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Die letzte Jungfrau ...

Die letzte Jungfrau ...

Titel: Die letzte Jungfrau ... Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Day Leclaire
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strich sie sich das Haar zurück, ohne an die offenen Knöpfe zu denken, und stieß dabei Ben auch noch unabsichtlich mit dem Ellbogen. “Der Tank ist tatsächlich leer.”
    “Das wollte ich dich vorhin schon fragen, Schatz: Warum dieser Aufwand? Wenn du mit mir allein sein möchtest, brauchst du mich doch nur darum zu bitten.”
    “Jetzt reicht es, Sam!” Sie drehte sich um. “Ben! Was, um alles in der Welt, machen Sie im Wasser?”
    “Ich … bin gestolpert.” Er kam wieder aufs Trockene.
    “Bitte helfen Sie mir, mein Boot von der Sandbank zu schieben. Der Bürgermeister kann es dann ins Schlepptau nehmen.”
    “Gern, Miss Annie. Was Sie wollen.”
    “Ich will nach Hause, und zwar sofort.” Offensichtlich fiel ihr auf, wie schroff das klang, und sie sah bestürzt aus. “Ich meine … wenn es nicht zu viel Mühe macht.” Wieder lächelte sie sanft wie ein Engel.
    “Gar nicht. Immer gern zu Diensten.” Ben machte vorsichtshalber einen Bogen um sie. “Wollen Sie auch zur Insel zurück, Sam?”
    “Ich habe hier so ziemlich alles erreicht, was unter den Umständen möglich war.” Er lächelte breit. “Oder kann ich noch etwas für Sie tun, Miss Delacorte?”
    Heftig stieß sie ihr Boot ins Wasser. “Nein — außer dich zu ertränken. Damit sparst du mir die Arbeit, dir den Hals umzudrehen.”
    Als das Boot schließlich wieder sicher vertäut im Hafen lag, wollte Annie nur noch lange und heiß duschen. Sie schwang sich aufs Motorrad, setzte sich den Helm auf und brauste mit wehendem Rock nach Hause. Dass Sam ihr dicht auf den Fersen blieb, wusste sie, auch ohne in den Seitenspiegel zu blicken.
    “Ich habe dich gewarnt”, begann Sam, sobald sie vor Myrtles Haus abgestiegen waren, “was passieren wird, wenn du nicht langsamer fährst. Da die Gesetzeshüter anscheinend kein Interesse daran haben, dich zu stoppen, muss ich es tun.” Er hielt ihr die Hand hin. “Den Zündschlüssel, bitte.”
    “Und wenn ich mich weigere?” Annie wich einen Schritt zurück.
    “Dann nehme ich ihn mir einfach.”
    Auf der Veranda hinter ihnen lachte jemand leise. “Lieber Himmel, Sam, erzähl mir nicht, du bist nur nach Hause zurückgekehrt, um kleine Mädchen zu erschrecken und ihnen ihr Spielzeug wegzunehmen.”
    Annie wirbelte herum und erblickte die aufsehenerregendste Frau, die ihr jemals vor Augen gekommen war. Ihr Haar war so dunkel wie Sams, aber viel kürzer, und stand stachelig vom Kopf ab. Bei jeder anderen hätte die Frisur lächerlich gewirkt, nicht aber bei dieser Frau. Langsam und anmutig ging sie die Verandastufen hinunter, was die Aufmerksamkeit unweigerlich auf ihre endlos langen, schlanken Beine lenkte, die von einem winzigen Minirock noch betont wurden. Ihre grünen Augen glitzerten, als sie Annie musterte, und die erwiderte den eindringlichen Blick unverwandt.
    Das ist bestimmt eine Menschen fressende Hexe, dachte Annie. Für ‘Hexe’ konnte man natürlich ein anderes Wort einsetzen — wenn man nicht an seinen Heiligenschein denken und solche boshaften Gedanken unterdrücken musste.
    Aber warum nur war die attraktive Fremde in genau diesem Augenblick aufgetaucht? Wahrscheinlich war sie auf übersinnlichem Weg davon informiert worden, dass sie, Annie, nach der Fahrt in Bürgermeister Pikes Boot nach Fisch riechen und ein völlig mit Sand verkrustetes Kleid tragen würde. Und ihr außerdem Salzwasser aus dem windzerzausten Haar tropfte. Ich hätte mir auch so eine Stachelfrisur zulegen sollen, statt mir eine Strähne rot zu färben, sagte Annie sich. Erstens schien Sam solche Stacheln zu bevorzugen, und zweitens wären die längst trocken.
    “Ich nehme die Formulierung ‘kleines Mädchen’ zurück”, sagte die Fremde und betrachtete Annies klaffenden Ausschnitt. Dann wandte sie sich Sam zu. “Du bist wirklich ein Teufelskerl.”
    “Na sieh mal, was die Katze nun wieder angeschleppt hat!” Sam hob die Frau hoch und wirbelte sie einmal herum. Dann gab er ihr einen Kuss auf die Wange. “Was machst du denn hier, Diana?”
    “Hallo, Lover! Ich bin auf der Durchreise und dachte mir, ich sehe mal nach dir.”
    Dianas Akzent verriet deutlich, dass sie aus New York kam, und nun wusste Annie, dass die andere log. Man kam nicht auf der Durchreise nach Delacorte Island, denn es lag völlig abseits. Sie verschränkte die Arme und wartete darauf, dass Sam Diana eine Lügnerin heißen würde, stattdessen aber lachte er.
    “Ich bin froh, dass du das getan hast. Darf ich euch miteinander bekannt

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