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Die letzte Geisha: Eine wahre Geschichte (insel taschenbuch) (German Edition)

Die letzte Geisha: Eine wahre Geschichte (insel taschenbuch) (German Edition)

Titel: Die letzte Geisha: Eine wahre Geschichte (insel taschenbuch) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sayo Masuda
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seelenlose Frauen wie dich umarmen müßte. Ich kaufe dich, weil ich dich nackt tanzen sehen will. Wenn du nicht magst, brauch ich dich nicht.«
    Herr Hi stiert mich kalt an.
    Wortlos ziehe ich meinen Kimono aus, lege ihn ab und breite ihn zu meinen Füßen aus. Ich folge seinem auffordernden Nicken, zu dem Takt, den der Kerl mit den Händen klatscht, zu tanzen, beiße mir auf die Lippen, daß schier das Blut rausquillt, um ihm keine Tränen zu zeigen, und tanze, als ob ich den Verstand verloren hätte. Auch die häßliche Wundnarbe an meinem Bein voll herzeigend …
    »Auf, trink mal 'nen Becher voll«, reicht er mir laut lachend den Sakebecher. Wie ich ihn entgegennehme, schlottert mir die Hand.
    Als ich, im Glauben, es sei wohl genug, schweigend die Hand nach meiner Kleidung ausstreckte, stürzte sich der Kerl lüstern auf mich wie ein wildes Tier. Ohne irgendwelchen Widerstand noch eine Reaktion zu zeigen, legte ich mich nieder. Während ich spürte, wie mir die Tränen heiß übers Gesicht liefen, dachte ich an meinen Bruder, der wohl vor Kälte zitternd draußen auf mich wartete.
    Kriegsende
    Ich verließ das Ichiriki, ging zu meinem Bruder, und wir fuhren noch in derselben Nacht mit dem 20:05-Uhr-Zug Richtung Shinjuku nach Chiba. Ich erinnerte mich, daß auf dem zweiten Brief, den ich erhalten hatte, Motomachi, 2. Bezirk, angegeben war, fragte an einem Polizeihäuschen nach dem Weg und fand die gesuchte Adresse.
    Karuta empfing uns so herzlich wie enge Verwandte.
    »So ganz allein wirst du kaum für deinen Bruder sorgen können. Ich kenne einen, der zwar ein bißchen alt für dich ist …«, meinte ihr Mäzen, und ich wurde die Mätresse eines 63jährigen alten Herrn, der sich um uns kümmerte. So konnten wir schließlich leben, ohne daß es uns am Auskommen gemangelt hätte. Er war ein kleiner Fischerei-Unternehmer in Goi und suchte mich, die ich ein Zimmer in Karutas Haus bewohnte, nur sehr selten auf, so daß wir vergleichsweise sorgenfrei leben konnten. Aber gerade als wir endlich alle Sorgen los waren, da brannte das Haus nach einem Luftangriff in der Nacht des 7. August ab, und wir standen wieder ohne alle Habe da. Noch als wir dabei waren, aus dem Blech der Brandtrümmer eine Notbaracke zu errichten, war der Krieg zu Ende.
    Ich hatte nicht allzu sehr das Gefühl gehabt, als ginge mich der Krieg persönlich irgendwas an, und verstand daher auch nicht, was das Kriegsende für Japan bedeutete, sondern dachte nur, wenn die mit ihrem Krieg nur eine Woche früher aufgehört hätten, dann wären wir davongekommen, ohne daß unser Haus abgebrannt wäre.
    Karuta sagte, ihr Mäzen wolle ihr in Goi ein Haus bauen, und lud uns ein, dort mit ihr zusammen zu wohnen, doch ich wollte ihr nicht noch länger zur Last fallen; ich ließ mir von meinem Alten die Brandtrümmer ihres Hauses kaufen und begann ein Leben in der Notbaracke.
    Mit einem Jahr Verspätung ließ ich meinen Bruder einschulen und bestritt unseren Unterhalt damit, daß ich neben der Chiba-Bank morgens und abends Zeitungen verkaufte. Auf diese Weise hätten wir einigermaßen über die Runden kommen können, aber im Mai des folgenden Jahres 1946 starb mein Alter an Herzversagen.
    In der Folgezeit machte ich wahrhaft und buchstäblich alles. In dem Tohuwabohu kurz nach Kriegsende konnte ich mit wenig Geld unmöglich zu zweit mit meinem Bruder auskommen.
    Zuerst schaffte ich als Arbeiterin in einer Ofenfabrik in Inage. Für diese Öfen gab es eine in der Mitte zweigeteilte Form, in die man den Ton einfüllt; dann formt man, mit der Hand streichend, auf der Innenseite eine Rundung und brennt den Ton, nachdem beide Hälften zusammengesetzt worden sind. Meine Arbeit war, den Ton einzufüllen und zu formen, aber meine Haut wurde rissig und schälte sich, und außerdem brachte mich der Hungerlohn von 35 Yen im Monat kein bißchen weiter, so daß ich dort aufhörte. Damals kosteten drei Makrelen 10 Yen.
    Als nächstes hatte ein Bekannter von Karuta neben dem Amtssitz des Präfekten einen Imbiß eröffnet und mich eingestellt. Damals wurde mir zweimal die Ehe angetragen.
    Das erste Mal war es ein Uhrmacher namens Kuwano, der hier täglich sein Mittagessen einnahm. Jeden Tag traf ich ihn auf dem Heimweg vom Geschäft. Am Anfang dachte ich, essei Zufall, bis ich dann merkte, daß er mich absichtlich abpaßte.
    »Oh, gehst du jetzt nach Hause?« sprach mich Herr Kuwano verlegen an. Mit der Zeit, als wir langsam vertrauter wurden, sprach er mir davon, ich solle ihn

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