahwes spröde Finger spielten, während Er sprach, mit Hannahs Haaren – und Seine andere Hand streichelte die Köpfe Seiner schnurrenden Katzen, die man ihm zurückgebracht hatte.
»Stellt euch im Geiste vier Männer vor – Weise alle vier, die Weisesten unter den Weisen. Lasst Uns ihnen sogar Namen geben: Denn beim Erschaffen einer Legende sind Namen alles. Lasst sie Uns zusammen am Tor zum Obstgarten aufstellen – zum Heiligen Obstgarten der Weisheit – und seht, da sind Rabbi Akiva, Simeon Ben Zoma, Simeon Ben Azai und Elischa Ben Abuya – vier große Weise, die Mir zufälligerweise einmal bekannt waren…«
(Er hatte »Mir« gesagt; Mrs Noyes sprach es fast laut aus. Er hatte »Mir« gesagt…)
»Der allerweiseste unter ihnen, Rabbi Akiva, wird sie in diesen Obstgarten geleiten – ein sanfter und gewissenhafter
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