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Die letzte Geisha: Eine wahre Geschichte (insel taschenbuch) (German Edition)

Die letzte Geisha: Eine wahre Geschichte (insel taschenbuch) (German Edition)

Titel: Die letzte Geisha: Eine wahre Geschichte (insel taschenbuch) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sayo Masuda
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werde auch ich es besser haben, dachte ich und fühlte mich irgendwie erleichtert.
    Um elf Uhr schloß ich das Haus zu und ging hinaus. Es war eine frostige Nacht mit schmaler Mondsichel. Der Suwa-See war randvoll mit Wasser gefüllt, die Lichter der Stadt glitzerten so schön wie immer. Alles weckte in mir Erinnerungen an ihn . Mit der Vorstellung seines Gesichtes vor Augen stürzte ich mich rein.
    Im Wasser zu sterben ist auch qualvoll. Dröhnend schlägt das Wasser auf die Ohren, und das zur Nase hereinquellende Wasser dringt stechend vor bis unter die Schädeldecke. Eine Weile prustete ich noch, dann spürte ich nichts mehr.
    Einige Zeit später erwachte ich jedoch in einem Krankenzimmer des Hospitals. Ein Mann, der zum Nacht-Angeln gekommen war, soll mich gerettet haben. Ich konnte meinem Retter nicht dankbar sein. Ich dachte nur ärgerlich: ›… und ich wollte es damit doch nur besser haben!‹
    Es ist leicht, sterben zu wollen, aber das in die Praxis umzusetzen, dafür ist unglaublicher Mut nötig. Wo ich den jetzt endlich aufgebracht hatte …!
    Was mich nach der Entlassung aus dem Hospital erwartete, war die Aufkündigung der Zuneigung des Lonpari und die kalte Aufnahme durch die Menschen in der Welt.

Ziellose Reisen
    Kein Dach überm Kopf
    »Wenn ich dir so verhaßt bin, dann verschwinde!«
    Bei diesen Worten des Lonpari überlegte ich nicht lange, wie es mit mir weitergehen sollte. Ich wünschte nur, daß ich freikäme. Hocherfreut, ohne einen Sen in der Tasche aus dem Haus gejagt, ging ich zuerst ins Takenoya. Im Takenoya wurde ich aber von der Mutter abgewiesen:
    »Es würde unserem Ruf schaden. Ich kann dich nicht wieder einstellen.«
    Weil mich auch alle Restaurants abwiesen, wußte ich mir keinen Rat, denn ich hatte keine Bleibe. Wenn ich mir's recht überlege, kenne ich mich außerhalb des Amüsiergewerbes überhaupt nicht aus. Ich kann mir gar nicht selber helfen.
    Ich wollte die Patronin des Ichiriki treffen, die immer so nett zu mir gewesen ist, und suchte das Ichiriki auf.
    »Ich bin vergattert worden, mich nicht um dich zu kümmern. Du tust mir zwar leid, aber ich kann leider nichts machen«, sagte die Patronin des Ichiriki, schenkte mir 5 Yen und betonte, daß sie Unannehmlichkeiten bekäme, wenn ich davon etwas sagte.
    Mit diesem Geld übernachtete ich in einem Gasthaus, aber ich bekam kein Auge zu, weil ich weder ein noch aus wußte. Ich begriff, daß es für mich in Suwa, wo der Lonpari was zu sagen hat, kein Auskommen mehr geben würde. Da reicht garantiert überall seine Hand hin. Und er hat anscheinend die Absicht, mich in eine Notlage zu bringen, damit ich merke, was ich ihm zu verdanken habe. Wenn ich nun zu Kreuze kriechend zu ihm zurückginge, würde ich aber dann in zehnmal schwerere Ketten gelegt und müßte mein ganzesLeben als Sklavin des Lonpari verbringen. Das ist völlig unerträglich. Mich allerdings noch mal in die Fluten des Sees zu stürzen, den Mut habe ich auch nicht mehr. Ich saß bös in der Tinte.
    Da kam mir meine leibliche Mutter in den Sinn, das Haus meiner Mutter, zu dem ich vom Haus des Großgrundbesitzers aus an der Hand meines Onkels gestapft war. Und ihr kalter Blick. Aber sie ist immerhin meine Mutter, die mich zur Welt gebracht hat. Irgend etwas wird sie schon für mich tun. Mit diesen Gedanken beschloß ich, meine Mutter zu besuchen.
    Am andern Tag fuhr ich mit dem Zug nach Shiojiri und gelangte mit Hilfe meines Gedächtnisses endlich zu dem Haus, aber die Mutter, die um Hilfe zu bitten ich gekommen war, wohnte nicht da. Ich erfuhr, daß ihr Mann vor sechs Jahren gestorben sei und daß sie ihre vier Kinder hierhin und dahin fortgegeben habe und mit einem anderen Mann irgendwo hingegangen sei. Einer meiner Brüder, hörte ich, lebe in der Nähe bei einem Maurerbetrieb, und auf der Stelle ging ich los, ihn aufzusuchen.
    Ein dunkelhäutiger Junge wie ein Stück Lumpen, das war mein Bruder. Mit großen Augen guckt er mich an.
    »Kennst du mich?«
    »Nee, keine Ahnung.«
    »Weißt du, wo die Mutter hingegangen ist?«
    »Nee, keine Ahnung.«
    Unter Tränen, ohne viele Worte, antwortete er mir. Ich ließ mir von meinem Bruder beschreiben, wo das Haus meines Onkels lag, und tippelte wieder los, mit leerem Bauch. Die Übernachtung gestern abend hat 4 Yen gekostet, die Zugfahrt 25 Sen, und in der Tasche habe ich nur noch 75 Sen. Außerdem wurde es langsam späte Nacht, und ich fand das gesuchte Haus nicht. Nie habe ich mich so hilflos gefühlt. Wennnur der

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