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Die letzte Jungfrau ...

Die letzte Jungfrau ...

Titel: Die letzte Jungfrau ... Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Day Leclaire
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Besonderes, und sogar die milde Luft mit ihrem Duft nach Meer und Marschland war einzigartig.
    Sam verschränkte die Arme hinter dem Kopf und gestand sich endlich etwas ein, was ihn in den letzten Jahren insgeheim verfolgt hatte: Er war das Leben in New York leid, die Hektik an der Wall Street und die endlos scheinenden Arbeitstage. Sogar die kurz angebundene Redeweise der Großstädter ging ihm auf die Nerven. Ihm war bisher nicht deutlich bewusst gewesen, wie sehr er sich danach gesehnt hatte, wieder den weich klingenden heimatlichen Dialekt zu hören, oder danach, einfach mal Auszeit zu nehmen und Kindern beim Baseballspielen zuzusehen. Oder bei Sonnenuntergang am Strand spazieren zu gehen, mit den Füßen im Wasser — und eine Frau in die Arme zu nehmen und zu lieben. Immer wieder.
    Ja, er hatte Delacorte Island vermisst. Und plötzlich war Sam sich völlig sicher: Er würde die Insel nicht verlassen — und sich nicht noch einmal vertreiben lassen. Hier war sein Zuhause, und hier würde er bleiben.
    Er beschloss, gleich am nächsten Morgen seine Geschäftspartnerin Diana Starr anzurufen und ihr mitzuteilen, dass er seinen Firmenanteil verkaufen wolle. Sie würde nicht glücklich darüber sein, aber das konnte er nicht ändern. Diana war eine smarte New Yorkerin und würde bald Ersatz für ihn finden. Wahrscheinlich würden die Bewerber ihr die Tür einrennen, denn Diana konnte ebenso erfolgreich mit Geld umgehen wie er.
    Nachdem er diesen Entschluss gefasst hatte, drehte Sam sich auf die Seite und entdeckte, dass der letzte Punkt auf seiner Wunschliste, nämlich eine Frau in die Arme zu nehmen und zu lieben, in Reichweite war: Neben ihm lag Annie und schlief fest.
    Eine Minute lang überlegte Sam, ob er das einzig Richtige tun und das Zimmer aufsuchen solle, das Myrtle ihm zugedacht hatte. Dann entschied er sich dagegen. Er war schon von der Abstammung her kein Ehrenmann und hatte alles getan, um sich einen schlechten Ruf zu erwerben. Weshalb sollte er sich plötzlich ändern. Außerdem hatte er Annie versprochen, sein Bestes zu tun, um sie zu kompromittieren. Und sein Wort hielt er!
    Behutsam nahm er sie in die Arme und schmiegte sich an eng an sie. Sie schlief friedlich weiter. Ihm würde bestimmt kein so ruhiger Schlaf vergönnt sein, aber das war ihm gleichgültig. Die bittersüßen Empfindungen, die ihn durchfluteten, wogen alles andere auf.
    Nur langsam wachte Annie auf, was für sie ungewöhnlich war. Da gab es aber noch etwas, was seltsam war und das sie nicht ganz dingfest machen konnte. Zum einen war es später als üblich: Der helle Sonnenschein, der ins Zimmer flutete, verriet ihr, dass es nach sieben Uhr sein musste. Zum anderen war ihr auch sehr warm, obwohl das Fenster offen stand und eine leichte Brise die Vorhänge wehen ließ. Vielleicht fühlte sie sich eigenartig, weil sich die Decke um ihre Beine gewickelt hatte? Annie seufzte gereizt und versuchte, sie mit dem Fuß beiseitezustoßen.
    “Pass auf, was du tust”, sagte Sam halblaut. “Du könntest jemand verletzen.”
    In Panik schlug sie um sich, aber es nützte ihr nichts. Er drehte sich um und nahm sie in die Arme.
    “Lass mich mal raten: Du bist ein Morgenmuffel, stimmt’s, Schatz?”
    Sie brauchte einige Sekunden, um ihre Gedanken zu ordnen und die Sprache wiederzufinden. “Was machst du in meinem Bett, Sam?”
    “Es ist mein Bett.”
    “Das war es mal. Jetzt ist es meines. Und ich will, dass du es sofort verlässt!”
    “Du hast die ärgerliche Angewohnheit, dir anzueignen, was mir gehört.” Er fuhr sich über das stoppelige Kinn. “Darüber müssen wir unbedingt mal reden.”
    “Raus aus meinem Bett!”, rief sie.
    “Wenn du weiter so schreist, stehen bald sämtliche Stadtbewohner hier drin. Dann ist dein Ruf wirklich beim Teufel.” Er zog eine Augenbraue hoch. “Oder willst du vielleicht genau das erreichen?”
    Das setzte sie vorübergehend schachmatt. Hinter vorgehaltener Hand sagte sie etwas und funkelte ihn an.
    “Was hast du gesagt?”, fragte er neckend. “Ich habe es nicht verstanden.”
    “Du bist ein Unruhestifter, Sam Beaumont”, beklagte sie sich. “Hier war alles bestens in Ordnung, bis du wieder aufgetaucht bist.”
    “Erstens glaube ich dir das nicht, und zweitens ist mit dir nicht alles in Ordnung.”
    Misstrauisch sah sie ihn an. “Wie meinst du das?”
    “Hast du vielleicht angenommen, Myrtle würde mich nicht benachrichtigen, wie eigenartig du dich in letzter Zeit aufgeführt hast?”
    Annie

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