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Die letzte Lüge: Thriller (German Edition)

Die letzte Lüge: Thriller (German Edition)

Titel: Die letzte Lüge: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter de Jonge
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die aus der Kirche herausströmende Menge. Der Nachmittag im südlichen Neuengland ist bitterkalt und ein eisiger Wind weht durch O’Haras dünnen Mantel, als sie zum Wagen eilt und Bruno für seinen Spaziergang an die Leine nimmt. Am anderen Ende der Straße, gegenüber der Parkplatzeinfahrt, steht eine hagere Gestalt in einem fürchterlichen karierten Anzug und starrt verloren die Kirche an. Erst als Bruno neugierig in seine Richtung zieht, erkennt O’Hara David McLain.

     

25
     
    »David«, fragt O’Hara, »wieso erweist du Francesca die letzte Ehre von der gegenüberliegenden Straßenseite aus?«
    »Weil ich in der Kirche nicht willkommen bin.«
    »Denken Francescas Eltern, dass du etwas mit dem Tod ihrer Tochter zu tun hast?«
    »Das ist es nicht«, sagt McLain, neben dessen Füßen ein klappriges Zehn-Gang-Rad liegt. »Ihre Mom mochte mich von Anfang an nicht. Ich kann’s ihr eigentlich nicht verdenken. Francesca wollte was aus sich machen. Jemanden wie mich konnte sie nicht gebrauchen. Jedenfalls danke für die Anwältin. Sie hat mich gestern Morgen rausgeholt. Gestern Abend bin ich hergetrampt.«
    McLain sagt, er will wieder zurück in die Stadt. O’Hara bietet ihm an, ihn mitzunehmen. Zuerst muss er aber nochmal nach Hause, und weil sein Rad nicht in den Kofferraum passt, fahren ihm O’Hara und Bruno im Jetta hinterher, während McLain mit knapp 50 Stundenkilometern, den Händen in der Hosentasche und flatternder Krawatte durch eine bescheidene, aber aufgeräumte Vorstadtgegend rast. Mitten in einer Kurve zieht McLain lässig die Hand aus der Tasche und zeigt auf einen weißen Briefkasten mit der Aufschrift »Coppalano«. Dahinter steht ein kleines einstöckiges Haus und ein Pick-up parkt in der Einfahrt. Nachdem McLain einen Hügel hinaufgefahren ist und die Hauptstraße überquert hat, werden die Häuser und Höfe schäbiger. Er führt sie um einen heruntergekommenen Wohnblock mit Grünflächen herum und an einer verrammelten Schule vorbei, tritt dann wie wild in die Pedale, biegt von der Straße ab und in eine Wohnwagensiedlung ein, wo er das Rad fallen lässt und in einen auf grünen Holzpfählen aufgebockten Wohnwagen flitzt. O’Hara betrachtet den Wagen und das vermüllte Gärtchen davor, erinnert sich an Ingrid Coppalanos absurde Bemerkung, ihre ermordete Tochter sei auch noch von anderen Hochschulen angenommen worden, und hört auf, sich darüber zu wundern, dass McLain bei der Trauerfeier nicht gerne gesehen ist. Drei Minuten später tritt McLain, immer noch in seinem erbärmlichen Anzug, aus dem Wohnwagen und schleppt einen Müllsack voller Klamotten. Hinter ihm steht eine Frau winkend an der Tür. »Sollte ich deiner Mom nicht ›Hallo‹ sagen?«, fragt O’Hara. »Bitte, lassen Sie uns einfach fahren«, sagt McLain. »Die hat schon wieder einen in der Krone.«
    Auf der Autobahn fragt O’Hara McLain, was er über Francescas Leben in Chicago weiß. »So gut wie nichts«, sagt McLain. »Sie hat nie darüber gesprochen und ich hatte das Gefühl, das Thema war tabu.« Die Sonne geht rasch unter und abgesehen von einem gelegentlichen Schnarchen von McLain und einem Seufzer von Bruno ist es still im Wagen. McLain besteht ganz und gar aus ellenlangen Armen und Beinen. Ihn jetzt zusammengekauert auf dem Beifahrersitz zu sehen, erinnert O’Hara an Axl und ihre große Reise im Auto von 2003. Die Woche bedeutet O’Hara so viel, weil sie ansonsten eher selten Gelegenheit hatte, in ihrer Mutterrolle zu glänzen. Während sie ihre schlafenden Passagiere in die Stadt kutschiert, denkt sie an Tomlinsons hysterische Vorahnungen und Ingrid und Francescas überstürzte Abreise aus Chicago. Sie fragt sich, ob es in dem alten Leben von Mutter und Tochter vielleicht etwas gab, vor dem man nicht davonlaufen konnte.
    Es ist noch nicht ganz sieben Uhr, als O’Hara vor einem Feuerhydranten an der Kreuzung 51st Ecke 9th gegenüber des Gebäudes hält, in dem ein Freund von McLain ihm ein Sofa zum Übernachten angeboten hat. McLain bedankt sich schläfrig fürs Mitnehmen und schnappt sich seine Klamotten. Erschöpft und hungrig sieht sich O’Hara in der Straße nach einem billigen Restaurant um. An der Ecke befindet sich ein Burgerladen, zwei Geschäfte weiter ein Chinaimbiss. Sie will gerade ihren Mantel vom Rücksitz ziehen, als McLain wieder aus dem Wohnhaus herauskommt. Er rennt über die Straße und geht schnellen Schrittes weiter, O’Hara legt ihren Polizeiparkschein aufs Armaturenbrett und folgt ihm

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