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Die letzte Jungfrau ...

Die letzte Jungfrau ...

Titel: Die letzte Jungfrau ... Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Day Leclaire
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sei Myrtle zuliebe gewesen, weil sie sich Sorgen um mich gemacht habe. Ich hingegen glaube, du möchtest alte Rechnungen begleichen. Und nun erzählst du Pansy und Bertie, du würdest für längere Zeit bleiben wollen.”
    “Nein, für immer.”
    Schicksalsergeben nickte sie. Ihr stand also viel Kummer in den nächsten Monaten bevor. Sie würde Sam immer wieder zufällig im Supermarkt begegnen, oder wenn er einem Baseballspiel der Schüler zuschaute … Sie würde ihn, eine Tasse Tee vor sich, an Myrtles Küchentisch sitzen sehen, wenn sie nach Hause kam … Wie sollte sie es nur aushalten, ihm nahe zu sein, wenn er zugleich für sie unerreichbar blieb?
    “Das beantwortet meine Frage nicht”, sagte Annie schließlich.
    “Du meinst, was ich mit dir vorhabe?”
    Die Formulierung behagte ihr nicht. “Ja.”
    Nun lächelte Sam wieder breit. “Ich werde natürlich weiterhin versuchen, dich zu kompromittieren.”
    “Ich habe die Frage ernst gemeint”, erwiderte sie aufgebracht.
    “Und ich die Antwort. Da ich nicht darauf zählen kann, dass Pansy und Bertie mir die Schmutzarbeit abnehmen, muss ich mich selbst darum kümmern.” Er seufzte tief. “Es gibt noch so viel zu tun. Was hast du heute vor? Wenn ich mit meinen Vergeltungsmaßnahmen vorankommen will, muss ich deine Pläne kennen.”
    “Du kannst natürlich gehen, wohin du willst. Ich habe mich um meinen Job zu kümmern.”
    “Wirklich? Ich dachte, Lehrer hätten im Sommer ebenfalls schulfrei.”
    “Das schon, aber ich gebe Schülern der Highschool im Juli immer Nachhilfeunterricht — falls ich sie zusammentreiben kann.”
    “Und wo findest du deine verirrten Schäfchen?”
    Amüsiert sah sie ihn an. “Am Strand natürlich.”
    “Ach ja. Soll ich dir helfen?”
    “Nein, danke, Sam, ich schaffe das ganz allein.”
    Sie ließ ihm keine Zeit, darüber zu diskutieren, sondern nahm den Zündschlüssel des Motorrads und eilte nach draußen. Ihr war etwas flau im Magen, weil sie nichts gegessen hatte, aber sie traute sich nicht in die Küche zu Sam zurück. Er war ihr heute zu nahegekommen und hatte die Bollwerke, die sie zum Schutz ihrer Gefühle errichtet hatte, allzu leicht überwunden. Dagegen musste etwas unternommen werden.
    Schneller als erlaubt brauste Annie auf dem Motorrad durch den Ort zum einzigen Hafen der Insel. Dort hatte sie ein kleines Boot mit Außenbordmotor liegen, ein Geschenk ihrer Großmutter zu ihrem sechzehnten Geburtstag. Mit dem fuhr sie an den Tagen, wenn sie Nachhilfeunterricht gab, zu einer kleinen Insel namens Point Doom. Eigentlich war die nicht viel mehr als eine mit Sträuchern bewachsene Sandbank, und bei Ebbe konnte man zu Fuß dorthin gelangen. Das Gebiet war ideal fürs Surfen, und deshalb bezweifelte Annie nicht, dass sie ihre Schüler dort finden würde.
    Sie kletterte ins Boot und startete den Motor.
    “Lass mich dir helfen”, sagte Sam plötzlich über ihr auf der Pier und löste die Leinen. Dann sprang er ins Boot. “Na?” Er lächelte aufmunternd. “Worauf wartest du noch?”
    Auf dich, hätte sie fast zugegeben. Sie runzelte die Stirn, um zu verbergen, wie fröhlich ihr mit einem Mal zumute war. “Setz dich, bevor das Boot kentert”, forderte sie ihn auf. Sobald er sich im Bug niedergelassen hatte, steuerte sie aus dem Hafen zum offenen Wasser.
    “Im Ort hätte ich dich fast aus den Augen verloren”, bemerkte Sam.
    “Da es nur eine Hauptstraße gibt, war das sicher schwierig”, konterte Annie ironisch.
    “Ich meinte damit, dass du wirklich viel zu rasant mit meinem Motorrad unterwegs bist. Wenn du so weitermachst, nehme ich dir den Zündschlüssel weg.” Er ließ ihr keine Zeit, darüber zu streiten. “Wohin fahren wir?”
    “Point Doom.”
    “Deine Schüler sind bestimmt nicht dort. Es herrscht Flut, und der Wind weht aus Nordost, da ist, wie sie es bestimmt bezeichnen würden, am Nordstrand ‘Action’ angesagt.”
    “Das werden wir ja sehen.”
    Zehn Minuten später wusste Annie, dass Sam richtig vermutet hatte: Point Doom lag völlig verlassen da, und die Flut schnitt es von der Insel ab. “Wir sollten umkehren. Die Brandung ist zu stark für mein kleines Boot.”
    “Es wäre schade, bei dem schönen Wetter schon zurückzufahren. Steuer doch in den Sund, da ist das Wasser ruhiger”, schlug Sam ihr vor.
    “Keine Zeit, ich muss Nachhilfe geben.”
    “Deine Schüler haben sicher nichts dagegen, wenn sich der Unterricht um ein, zwei Stunden verzögert.”
    “Die bestimmt nicht, aber …”

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