Die letzte Minute: Thriller (German Edition)
Fuß.
Aus dem Augenwinkel sah ich, dass Jack Ming zu seiner Waffe eilte.
Er wird uns beide erschießen, dachte ich. Ich an seiner Stelle würde es tun.
Ich zog Augusts Fuß zu mir und rollte mich zur Seite, sodass er erneut das Gleichgewicht verlor. Er war zwar der Stärkere, doch ich war drahtiger und flinker. Ich durfte in ihm nicht den Freund sehen. Nicht jetzt.
Er riss sich los– solche Bärenkräfte hätte ich nicht einmal ihm zugetraut– und trat mir ins Gesicht. Hart und schmerzhaft gegen den Kiefer, genau an die Stelle, wo mich schon die Schwestern erwischt hatten. Ich spürte Blut auf meinen Lippen. August griff erneut an, er sah zornig und gleichzeitig verwirrt aus und hämmerte mir drei harte, schnelle Hiebe gegen die Brust. Ich stürzte rücklings gegen die Wand, und die Lichtschalter bohrten sich in meinen Rücken. Er rief Ming etwas zu, und ich sah den Jungen weglaufen. Mit der Pistole in der Hand rannte er hinaus auf die Gasse.
» Schnapp ihn dir!«, schrie August, und ich wusste nicht, ob er mit mir redete oder mit einem Partner, der genauso mit ihm verbunden war wie Leonie mit mir.
» Ming flüchtet!«, rief ich, doch ich hörte bereits Schritte über mir auf der Treppe. Leonie stürmte an mir und August vorbei. Er wollte sie festhalten, doch sie konnte ihm ausweichen, nicht zuletzt weil ich ihm einen wuchtigen Tritt in die Brust versetzte.
Er stürzte rücklings zu Boden, doch als ich mich umdrehte, um Ming zu verfolgen, stolperte ich über seinen Rucksack. Im nächsten Augenblick packte mich August mit beiden Händen am Hals und stieß mich gegen die unfertige Gipskartonwand, über die ich mich gegenüber Meggie beklagt hatte, während sie mir als Beth Marley das Haus zeigte.
Die dünne Wand gab nach, und wir krachten beide durch. Hustend versuchte ich, mich aus seinem Griff zu befreien. Doch er ließ meinen Hals nicht los und drückte mir mit seinen verdammten dicken Wurstfingern das Leben aus dem Leib. Er wollte mich nicht umbringen, nur außer Gefecht setzen, also sackte ich zusammen, als wäre ich bewusstlos. Er ließ locker und holte aus, um mir die Faust ins Gesicht zu knallen.
Ich packte seine Faust mit beiden Händen und hielt sie fest.
» Warum?«, brüllte er.
» Die töten sonst meinen Sohn«, stieß ich hervor, ohne zu überlegen.
» Bringt den Informanten weg, sobald ihr ihn habt!«, rief er. Scheiße. Er stand mit seinen Leuten in Verbindung. Sein Team wartete draußen.
Ich stieß ihn weg und griff nach einem abgeknickten Balken der eingestürzten Wand. Ich riss ihn heraus und schlug ihm damit gegen den Hinterkopf. Er fiel hin und stand nicht wieder auf.
Einen furchtbaren Moment lang dachte ich, ich hätte ihn erschlagen. Ich tastete nach dem Puls. Er atmete.
Ich rannte los, stolperte auf die Gasse hinaus, hinter Leonie und Jack her, egal was da draußen auf mich wartete.
48
In den Straßen von Williamsburg
Jack Ming hastete aus dem Haus auf die Gasse hinaus. Das rote Notizbuch, das er sich hinten in die Hose geklemmt hatte, rieb gegen die Haut über dem Hintern. Er konnte kaum atmen.
Das Ganze war eine Falle gewesen. Entweder hatte August sie ihm gestellt, oder der CIA -Mann war selbst in eine Falle getappt. Das Treffen musste für heute ausfallen. Dieser Capra war hinter ihm her. Jack stolperte. Er musste schleunigst aus der Gegend verschwinden. Die beiden waren wahrscheinlich nicht allein hier.
Er hörte das Krachen einer Pistole, nicht allzu laut in der feuchten Luft, gleichzeitig spürte er eine Kugel heiß an seinem Ohr vorbeipfeifen.
Jemand schoss auf ihn. Er stolperte, drehte sich um und sah eine Frau hinter ihm herlaufen. Klein und zierlich, rothaarig, einen entschlossenen Ausdruck im Gesicht. Sie trug Jeans, Turnschuhe und ein blaues T-Shirt und sah aus wie eine junge Mutter aus der Vorstadt. Sie blieb stehen und starrte ihn an, und er erwiderte ihren Blick. » Laufen Sie!«, rief er ihr zu, » da schießt jemand auf…«
Doch sie hob eine Pistole. Sie zitterte in ihrer Hand.
» Vergeben Sie mir«, sagte sie. » Sie müssen sterben. Es tut mir leid.«
Und sie drückte ab, während er sich bereits umdrehte und losrannte, auf das Ende der Gasse zu. Ein schwarzer Lincoln Navigator kam zehn Meter vor ihm mit quietschenden Reifen zum Stillstand.
Er hatte keinen Ausweg mehr.
49
Ich hörte die Schüsse in der Ferne. Die Abstände dazwischen verrieten mir, dass sie eher zögernd abgefeuert wurden. Ich riss die Tür auf und rannte hinaus, in die Richtung,
Weitere Kostenlose Bücher