Die letzte Generation: Roman (German Edition)
versuchen, zuversichtlich zu erscheinen, ganz gleich, was er wirklich empfand.
»Sie müssen ein Haufen von Narren sein«, sagte Stormgren verächtlich, »wenn Sie annehmen, dass Sie die Overlords so leicht überlisten können! Was wollten Sie damit überhaupt bezwecken?«
Joe bot ihm eine Zigarette an, die Stormgren ablehnte, zündete sich selbst eine an und setzte sich auf den Tischrand. Als es bedrohlich knackte, sprang er hastig herunter.
»Unsere Beweggründe«, begann er, »dürften recht einleuchtend sein. Wir haben festgestellt, dass Verhandlungen zwecklos sind, deshalb müssen wir andere Maßnahmen ergreifen. Es hat schon früher Untergrundbewegungen gegeben, und selbst Karellen wird es trotz all seiner Macht nicht leicht fallen, mit uns fertig zu werden. Wir wollen für unsere Unabhängigkeit kämpfen. Missverstehen Sie mich nicht. Es wird keine gewaltsamen Aktionen geben, zumindest nicht zu Anfang, aber die Overlords müssen sich menschlicher Vermittler bedienen, und diesen können wir das Leben äußerst unangenehm machen.«
Und er sollte vermutlich das erste Opfer sein, dachte Stormgren. Er fragte sich, ob er tatsächlich mehr als nur einen Bruchteil der Geschichte erfahren hatte. Glaubten sie wirklich, dass sich Karellen durch diese Gangstermethoden auch nur im Geringsten beeinflussen ließ? Andererseits stimmte es, dass eine gut organisierte Widerstandsbewegung große Schwierigkeiten verursachen konnte. Denn Joe hatte den Finger auf den einzigen schwachen Punkt in der Herrschaft der Overlords gelegt. Letztlich wurden all ihre Befehle durch menschliche Mittelsmänner ausgeführt. Wenn diese durch Terror zum Ungehorsam gezwungen wurden, konnte das gesamte System zusammenbrechen. Die Gefahr war jedoch nur gering, da Stormgren zuversichtlich war, dass Karellen bald eine Lösung finden würde.
»Was beabsichtigen Sie mit mir zu tun?«, fragte Stormgren schließlich. »Bin ich eine Geisel?«
»Machen Sie sich keine Sorgen ... wir werden Sie gut behandeln. In wenigen Tagen erwarten wir einige Besucher, und bis dahin werden wir Sie unterhalten, so gut wir können.« Er fügte ein paar Worte in seiner eigenen Sprache hinzu, und einer der anderen zog ein funkelnagelneues Kartenspiel aus der Tasche.
»Wir haben die Karten eigens für Sie gekauft«, erklärte Joe. »Ich habe neulich in der Time gelesen, dass Sie ein guter Pokerspieler sind.« Seine Stimme wurde plötzlich ernst. »Ich hoffe, Sie haben genügend Geld in der Brieftasche«, sagte er besorgt. »Wir haben gar nicht daran gedacht nachzusehen. Schließlich können wir keine Schecks annehmen.«
Völlig überwältigt, starrte Stormgren seine Entführer an. Mit einem Mal wurde ihm die Komik der Situation bewusst, und er hatte das Gefühl, als wären ihm alle Sorgen und Mühen seines Amtes von den Schultern genommen worden. Von jetzt an musste van Ryberg sich bewähren. Stormgren konnte nichts mehr bewirken, was auch geschehen mochte. Und nun warteten diese fantastischen Verbrecher unruhig darauf, mit ihm Poker zu spielen.
Plötzlich warf er den Kopf zurück und lachte, wie er es seit Jahren nicht getan hatte.
Ohne Zweifel, dachte van Ryberg verdrießlich, sagte Wainwright die Wahrheit. Vielleicht ahnte er etwas, aber er wusste nicht, wer Stormgren entführt hatte. Und er billigte die Entführung nicht. Van Ryberg vermutete, dass Extremisten in der Freiheitsliga seit einiger Zeit Druck auf Wainwright ausgeübt hatten, um ihn zu einer aktiveren Politik zu veranlassen. Jetzt hatten sie die Sache selbst in die Hand genommen.
Die Entführung war wunderbar organisiert worden, daran bestand kein Zweifel. Stormgren konnte sich überall auf der Erde befinden, und die Hoffnung, ihn aufzuspüren, schien gering. Aber irgendetwas musste getan werden, sagte sich van Ryberg, und zwar schnell. Trotz der Witze, die er so häufig gemacht hatte, hegte er Karellen gegenüber eine tiefe Ehrfurcht. Die Vorstellung, dem Verwalter persönlich zu begegnen, erfüllte ihn mit Bestürzung, aber es schien keine Alternative zu geben.
Die Nachrichtenabteilung nahm den ganzen obersten Stock des großen Gebäudes ein. Reihen von Fernschreibern, von denen einige schwiegen, andere eifrig tickten, zogen sich durch die Räume. Sie spuckten endlose Statistiken aus – Produktionsergebnisse, Bevölkerungszahlen und die Buchführung der Weltwirtschaft. Irgendwo oben in Karellens Schiff musste sich das Gegenstück zu diesem großen Raum befinden, und van Ryberg fragte sich mit
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