Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die letzte Geisha: Eine wahre Geschichte (insel taschenbuch) (German Edition)

Die letzte Geisha: Eine wahre Geschichte (insel taschenbuch) (German Edition)

Titel: Die letzte Geisha: Eine wahre Geschichte (insel taschenbuch) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sayo Masuda
Vom Netzwerk:
dann nur um so größer.
    »Und wenn ich's nicht schaffe, abzuhauen, mir soll's egal sein. Ich bin sowieso fix und fertig. Nur weil man mal jemand liebhat, zur Verbrecherin gestempelt zu werden, das stinkt mir! Zu lieben ist doch der Zweck des Lebens!«
    Obwohl ihr Dienstvertrag zum Ende des Jahres abgelaufen wäre, wurde schließlich ihr Weiterverkauf beschlossen. Ich kniete vor der Mutter nieder und flehte sie an:
    »Mutter, ich bitte Sie! Ich will Karutas Anteil mitverdienen, wenn Sie nur den Weiterverkauf unterlassen wollten!«
    Die Mutter erhörte mich nicht und sagte nur:
    »So eine Furie bleibt mir nicht im Haus!«
    Ich ging also zu Karuta und bekniete sie:
    »Schwester, besinn dich doch und entschuldige dich bei der Mutter! Und sieh zu, daß du hierbleiben kannst! Wenn du keine Lust hast, Umsatz zu machen, lass' ich die Hälfte von meinem auf deinen Namen umschreiben, aber bleib bitte mit mir zusammen!«
    »Tsuruchan, damit geht unser schwesterlicher Bund doch nicht zu Ende! Wenn der Tag kommt, an dem wir beide frei sind, können wir wieder zusammenleben. Ich bin dir von Herzen verbunden. Du darfst nie die Liebe kennenlernen. Du wirst nur von allen Leuten verspottet, und die Welt ringsumher erscheint dir aschgrau. Im Herzen klafft dir ein Loch, und ein kalter Wind pfeift durch. Den Kummer mußt du allein ertragen. Ich möchte eine Zeitlang weit fort von hier. Verzeih mir bitte, ja, Tsuruchan?«
    An dem Abend bevor sie weiterverkauft wurde, haben wir beide im selben Bett zusammen gelegen und wegen des traurigen Schicksals, das die Menschen trifft, die ganze Nacht bis zum andern Morgen weinend durchwacht.
    Die Mutter sagt immer, wir kennen des Lebens süße und bittere Seiten, aber wir haben immer nur die bitteren Seiten zu schmecken bekommen, die süßen kennen wir nicht. In diese Welt geboren, ohne die wahren Gefühle von Männern zu kennen, nur reiche Mäzene dazu zu bewegen, möglichst viel Geld zum Fenster rauszuwerfen, soll das etwa Liebe sein? Wenn eine von uns, die wir nach menschlicher Zuneigung dürsten, bei einem Mann so etwas wie wahre Liebe zu entdecken glaubt und gleich drauf fliegt, ist das denn verwunderlich? Wir sind doch alle um die 20 Jahre alt, wir sind doch alle Frauen! Wie kann es denn Sünde und Unrecht sein, zu lieben und geliebt zu werden, von einer wunderschönen Liebe zu träumen?
    Aber solche Weisheiten zählen ja nichts in diesem Gewerbe.
    Sogar jemand wie ich muß wohl so etwas wie ein Frauenherz haben. Ich spüre, wie mir bei mancher flüchtigen Begegnung mit Männern das Herz unversehens klopft, und wenn es nach dem Singen und Tanzen Abschiednehmen heißt, wird mir das Herz manchmal schwer; wenn ich dann anschließend mit dem Lonpari zusammen bin, fühle ich mich um so trostloser.
    In solchen Gefühlslagen klettere ich auf den erwähnten »geheimen Ort« und betrachte allein lange das nächtliche Panorama. Im Herzen der Menschen gibt es eine Tasche, in die man das »Verzichten« reinlegt. Wenn sich Hoffnungen nicht erfüllen wollen, sollte man sie in »Verzicht« umwechseln, in diese Tasche stopfen und sie dann fest zuschließen.
    Lebenserwerb im ›Zashiki‹
    Ich versuchte also, so gut wie möglich mit der Maxime des Verzichts zu leben, aber im Geisha-Gewerbe reicht es nicht, nur zu allem, was verlangt wird, ja zu sagen, sondern es gehört auch viel Anstrengung dazu. Im Angesicht einer großen Anzahl von Gästen muß man ständig darauf achten, nach allen Seiten Erotik auszustrahlen. Und wenn man zum ersten Mal vor einen neuen Gast tritt, muß man auf einen Blick erfassen, was für einen Typ Frau er wohl mag; wenn man glaubt, er mag liebreizende Mädchen, muß man sich sofort entsprechend darstellen.
    Außerdem ist es für uns, die wir nicht mal die Grundschule abgeschlossen haben, unerläßlich, bei Literatur, Politik und anderen Themen schlagfertige Gesprächspartnerin zu sein. Obwohl ich nicht mal die einfache Silbenschrift recht entziffern kann, muß ich mir schwierige Redewendungen nur vom Hören merken. Wenn bei der Gästebetreuung solche Themen angesprochen werden, stelle ich mich so, als sei ich vom Reiswein angesäuselt, merke mir aber unter konzentrierter Anspannung aller Sinne den Inhalt der Gespräche und gebe sie dann bei anderen Zashiki umgehend wieder zum Besten. Wenn das Gespräch sich fortspinnt und in allzu tiefe Gründe vorstößt, sage ich, kurz bevor es Bereiche zu streifen droht, von denen ich nichts verstehe:
    »Lassen wir in diesem Kreis doch solche

Weitere Kostenlose Bücher