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Die letzte Generation: Roman (German Edition)

Die letzte Generation: Roman (German Edition)

Titel: Die letzte Generation: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur C. Clarke
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romantischen Illusion – die viel Elend und viel Poesie hervorgebracht hatte – dass jeder Mensch nur eine wahre Liebe in seinem Leben hatte. Ungewöhnlich spät hatte er zum ersten Mal sein Herz verloren, an eine Dame, die mehr wegen ihrer Schönheit als wegen ihrer Beständigkeit bekannt war. Rosita Tsien behauptete wahrheitsgemäß, dass das Blut der Mandschu-Kaiser in ihren Adern floss. Sie hatte noch immer viele Untertanen, darunter den größten Teil der Wissenschaftlichen Fakultät in Kapstadt. Jan war von ihrer zarten, blumenhaften Schönheit gefangen genommen worden, und die Affäre war weit genug vorangeschritten, um ihre Beendigung umso bitterer zu machen. Er konnte sich nicht vorstellen, was schief gegangen war...
    Er würde natürlich darüber hinwegkommen. Andere Männer hatten ähnliche Katastrophen überlebt, ohne irreparablen Schaden zu nehmen, und hatten sogar einen Punkt erreicht, an dem sie sagen konnten: »Ich bin überzeugt, dass es mir mit dieser Frau nie wirklich ernst gewesen war.« Aber eine solche Einstellung lag für Jan noch in ferner Zukunft, und im Augenblick stand er mit dem Leben auf sehr schlechtem Fuß.
    Sein zweites Problem war erheblich schwieriger zu lösen, denn es betraf die Einengung seines Ehrgeizes durch die Overlords. Jan war ein Romantiker, nicht nur im Herzen, sondern auch mit dem Verstand. Ähnlich vielen anderen jungen Männern hatte er, seit die Luft erfolgreich erobert worden war, seine Träume und Fantasien die unerforschlichen Ozeane des Weltraums durchstreifen lassen.
    Vor hundert Jahren hatte der Mensch seinen Fuß auf die Leiter gesetzt, die ihn zu den Sternen führen konnte. Genau in jenem Augenblick – konnte es ein Zufall sein? – war ihm die Tür zu den Planeten vor der Nase zugeschlagen worden. Die Overlords hatten nur wenige Verbote für menschliche Betätigungen erlassen. Das Verbot, Krieg zu führen, war vielleicht die große Ausnahme. Aber die Forschung auf dem Gebiet des Weltraumflugs war praktisch völlig eingestellt worden. Der Vorsprung, den die Overlords durch ihre Wissenschaft erlangt hatten, war einfach zu groß. Zumindest vorläufig hatte der Mensch den Mut verloren und sich anderen Aktivitäten zugewendet. Es hatte keinen Sinn, Raketen zu entwickeln, wenn die Overlords unendlich überlegene Fortbewegungsmittel besaßen, die auf Prinzipien beruhten, über die sie nie etwas verlauten ließen.
    Ein paar hundert Menschen hatten den Mond besucht, um ein lunares Observatorium zu errichten. Sie waren als Passagiere in einem kleinen, von den Overlords zur Verfügung gestellten Schiff mit Raketenantrieb gereist. Es lag auf der Hand, dass man aus dem Studium dieses primitiven Gefährts wenig lernen konnte, selbst wenn die Besitzer es vorbehaltlos den wissbegierigen irdischen Wissenschaftlern überließen.
    Der Mensch war daher immer noch ein Gefangener auf seinem eigenen Planeten. Es war ein viel schönerer, aber auch viel kleinerer Planet als vor hundert Jahren. Als die Overlords Krieg, Hunger und Krankheit abschafften, hatten sie auch das Abenteuer abgeschafft.
    Der aufgehende Mond übergoss den östlichen Himmel mit einem blassen, milchigen Schein. Dort oben, innerhalb der Plato-Kraterwälle, befand sich der Hauptstützpunkt der Overlords. Obwohl die Versorgungsschiffe seit mehr als siebzig Jahren eingetroffen und abgeflogen sein mussten, hatte man erst zu Jans Lebzeiten auf jede Tarnung verzichtet. Nun konnte man in den Zweihundert-Zoll-Teleskopen die Schatten der großen Schiffe sehen, die von der Morgen- oder Abendsonne auf die Ebenen des Mondes geworfen wurden. Da alles, was die Overlords taten, von ungeheurem Interesse für die Menschheit war, beobachtete man sorgfältig das Kommen und Gehen. Und allmählich wurde zwar nicht die Ursache, aber doch das Muster ihres Verhaltens deutlich. Einer dieser großen Schatten war vor wenigen Stunden verschwunden. Das bedeutete, wie Jan wusste, dass irgendwo in der Nähe des Mondes ein Overlord-Schiff im Raum wartete und die nötigen Vorkehrungen traf, bevor es zu seiner fernen, unbekannten Heimat aufbrechen konnte.
    Er hatte nie gesehen, wie eines dieser heimkehrenden Schiffe zu den Sternen startete. Wenn die Bedingungen gut waren, konnte man es in der halben Welt sehen, aber Jan hatte immer Pech gehabt. Man konnte nie genau sagen, wann die Abreise erfolgte, und die Overlords kündigten sie nicht an. Er beschloss, noch zehn Minuten zu warten und sich dann wieder der Party anzuschließen.
    Was war das?

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