Die letzte Generation: Roman (German Edition)
Schließlich war es ja möglich, dass Rupert dieses Mal sesshaft würde. »Ich bin George Greggson. Sie sind zum ersten Mal auf einer von Ruperts berühmten Partys?«
»Ja. Hier lernt man auf jeden Fall eine Menge neuer Menschen kennen.«
»Und nicht nur Menschen«, fügte George hinzu. »Ich hatte zum ersten Mal die Gelegenheit, einem Overlord zu begegnen.«
Der andere zögerte einen Augenblick, ehe er antwortete, und George fragte sich, welche empfindliche Stelle er getroffen haben mochte. Aber seiner Erwiderung ließ sich nichts entnehmen.
»Ich hatte auch noch keinen gesehen, außer natürlich im Fernsehen.«
Hier erlahmte die Unterhaltung, und kurz darauf begriff George, dass Jan allein sein wollte. Außerdem wurde es kalt, und so verabschiedete er sich und begab sich wieder zur Gesellschaft.
Im Dschungel war es nun still. Als Jan sich gegen die gewölbte Wand der Klimaanlage lehnte, hörte er kein Geräusch außer dem leisen Raunen des Hauses, das durch seine mechanischen Lungen atmete. Er fühlte sich sehr einsam, aber genau das wollte er jetzt sein. Er fühlte sich aber auch sehr enttäuscht, und das war etwas, wonach er durchaus kein Verlangen hatte.
8
U topia kann niemandem auf Dauer befriedigen. Wenn sich die materiellen Bedingungen verbessern, steigern die Menschen ihre Ansprüche und werden unzufrieden mit Machtverhältnissen und Besitztümern, an die sie früher nicht einmal in ihren kühnsten Träumen zu denken gewagt hätten. Und selbst wenn die Außenwelt ihnen alles gegeben hat, bleibt immer noch der Forscherdrang des Geistes und die Sehnsucht des Herzens.
Obwohl Jan Rodricks selten sein Glück zu schätzen wusste, wäre er in einem früheren Zeitalter noch unzufriedener gewesen. Vor hundert Jahren wäre seine Hautfarbe ein gewaltiger, vielleicht sogar erdrückender Nachteil gewesen. Heute hatte dieser Umstand jede Bedeutung verloren. Die unausweichliche Reaktion hatte darin bestanden, dass die Schwarzen zu Beginn des einundzwanzigsten Jahrhunderts ein gewisses Gefühl der Überlegenheit empfunden hatten, doch diese Phase war längst vorbei. Bezeichnungen für schwarze Bevölkerungsgruppen wurden genauso selbstverständlich und ohne besonderen Gefühlsinhalt benutzt wie die für Republikaner, Methodisten, Konservativer oder Liberale.
Jans Vater war ein charmanter Schotte gewesen, der sich einen bedeutenden Namen als Zauberkünstler gemacht hatte. Sein Tod im frühen Alter von fünfundvierzig Jahren war durch den übermäßigen Genuss des berühmtesten Erzeugnisses seines Landes verursacht worden. Obwohl Jan seinen Vater nie völlig betrunken erlebt hatte, konnte er sich nicht erinnern, ihn jemals nüchtern gesehen zu haben.
Frau Rodricks, die noch sehr lebendig war, lehrte an der Universität von Edinburgh Höhere Wahrscheinlichkeitstheorie. Es war typisch für die große Beweglichkeit der Menschen des einundzwanzigsten Jahrhunderts, dass Frau Rodricks, die pechschwarz war, in Schottland auf die Welt gekommen war, während ihr aus seinem Vaterland ausgewanderter, blonder Mann fast sein ganzes Leben auf Haiti verbracht hatte. Maia und Jan hatten nie ein richtiges Zuhause gehabt, sondern waren zwischen den Familien ihrer Eltern wie zwei kleine Federbälle hin- und hergeflogen. Das hatte den beiden zwar Spaß gemacht, aber es hatte nicht dazu beigetragen, die Unbeständigkeit auszumerzen, die sie beide von ihrem Vater geerbt hatten.
Mit siebenundzwanzig Jahren hatte Jan immer noch mehrere Studienjahre vor sich, ehe er ernsthaft über seine Karriere nachdenken musste. Er hatte ohne Schwierigkeiten sein Abschlussexamen gemacht, und zwar in einem Studiengang, der hundert Jahre zuvor sehr sonderbar erschienen wäre. Seine Hauptfächer waren Mathematik und Physik gewesen, aber als Nebenfächer hatte er Philosophie und Musik gewählt. Selbst nach den hohen Anforderungen der Zeit war er ein erstklassiger Amateurpianist.
In drei Jahren würde er seinen Doktor der Physik machen, mit Astronomie als Zweitfach. Das würde sehr viel Arbeit erfordern, aber Jan war damit ganz zufrieden. Er studierte an der vielleicht am schönsten gelegenen Hochschule der Welt: an der Universität Kapstadt am Fuß des Tafelberges.
Er hatte keine materiellen Sorgen, und doch war er unzufrieden und sah keinen Ausweg aus seiner Lage. Zu allem Überfluss hatte Maias Glück, obwohl er es ihr nicht im Mindesten neidete, die Hauptursache seiner eigenen Nöte stärker hervortreten lassen.
Denn Jan litt noch immer an der
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