Die letzte Jungfrau ...
niedlich.”
“Ach hör auf! Du verstehst das nicht. Dann habe ich ein provozierendes Schild vors Haus gestellt und anschließend jedermann erlaubt, es zu übermalen. Schließlich habe ich mir den Nabel piercen lassen.” Sie stöhnte schaudernd. “Oder es wenigstens versucht.”
“Und deshalb hast du jetzt eine Schmucknarbe. Das finde ich sehr verwegen.”
“Nicht wenn man bedenkt, dass ein Beaumont sich den verflix… den verdammten Ring durch den Nabel hätte bohren lassen. Ich kann einfach nichts richtig falsch machen, stimmt’s? Ich kann ja nicht mal richtig fluchen.” Sie schob ihn weg und eilte zur Tür.
“Annie, warte!”
Das traute sie sich nicht, denn sie hatte ohnehin schon zu viel gesagt. Lieber Himmel, was sollte sie nur tun? Wie sollte sie Sams unablässigen, bohrenden Fragen ausweichen? Glücklicherweise kam er ihr nicht sofort nach, und sie hoffte, er würde sich jetzt vollständig anziehen. Ihr war bisher nie aufgefallen, wie beunruhigend nackte Haut wirken konnte — zumindest Sams nackte Haut.
In der Küche ging Annie geradewegs zum Tresen, auf dem die Kaffeemaschine stand, und stellte erfreut fest, dass Myrtle schon Kaffee gemacht hatte, bevor sie zu ihrer ehrenamtlichen Arbeit im Gemeindezentrum aufgebrochen war. Mit bebenden Händen goss Annie sich einen Becher voll Kaffee ein und fügte einige gehäufte Löffel Zucker dazu. Normalerweise trank sie Kaffee mit Milch, aber jetzt hatte sie Lust auf starken, schwarzen und süßen Kaffee.
“Was dagegen, wenn ich mich dir anschließe?”, fragte Sam von der Tür her und sah Annie an, wie man ein fauchendes Kätzchen betrachtet: vorsichtig, aber keineswegs eingeschüchtert.
“Natürlich nicht.” Sie war ja so höflich und zuvorkommend! Wenn sie es nicht besser gewusst hätte, hätte sie geschworen, die guten Manieren würden ihr im Blut liegen. Sie füllte einen zweiten Becher mit Kaffee und reichte ihn Sam. “Du trinkst ihn vermutlich immer noch unverziert?”
Er lehnte sich lässig an den Tresen, wirkte aber nicht wirklich entspannt. “Den Ausdruck habe ich seit Langem nicht mehr gehört. Da bekomme ich richtig Heimweh.”
“Vermisst du das Leben auf der Insel?”
Er nickte. “Ja. Letzte Nacht habe ich darüber nachgedacht.”
“Nachdem du mein Bett geentert hattest?” Das hätte sie besser nicht gesagt.
“Mein Bett, Schatz.”
Ihre Wut flammte auf, was sie in letzter Zeit häufig tat. “Bitte komm mir jetzt nicht mit der unsinnigen Geschichte, du seist zufällig ins falsche Schlafzimmer geraten.”
“Ich war nicht …”
“Der Trick ist genauso alt wie der zu behaupten, das Benzin sei alle oder ein Reifen platt — natürlich immer an einer schön einsamen Stelle.”
“Falls du es vergessen hast, ich bin nicht zufällig in das besagte Bett geraten, sondern absichtlich, weil das Zimmer nämlich früher meines war.”
“Und ‘war’ ist das Wort, auf das es hier ankommt.”
Sam sah Annie eindringlich an. “Interessant, dass ihr es nicht für nötig gehalten habt, mich über die Nutzungsänderung zu informieren.” Er zog eine Braue hoch. “Oder war das ein weiterer Versuch von dir zu beweisen, wie wild du doch bist? Hast du gehofft, heute die Aufschrift auf dem Schild draußen übermalen zu können?”
“Glaub mir, Sam Beaumont, du wirst absolut nichts mit der Entfernung meines Schildes zu tun haben.”
“Jetzt machen Sie sich etwas vor, Miss Delacorte. Ich beabsichtige nämlich, mich persönlich darum zu kümmern.”
“Keine Chance! Du bist der letzte Mann, den ich in mein Bett bitten würde.”
“Ich war doch schon drin. Und du solltest deinem Glücksstern dafür danken, dass niemand weiß, dass wir einen Pyjama geteilt haben, sonst wäre dein guter Ruf Schnee von gestern.” Er schob ihr den Becher zu. “Und falls du Zweifel haben solltest: Du hättest jeden Moment genossen, wenn ich dich verführt hätte.”
“Oh!” Wütend goss sie Kaffee nach und verschüttete dabei ziemlich viel. “Wir haben keinen Pyjama geteilt, wie du es so schön formuliert hast.”
“Richtig. Ich war ja splitternackt.”
“Wenn du es wagst, das irgendjemand zu sagen, dann …”
“Kommen wir ungelegen?”, fragte in diesem Moment jemand amüsiert von der Tür her.
Annie wirbelte herum und wurde rot. “Pansy! Wie lange bist du schon hier?”
“Bertie und ich sind gerade erst ins Haus gekommen.” Pansy stieß ihren Mann mit dem Ellbogen an. “Stimmt’s, Schatz?”
“Klar”, log er zuvorkommend und
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