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Die letzte Geisha: Eine wahre Geschichte (insel taschenbuch) (German Edition)

Die letzte Geisha: Eine wahre Geschichte (insel taschenbuch) (German Edition)

Titel: Die letzte Geisha: Eine wahre Geschichte (insel taschenbuch) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sayo Masuda
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eigener Kraft brachte ich nichts zustande, bezischte mich mit Alkohol und malträtierte Leib und Seele mit einem Leben, in dem ich mich vollkommen gehenließ.
    Mit der Zeit bekam ich ein aufgedunsenes Gesicht, und auch die Glieder schwollen allmählich an. Oft fühlte ich unterhalb der Brust Schmerzen, als würde mir ein Bohrer reingedreht, ließ mir vom Arzt Morphium spritzen und unterdrückte den Schmerz vorübergehend, ließ mich aber weiter mit Sake vollaufen.
    Der Arzt sagte, meine Leber sei schlimm geschädigt, und wenn ich Dummheiten beginge, bestehe Lebensgefahr. Ichfreute mich, aus Dankbarkeit dafür, daß ich, so sündenbeladen wie ich bin, an einer Krankheit kaputtgehen darf.
    Dann wurde ich gelb im Gesicht; ich hatte mir die Gelbsucht geholt.
    »Wenn du nicht aufhörst mit der Sauferei, ist's aus mit dir. Auch als Arzt kann ich dann nichts mehr für dich tun. Patienten, die sich trotz besseren Wissens tatenlos in den Tod gehen lassen, können mir gestohlen bleiben. Am Ende heißt's, gar, ich hätte dich umgebracht. Mit dir gebe ich mich nicht länger ab«, sagte der Arzt zornig.
    »Wenn Sie nicht wollen, dann lassen Sie's halt bleiben, Ärzte gibt's wie Sand am Meer«, gab ich trotzig zurück, soff Sake und tobte mich aus, indem ich in der Nacht in den Teich sprang, auf Bäume raufkletterte oder laut brüllte. Schließlich wurde Karuta böse.
    »Du hoffst vielleicht ernsthaft, trotzig zu sterben, aber versetz dich bitte mal in mich, wenn ich mir vorwerfen lassen muß, ich hätte dich damit umgebracht, daß ich dich nicht zum Arzt geschickt habe. Wenn du unbedingt sterben willst, dann geh bitte woandershin und stirb da. Weil ich deinen Kummer kenne, hab ich bis jetzt nichts gesagt, aber wenn sich jemand so hängenläßt, dann soll er von mir aus draufgehen.«
    Ich weiß, daß Karuta das nicht ernst gemeint hat. Es war ihr Mitgefühl, mich auf diese Weise zum Arzt gehen und mit dem Alkohol aufhören zu lassen. Aber ich war noch nicht soweit, um ihre Anteilnahme folgsam zu akzeptieren.
    »Dann geh ich halt. Das wird dir ja wohl lieber sein.«
    Ich nahm alles Geld, das ich besaß, und lief fort.
    Glück und Unglück
    Als ich in den Bus nach Matsumoto stürmte, hatte ich vor, jetzt aber wirklich zu sterben. Diesmal wollte ich erfrieren; ich hatte mich dazu entschlossen, weil es heißt, der Kältetod sei angenehm, und ging erst mal zum Grab meines Bruders.
    In Matsumoto angelangt, sah ich mich um nach Verbindungen nach Shiojiri. Der Zug fuhr erst in einer Stunde, der Bus erst in 30 Minuten. Kaum hatte ich mich resignierend ins Wartezimmer gesetzt, setzten die stechenden Schmerzen unterhalb der Brust wieder ein. Bei einem Arzt in der Nähe ließ ich mir eine Spritze geben, aber zwei bis drei Stunden nach der Spritze werde ich immer schläfrig, auch wenn ich nicht schlafen will. Also fuhr ich auf der Stelle mit der Droschke in den Thermal-Kurort Asama, wo ich vielleicht zweimal mit meinem Geliebten übernachtet hatte. In Asama schlief ich zwei Tage lang wie ein Murmeltier, und am dritten Tag ging ich nach der Mittagszeit weg, raus in den Schnee, der in dichten Flocken fiel. Als ich zur Haltestelle schlenderte, rief auf einmal jemand:
    »Bist du nicht Schwester Tsuru?«
    Ich starre die Frau mit fragendem Blick an. Eine weiße Schürze, aber so verschmuddelt, daß man kaum ahnt, daß die mal weiß gewesen ist. Vor Staub graues Haar. Die Frau steht da und grinst mich mit gelb gebleckten Zähnen im sommersprossigen Gesicht an. Das Kind auf ihrem Rücken scheint gerade erst zur Welt gekommen zu sein.
    »Wer sind Sie denn?«
    »Du bist doch Schwester Tsuru, oder? Ich bin Fusako.«
    Es war Fusachan, die bei meinem Friseur das Kind gehütet hatte. Ich war so verdattert, daß ich keinen Ton rausbrachte.
    »Komm doch auf einen Augenblick zu mir! Wir haben uns so lang nicht gesehen!« drängte sie mich, und weil ich mich nach Gesellschaft sehnte, ging ich mit.
    Ich staunte: Auch so was nennt sich ein Haus! Sie sagt, das sei das Haus ihres Schwagers. An der Seite war ein Lattenverschlag angebracht als Ersatz für ein Dach, das Ganze rings mit Stroh umgeben. Wo man reinkommt, ist die Anrichte, und dahinter ein Raum, etwa 6 Tatami groß, in der Ecke zerschlissene Matratzen aufgestapelt, daneben zwei Kisten in der Größe von Teekisten, und obendrauf eine löcherige Reisetasche, das scheint der gesamte Besitz zu sein.
    »Ich hab leider kein ordentliches Sitzkissen«, sagt Fusachan und läßt mich Platz nehmen. »Ich hab nichts

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