Die letzte Minute: Thriller (German Edition)
Brewster, als ich schwanger wurde. Ich wollte ihn nicht als Vater für mein Kind. Und er wollte auch keines. Er wollte immer bereit sein, falls er von einem Moment auf den anderen flüchten muss. Und das ist schwierig mit einem Kind.« Ihre Stimme wurde ruhiger: » Ich hätte mir einen anderen Vater gewünscht… jemanden wie dich, Sam. Ich will dir nichts tun, wirklich. Ich werde dafür sorgen, dass er ruhig und sicher aufwächst: etwas, das du ihm nicht geben kannst bei dem Leben, das du führst, bei deinen vielen Feinden. Also stell dich an die Wand, die Hände hoch, und lass mich gehen.«
» Was ist mit deiner Tochter passiert?« Solange sie redete, schoss sie nicht und verschwand auch nicht mit meinem Sohn.
» Sie ist gestorben. Gestorben.« Einen Moment lang glaubte ich, sie würde vor Kummer zusammenbrechen. » Meningitis. Es ging so schnell. Sie… ich hatte etwas für Anna erledigt. Neue Identitäten für die Babys. Dann gab sie mir Daniel, und sie sagte, ich kann ihn behalten. Als Ersatz, aber das ist er nicht. Ich hab Taylor so geliebt, sie war das Wunderbarste… o Gott, Sam…«
» Das glaub ich dir.« Es schnürte mir die Brust zu. » Leonie, bitte.«
» …aber sie gab mir Daniel, und ich liebe ihn genauso…« Ihre Stimme brach, sie konnte nur noch flüstern. » Und du nimmst ihn mir nicht weg.«
Ich sah jetzt, wie Zviman und Anna das Ganze geplant hatten. Ich, der Ex- CIA -Agent, tötete Jack Ming, den Mann, den die CIA unbedingt in ihre Finger bekommen wollte. Und dann, wenn der Sieg zum Greifen nah war, würde Leonie mich töten. Leonie als meine Partnerin garantierte, dass ich Novem Soles nicht verraten oder hintergehen würde. Falls ich es doch tat, hatte sie allen Grund, mich umzubringen. Denn schließlich konnte ich ihr das für sie Wertvollste auf der Welt wegnehmen.
» Gib mir meinen Sohn«, sagte ich und streckte ihr die Arme entgegen.
» Er gehört nicht dir. Ich bin die einzige Mutter, die er je gekannt hat. Diese… diese Verräterin, mit der du verheiratet warst, sie hat ihn einfach weggegeben, alleingelassen …«
» Aber ich nicht«, entgegnete ich. » Du weißt, was ich alles getan hab, um ihn zu finden…« Und dann hörte ich es.
» Du!«, schleuderte sie mir entgegen, und ihr Mitgefühl verwandelte sich augenblicklich in Gehässigkeit. » Ich hab tausendmal mehr getan als du…«
Ich hob einen Finger an die Lippen. » Ich hab was gehört. Unten. Da ist jemand.«
Sie schüttelte den Kopf. » Du willst mich nur ablenken… du willst runtergehen und dir eine Waffe holen…«
» Leonie!«, zischte ich. » Da unten ist jemand.«
Sie verstummte, mein drängender Ton bremste sie in ihrer Wut. Sie lauschte.
Ich streckte die Hand nach der Pistole aus. Sie zögerte einen Augenblick, dann trat sie vor und gab mir mit zitternder Hand die Waffe.
» Versteck dich mit ihm«, flüsterte ich. Sie nickte, mein Sohn gluckste an ihrem Hemd. Ich betrachtete ihn einen Moment lang. Seine Augen trafen meine, sein kleiner Mund öffnete sich, und ein Speichelbläschen trat hervor und zerplatzte wie eine Blume, die nur für fünf Sekunden erblüht war. Nie zuvor hatte ich mir so sehr gewünscht, einen Menschen im Arm zu halten.
Doch ich vergewisserte mich, dass das Magazin der Pistole voll war, und eilte zur Treppe.
89
Zu Milas Überraschung kam Braun nicht zum Heck des Vans, um sie zu holen.
Er ging vom Wagen weg. Sie hörte das leise Knirschen seiner Schritte auf dem Kies.
Er hatte es also nicht so eilig, seine Gefangene ins Haus zu bringen. Ihr konnte es nur recht sein. Sie riskierte einen Blick durch die Windschutzscheibe: Braun stand bei einem BMW und blickte zu Boden. Und sprach, ohne dass irgendwer zu sehen war.
Da musste jemand neben dem Auto liegen.
Schließlich schüttelte Braun den Kopf und betrat das prächtige alte Haus, eine Pistole in der Hand.
Mila schnitt die Fesseln durch und streifte sie ab. Ihre Hand ging zu ihrer Uhr. Der Draht war da, so wie an dem Tag, als sie ihn gegen Annas Männer in New York eingesetzt hatte. Sie nahm den Stiefelabsatz mit dem kurzen japanischen Messer. Die Klinge ragte zwischen Ring- und Mittelfinger hervor. Zwei kleine Waffen. Hoffentlich genug.
Sie stieg durch die Fahrertür aus und warf sich auf den Boden. Blickte unter dem Van hindurch, um zu sehen, wer da neben dem BMW lag. Sie sah Beine, doch die standen jetzt aufrecht. Graue Hose, elegante Schuhe.
Sie hörte, wie der Kofferraum geöffnet wurde, und lugte um den Van herum.
Der
Weitere Kostenlose Bücher