Die letzte Nacht der Unschuld
zusammen.“ Sie sah ihn direkt an und lächelte traurig. „Ich weiß, was passiert ist, und ich verspreche, es nicht an die Presse weiterzugeben. Du kannst also beruhigt zu der Party und deinen Fans zurückgehen und auch in Zukunft in Ruhe schlafen.“
Sie sprach leise, regelrecht resigniert.
Cristiano versuchte, sich auf ihre Worte zu konzentrieren, doch die Kopfschmerzen wurden jäh unerträglich, so als würde jemand mit einem Hammer auf seinen Schädel einschlagen.
„Ich habe nicht vor, wieder auf die Party zu gehen.“ Er dachte daran, wie er sich den Verlauf des restlichen Abends vorgestellt hatte – sie verführen, sie dazu bringen, ihm alles von jenem Abend damals zu berichten. Doch er hatte Colleen unterschätzt. Er hatte gedacht, sie würde die kleinste Möglichkeit nutzen, um mit ihm ins Bett zu fallen, so wie die Frauen auf der anderen Seite des Platzes im Casino es machen würden. Die Tatsache, dass dem nicht so war, überraschte und frustrierte Cristiano.
Er steckte die Hände in die Hosentaschen und biss die Zähne zusammen. Doch das Pochen in seinem Schädel und in einem anderen Teil seiner Anatomie ließ nicht nach. „Ich fahre für eine Weile weg.“
Sie ging zum Bett und klappte den Deckel des Koffers wieder auf, den sie fertig gepackt hatte. „So? Wohin?“
„In ein Alpenchalet. Es gehört einer Freundin.“
Seine Stimme hallte rau durch den stillen Raum. Plötzlich war er froh, dass er dem Trubel aus dem Casino entflohen war.
Dass er hier war.
Colleen hob den Kopf. Das Blau ihrer Augen war von den großen schwarzen Pupillen nahezu verdrängt worden. „Heute Abend noch?“
Er nickte, ohne den Blick von ihr zu nehmen. „Ich fahre jetzt los.“
Mit ihrer Zungenspitze befeuchtete sie ihre Lippen. „Allein?“ Es war nur ein geflüstertes Wort, und es fühlte sich an wie eine Liebkosung. Neue Möglichkeiten taten sich zwischen ihnen auf.
„Ich hoffe nicht“, erwiderte er leise.
4. KAPITEL
Kein Stern stand am Himmel. Colleen saß neben Cristiano auf dem Beifahrersitz und musste ein Zittern unterdrücken. Die Autoscheinwerfer brachen durch die Dunkelheit. Colleen hatte keine Ahnung, wo sie waren, und wusste auch nicht, wohin sie fuhren.
Die Hoffnung, die in ihr aufgeflammt war, als Cristiano von seinem Gedächtnisverlust gesprochen hatte, war ebenso schnell wieder erloschen. Es hatte so wunderbar simpel ausgesehen – endlich gab es einen einleuchtenden Grund, warum er sich vier Jahre lang nicht gemeldet hatte. Er hatte sie nicht vergessen, weil sie ihm nicht wichtig gewesen war, sondern weil er sich nicht erinnern konnte . Deshalb hatte Colleen auch nicht gezögert, mit ihm zu fahren.
Doch es war überhaupt nicht simpel.
Sie war eine Fremde für ihn. Der Unfall hatte ihm nicht nur ein paar Stunden seiner Erinnerung geraubt, sondern auch die Fähigkeit, zu vertrauen. Würde sie ihm jetzt beschreiben, was sie in jener Nacht miteinander geteilt hatten, er würde sie nur zu den fanatischen Anhängerinnen zählen, von denen er gesprochen hatte. Und für ihn musste sie noch schlimmer wirken, denn sie war nicht auf Ruhm und Geld aus, sondern auf sein Herz.
Nervös rang sie ihre Hände im Schoß und sah auf Cristianos Profil. Das grüne Licht der Armaturen verlieh ihm eine Distanz, die ihre schlimmsten Ängste bestätigte.
„Alles in Ordnung?“
Sie nickte, suchte hastig nach einer harmlosen Erwiderung. „Ein beeindruckendes Auto.“ Alexander wäre hingerissen, dachte sie trübselig.
„Das neueste Sportmodell von Campano“, erwiderte Cristiano tonlos. „Ich teste ihn für Silvio, damit ich bei Saisonbeginn in den Interviews ganz nebenbei eine Erwähnung über die angeblich märchenhaften Eigenschaften fallen lassen kann.“
Doch so, wie er heute Abend fuhr, würde er nichts über diese Eigenschaften herausfinden.
Aus irgendeinem Grund ließ Colleens Gegenwart ihn jedes vorgegebene Tempolimit einhalten.
„Wie weit ist es bis dahin, wohin wir fahren?“, fragte Colleen, als die ersten schneebedeckten Gipfel am dunklen Horizont zu erkennen waren.
Etwas an ihrem Ton erweckte bei ihm den Eindruck, dass sie ihre Zusage zu dieser Reise ebenso bereute, wie er es bereute, sie gefragt zu haben. Er hätte in dem Hotelzimmer mit ihr reden und am Morgen zum Chalet fahren sollen. Allein.
„Noch ungefähr drei Stunden. Es liegt oben in den Bergen. Die Straßen sind also nicht besonders gut. Läufst du Ski?“
„Nein, leider nicht.“
Die Kleine war überhaupt nicht dein
Weitere Kostenlose Bücher