Die letzte Jungfrau ...
und niemand einschüchtern lassen.
“Darauf kann ich dankend verzichten, Sam.”
Er betrachtete sie mit zusammengekniffenen Augen. “Du willst wirklich nicht heiraten und Kinder haben?”
“Richtig.” Das klang kühl und endgültig, aber sie konnte es nicht ändern.
Sam sah sie besorgt an. “Jetzt weiß ich mit Sicherheit, dass mit dir etwas nicht stimmt. Du vergötterst Kinder doch. Früher wolltest du ein ganzes Dutzend haben.”
“Damals war ich achtzehn Jahre alt und verrückt.” Annie versuchte, möglichst locker zu klingen. “Nur eine Verrückte würde sich ein Dutzend Kinder wünschen. Jetzt unterrichte ich stattdessen mehrere Dutzend, und das genügt mir völlig.”
Er kam auf sie zu und blieb dicht vor ihr stehen. “Du willst wirklich nicht heiraten und ein Baby haben? Spüren, wie es in dir wächst und sich bewegt?”
Warum hörte er nicht auf nachzuhaken? Sie hatte doch schon geantwortet. Merkte er denn nicht, wie weh ihr seine Fragen taten. “Hör auf, Sam!”, bat sie ihn leise.
“Möchtest du wirklich keinen Sohn und keine Tochter haben, die du in den Armen halten kannst, Annie?”
“Nein, nein und nochmals nein! Man braucht keine Kinder, um ein erfülltes Leben zu führen.” Wie oft hatte sie sich das schon eingeredet — und wie oft sich dagegen aufgelehnt, dass ihr das Schicksal bestimmt hatte, auf Kinder verzichten zu müssen?
“Warum weinst du dann?” Er wischte ihr sanft eine Träne weg, die ihr unbemerkt über die Wange gerollt war. “Bist du unfruchtbar? Hast du es dir deswegen damals anders überlegt und mich weggeschickt?”
Sie wich einen Schritt zurück und stieß gegen die Kommode. “Wie kannst du das bloß fragen?”
“Ist das der Grund?” Sam blieb hartnäckig. Seine Stimme klang nun scharf.
“Soviel ich weiß, bin ich durchaus in der Lage, Kinder zu bekommen.” Annie rang um Beherrschung. “Und ich kann nur nochmals wiederholen, dass mit mir auch sonst alles in Ordnung ist.”
“Nein, das ist es bestimmt nicht, und — wie ich vermute — schon seit Langem nicht.” Er nahm sie in die Arme. “Vor sieben Jahren ist etwas geschehen und hat dich veranlasst, mich wegzuschicken.”
“Du hast recht: Ich hatte es mir anders überlegt und wollte dich einfach nicht mehr”, log sie, obwohl es ihr schwerfiel.
“Sag das nicht, Annie!”, bat er sie eindringlich. “Es gab einen anderen Grund, und er trennt uns weiterhin.”
Sie sah ihn an und bemerkte den Ausdruck von Schmerz in seinen dunklen Augen, den Kummer, den Sam mit seinem sorglosen Lächeln zu überspielen versuchte. Und sie hatte ihm das angetan! Sie hatte ihn zutiefst verletzt, als sie ihn sieben Jahre zuvor sitzen lassen hatte. Jeder andere Mann hätte sie daraufhin wahrscheinlich gehasst oder sie zumindest gemieden, weil sie nur Ärger bedeutete. Sam hingegen hatte vorsichtig Abstand gehalten — aber sobald Myrtle ihn alarmiert hatte, war er auf sein Motorrad gestiegen und in Windeseile zu ihr, Annie, zurückgekommen. Es schmerzte sie unendlich, dass sie ihn weiterhin auf Distanz zu halten gezwungen war.
“Lass es gut sein, Sam. Sag Myrtle, ich wäre so wild wie eine Dela…” Annie konnte nicht weitersprechen, denn ihre Gefühle überwältigten sie.
Er presste sie eng an sich. “Nicht weinen, Liebste!”, flüsterte er. “Alles wird gut. Wir finden gemeinsam eine Lösung.”
Sie schob seine Hände weg. “Hör mir gut zu, Sam Beaumont!” Mühsam versuchte sie, die Fassung wiederzugewinnen. “Ich bin einfach so rebellisch, wie es eine Delacorte nur sein kann. Am Maßstab der Beaumonts gemessen ist das vielleicht nicht sehr aufsässig, aber ich versichere dir, ich bin keineswegs die Heilige, die viele hier in mir sehen.”
Er lächelte sie zärtlich an. “Ja, du bist eine richtige kleine Wilde.”
Sie lachte, aber es klang verzweifelt. “Das will nicht viel heißen, oder?” Warum schaffte sie es einfach nicht, etwas richtig Schockierendes zu tun? “Ich fahre zwar mit deinem Motorrad herum, aber ich setze immer brav den Helm auf und achte darauf, dass mir der Rock nicht über die Knie geweht wird.”
“Ich gebe es nur ungern zu, aber dieses kleine Detail erfreut mich ungemein”, gestand Sam humorvoll und unterdrückte ein Lächeln.
“Und dann mein Haar!” Sie packte einige Locken und hielt sie hoch. “Habe ich das etwa komplett gefärbt? Ich habe daran gedacht. Ich wollte es tun. Aber dann hatte ich nur den Mut zu dieser albernen kleinen roten Strähne.”
“Die ist doch
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