Die letzte Geisha: Eine wahre Geschichte (insel taschenbuch) (German Edition)
tiefsinnigen Gespräche! Also, ich tanze, möchten Sie nicht alle mitsingen?«
Weicht man nicht auf solche Weise geschickt aus, kann man sich ganz gehörig blamieren. Man hat nicht einen Augenblick Zeit, in der Konzentration nachzulassen. Man treibt von einer Kundenbetreuung zur nächsten, ständig alle Sinne voll konzentriert wie eine gespannte Bogensehne.
Auch gegeneinander wetzen die Geisha ihre Krallen undhecken ziemlich garstige Bosheiten aus, um Rivalinnen zu verdrängen. Auf Leute, die unsere Welt nicht kennen und nur die Oberfläche zu sehen bekommen, wirken wir vielleicht vergnügt, im Innern aber sind wir wundenbedeckt und weinen immerzu vor Leid.
Schon bald traf ein Brief von Karuta ein, die nach Chiba gegangen war, adressiert an das Speisegasthaus Ichiriki zu meinen Händen. Nach dem, was mir die Patronin des Ichiriki vorlas, habe sie an dem fremden Ort nur lauter Ärger, aber ein Kunde wolle sie loskaufen und sie wolle einwilligen.
Die Patronin des Ichiriki war erst um die 35 Jahre alt, aber sie war selbst Geisha gewesen und hatte es mit harter Mühe so weit gebracht. Zu uns war sie sehr liebenswürdig.
Es kommt immer wieder mal vor, daß etwa junge Gäste zu dritt eine Geisha engagieren und sich dann gehenlassen. Heute wollen wir »Schleier-Lüften« oder das »Entbindungs-Spiel« treiben, sagen sie, wollen dir den Obi lösen, halten dich zu dritt fest und versuchen, schmutzig an dir rumzufummeln.
Als Geisha schreist du dann los und rufst um Hilfe. In solchen Fällen kommt so jemand wie die Patronin des Ichiriki sofort angeschossen.
»Na, na, na, was soll das denn? Geisha zu sein ist ein schutzbedürftiges Gewerbe, Sie sollten lieber Mitleid haben mit dem Mädchen und es rücksichtsvoll behandeln!«
»Was quasselst du denn da? Gerade jetzt, wo's interessant wird! Verzieh dich ins Kontor, Rechnungen schreiben!«
»Ja, ich ziehe mich ja zurück. Aber eins sage ich Ihnen: Die Geisha hier zum Aufschreien zu bringen, das kommt nicht in Frage. Das belästigt auch die anderen Gäste. Wenn Sie sich weiter an ihr vergreifen, nehme ich Ihnen die Geisha weg!«
»Wir geben das Geld aus und bezahlen sie, Alte! Und von dir lassen wir uns gar nichts befehlen, das ist uns piepeschnurz!«
»Was soll das denn heißen? Sie meinen wohl, als Gäste könnten Sie sich hier danebenbenehmen und sich allerhand herausnehmen, aber das Zashiki und der Reiswein sind meine Angelegenheit. Das Geld mag von Ihnen kommen, aber ob ich Ihnen dafür was verkaufe oder nicht, das entscheide nur ich. Ich verbitte es mir, daß so ungezogene Lümmel wie Sie hier liederliche Spielchen treiben. Verlassen Sie das Haus!«
»Das brauchste uns gar nicht erst zu sagen! Wir gehen sowieso, und hierher kommen wir garantiert kein zweites Mal!«
»Ja, das ist mir sehr recht! Auch wenn ich als anmaßend angesehen werde, ich achte jedenfalls gut darauf, daß mir keine ordinären Leute wie Sie ins Haus kommen. Los, verschwinden Sie!«
»Ganz typisch! Frauenliebhaber übers Ohr zu hauen und um ihr Geld zu prellen, das ist eine saubere Art!«
»Was quatschen Sie da, Sie Idiot! Wenn Sie Ihr Geld reut, kaufen Sie sich doch eine hochklassige Dame los und sperren sie in einen goldenen Käfig! Aber Sie schaffen es wohl gerade mit Mühe, Dirnen zum Einheitspreis von 50 Sen in die Arme zu kriegen!«
Nach all dem Hin und Her läßt sie sich auch noch die Bezahlung durch die Lappen gehen. In solchen Fällen ist unsereins ganz zerknirscht und sagt verlegen:
»Frau Mutter, daß es wegen mir zu so etwas gekommen ist … Verzeihen Sie mir bitte!«
»›So viel Laub, wie man zum Feuer machen braucht, weht auch der Wind herbei‹, heißt es doch, und so knapp, daß es zum Leben nicht reicht, haben wir's ja nun auch wieder nicht. Wenn der Mensch dreimal täglich was zu beißen hat, genügt es doch«, sagt die Patronin dann hell auflachend.
Weil sie so zu uns hält, bringen auch die Geisha ihrerseits Partner, von denen sie in andere Restaurants gerufen werden, jedes dritte Mal hierhin mit, und das Ichiriki florierte beträchtlich.
Oshūgidori
Als ich 18 wurde, sprach der Lonpari bei der Mutter wegen meines Loskaufs vor. Die Mutter machte da gleich ein saures Gesicht.
»Mein Herr, Sie sind aber grausam … Unter Aufbietung aller Kräfte habe ich sie gerade erst so weit gebracht, daß ich sie endlich vor die Kundschaft treten lassen kann, und da sagen Sie, ich solle sie gleich wieder fortlassen … Sie ist auch mir am meisten ans Herz gewachsen!«
So
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