Die letzte Geisha: Eine wahre Geschichte (insel taschenbuch) (German Edition)
Schmerz geduldig aus. Was als mein Kind zur Welt hätte kommen sollen, war als ein blutiger Klumpen rausgekommen. Alle schienen von meinem Zustand zu wissen, aber keine tat was für mich.
Hinterher kümmerte sich Karuta um mich und bot mir an, einen Arzt zu rufen, aber ich wollte nicht, daß es bekannt würde, legte mich nur zwei Tage ins Bett und ging dann wieder zum Zashiki. Erst nach 15 Tagen hörten die Blutungen auf.
Als ich im Bett lag, kam Sennari und fing ein Gespräch mit mir an.
»Du hast abgetrieben, nicht? Ich hab's gemerkt. Ich hasse alle Leute hier im Haus, nein, in der ganzen Welt. Nur bei dir fühle ich weder Zuneigung noch Abneigung. Alle verachtenmich, weil ich Mizuten mache, wo doch alle ganz genau dasselbe tun. Aber du bist wohl anders.«
Daß ich nach meinem Debüt nur noch den Lonpari als Partner behalten habe, war die Beherzigung eines Rates der Mutter, die gesagt hatte:
»Der ist ein lukrativer Mensch, du solltest dich nicht mit anderen Kunden einlassen.«
Sennari begann, über sich zu reden.
»Ich habe mit 14 die Schule abgeschlossen und gleich danach eine Stelle bei einem Fischhändler in Kawasaki angetreten. Den 14. Dezember werde ich nie vergessen, als seine Frau mit den Kindern ins Heimatdorf abreiste. Noch am selben Abend hat mich der Alte vergewaltigt. Wenn man als Geisha verkauft wird, bleibt man wenigstens bis 16 unangetastet, aber ich war 14! Findest du das nicht grausam? Der hat mir gesagt, ich soll keinem was davon erzählen, und mir 50 Sen gegeben. Das hier ist dieses 50-Sen-Stück.«
Sie holte die 50-Sen-Münze raus, die sie immer betrachtet.
»All meine Träume, all meine Hoffnungen, eingetauscht für 50 Sen. Ich bin dann auf der Stelle abgehauen, nach Hause, nach Shizuoka, aber ich hab damals keinen Mut gehabt und mich geschämt. Ich konnte nicht sagen, daß ich ausgerissen bin, weil mir der Alte so was angetan hatte, sondern ich hab nur geheult. Dann hab ich eine Stelle bei einem Uhrmacher in Tōkyō gekriegt, aber anscheinend werd ich von allen Leuten als liederliche Schlampe angesehen. Als der Kerl aus dem Laden aufdringlich wurde, bin ich weggelaufen und hab mich als Geisha verkauft, weil ich dachte, daß mein sowieso geschändeter Leib dem Elternhaus so noch nützlich sein kann. Was ich mache, ist meine Rache an den Männern. Ich hab schon zwei oder drei in die Pleite getrieben. Mir bleibt außer Mizuten nichts übrig, denn Künste beherrsche ich kaum.«
Sie rang sich ein Lachen ab.
Ich fand es zwar komisch, daß sie ihren Bösewicht in Kawasaki hier in Suwa bestrafen wollte, aber wenn sie damit zufrieden ist, steht es mir nicht zu, ihr dreinzureden, meinte ich und hörte ihr schweigend zu.
Liebe ist verboten
Karuta kam wegen einer Liebesaffäre mit einem jungen Mann allmählich ins Gerede. Die Mutter war wütend.
»Karuta, du dämliche Trine, schämst du dich nicht, daß du mit deiner Erfahrung der Licht- und Schattenseiten, der bitteren und süßen Seiten des Lebens wegen einer Affäre mit so einem Jüngelchen ins Gerede kommst? Wird man vielleicht davon satt, seinem Liebsten in die Augen zu gucken? Ob du es wohl drei oder vier Tage aushältst, ohne etwas zu essen? Von heute an kannst du es probieren, ohne Essen auszukommen. Du bist wohl noch stolz drauf, dir als fest angestellte Geisha einen Liebsten angelacht zu haben!«
Nach diesem Vorfall kam Karuta wieder volltrunken nach Hause und wurde von der Mutter verprügelt, aber welche Grausamkeit sie ihr auch antut, Karuta sagt nur: »Tu mir an, was du willst, es ist mir egal«, und leistet keine Abbitte.
Wenn Karuta sich in eine Sache verbohrt, gibt sie bis zum Umfallen nicht nach. Das mit ansehen zu müssen ist mir so unerträglich, als würde mir ins eigene Fleisch geschnitten.
»Schwester, entschuldige dich doch! Bitte! Sei wieder so wie früher! Wenn du Geld brauchst, lass' ich mir von meinem Mäzen was zustecken und geb's dir. Wenn du die Mutter zur Weißglut bringst, wirst du nur woandershin weiterverkauft!«
»Mir reicht's einfach. Meinen Freund hat die Mutter vergrault und sorgt dafür, daß ich ihn nicht mehr treffen kann. Und daß er Geld gekostet hätte, sagt sie. Dabei habe ich ihm nur dreimal Geld für die Rechnung des Restaurants ausgelegt. Ich würde am liebsten ausreißen!«
Bisher gab es eine Menge Geisha, die ausgerissen sind, aber die Polizei schreibt sie sofort zur Fahndung aus, und es ist noch nie vorgekommen, daß eine länger als einen Tag flüchtig gewesen ist. Die Schande ist
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