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Die letzte Lüge: Thriller (German Edition)

Die letzte Lüge: Thriller (German Edition)

Titel: Die letzte Lüge: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter de Jonge
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NYU beziehungsweise Miss Porters bereitgestellten Bussen angereist sind. Der Pfarrer kannte weder Pena noch ihre Familie besonders gut und besitzt den seltenen Anstand, nicht so zu tun als ob. Das ist nicht notwendig. Eine schlichte Zusammenfassung von Penas kurzem Leben genügt, um sämtlichen Anwesenden Tränen in die Augen zu treiben.
    Als der Pfarrer den Gottesdienst beschließt, wartet O’Hara ab, bis sich die Menge draußen verzogen hat, und geht auf Tomlinson zu, die auf ihrem Platz sitzen bleibt und heult. »Das ist mehr, als ich verkraften kann, Detective«, sagt sie. Auf einer Beerdigung zu arbeiten mag gegen die guten Sitten verstoßen, doch im Gegensatz zu ihren Kollegen, die in der nächstbesten Kneipe sitzen und sich die erste Runde bereits hinter die Binde gekippt haben, ist O’Hara hier, um etwas herauszubekommen und nicht, um scheinheilig Beileid zu wünschen und sich zu besaufen. »Dr. Tomlinson, da ich Sie gerade in einem ruhigen Moment erwische, würde ich Sie gerne zu einem Sachverhalt befragen, über den mich mein Kollege gerade informiert hat. Bei der Durchsicht der auf Penas Handy eingegangenen Anrufe fiel ihm auf, dass Sie in einer Woche Anfang Oktober über zwanzigmal angerufen haben.«
    »Möglich, dass ich so oft angerufen habe«, sagt Tomlinson, »aber ich habe kein einziges Mal mit ihr gesprochen. Und sie hat auch nicht zurückgerufen.«
    »Weshalb wollten Sie sie sprechen?«
    »Ich hatte das schreckliche Gefühl, dass sie in der Klemme steckt. Ich hätte Ihnen das sagen sollen, als Sie mich aufsuchten. Tut mir leid.«
    »Weshalb hatten Sie den Eindruck, dass etwas nicht stimmt?«
    »Francesca hatte sich verändert. Es war nichts Bestimmtes, aber mir war es aufgefallen. Wenn jemand wie Francesca ihr Leben verändert, ist die Versuchung enorm, dabei das Ziel aus den Augen zu verlieren. Sie hatte gerade erst einen sehr großen Schritt gemacht. Sie war neunzehn und allein in einer großen Stadt.«
    »Was meinen Sie? Ich habe Penas Aufsätze gelesen. Ihre Noten hätten vielleicht besser sein können, aber mir ist kein Durchhänger aufgefallen.«
    »Vielleicht habe ich mir das auch nur eingebildet«, sagt Tomlinson, kurz davor, die Nerven zu verlieren. »Ich hoffe, bei Gott, dass es so war. Denn das habe ich mir immer wieder gesagt, als ich meine Anrufe einstellte. Jetzt ist allerdings offensichtlich, dass ich nicht annähernd genug unternommen habe. Ich hätte sie nicht zwanzigmal anrufen sollen, ich hätte es tausendmal versuchen müssen. Ich hätte sie in ihrer Wohnung besuchen und an ihre Tür klopfen müssen. Ich hätte einen Termin bei der Studentenberatung mit ihr vereinbaren und dafür sorgen müssen, dass sie ihn einhält. Aber was habe ich getan? Nichts.«
    Tomlinson gestikuliert derart ausladend, dass O’Hara eine Szene befürchtet und sich zurückzieht. Sie verlässt die Kirche und steigt die Treppe in den Keller hinunter, wo bereits an drei Wänden die Menschen Schlange stehen, um Penas Eltern zu kondolieren. Wie schon im Wartezimmer vor dem Büro des Gerichtsmediziners scheint Penas Stiefvater von der Trauer völlig überwältigt. Ingrid Coppalano steht neben ihrem schwankenden Mann und übernimmt die vorgeschriebenen Dialoge mit Nachbarn und Studenten. Dominic Coppalano gelingt es nur dank der Bemühungen eines aufmerksamen Verwandten, sich auf den Füßen zu halten. Jetzt, wo die anderen Polizisten gegangen sind, reiht sich O’Hara ebenfalls in die Schlange und stellt sich erneut vor. »Ich bin Detective Darlene O’Hara vom NYPD. Wir haben telefoniert und uns kurz im Büro des Gerichtsmediziners unterhalten. Sie müssen sehr stolz auf Ihre Tochter gewesen sein.«
    »Sie haben ja gesehen, was hier los war«, sagt Coppalano. »Die sind in Bussen angereist.«
    »Das war überwältigend«, sagt O’Hara.
    »Nicht nur, dass es viele waren«, sagt Coppalano mit einem bitteren Ton in der Stimme. »Auch die Qualität zählt.«
    »Ist denn jemand aus Ihrer Zeit in Chicago hier?«, fragt O’Hara.
    »Nur ich. Als wir aus Chicago wegzogen, haben wir uns geschworen, nie mehr zurückzublicken. Nur noch nach vorne. Detective, wussten Sie, dass meine Tochter nicht nur an der NYU angenommen wurde? Sie hatte auch Einladungen von Harvard und Yale.«
    »Nein, das wusste ich nicht«, sagt O’Hara. »Das ist sehr beeindruckend.«
    Sie drückt Ingrid Coppalano ein letztes Mal die Hand und lächelt deren Mann traurig an, der sie gar nicht wahrzunehmen scheint. Dann mischt sie sich wieder in

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