Die letzte Nacht der Unschuld
Mal befunden hatten. Cristiano wusste ja nicht einmal, dass es diesen Ort gegeben hatte. Irgendwie musste sie den Weg dorthin zurückfinden.
„Ich will nicht, dass er sich wie in einer Falle fühlt“, sagte sie. „Ich will ihn zu nichts zwingen.“
„Du hast seinen Sohn die letzten drei Jahre allein aufgezogen. Es ist nicht so, als hättest du eine Wahl gehabt.“
„Ich weiß.“ Colleen seufzte. Lizzie war auf ihrer Seite, das wusste sie. Aber die starke, geradlinige Lizzie würde nie das Gefühl von Unsicherheit und dieses Bewusstsein für Zerbrechlichkeit verstehen – so als hielte man einen Schmetterling in den Händen, den die leichteste falsche Bewegung zerdrücken konnte. „Ich habe einfach Angst, dass …“
„Du wirst jetzt nicht in alte Muster verfallen und dir sofort das Schlimmste ausmalen“, fiel Lizzie ihr ungeduldig ins Wort. Im Hintergrund war das Weinen eines Kindes zu hören.
Colleen war sofort alarmiert. „Ist das Alexander? Ist alles in Ordnung?“ Lag es an der Telefonleitung, oder hörte Colleen ein Zögern in Lizzies Stimme?
„Sicher ist alles in Ordnung. Und jetzt geh wieder zurück zu deinem Cristiano und hör auf, dir um alles Sorgen zu machen. Amüsier dich. Wir reden später, okay?“
„Einverstanden. Danke, Lizzie. Gib Alexander einen dicken Kuss von mir und sag ihm, dass ich ihn lieb habe und bald wieder zu Hause bin.“
Doch als Colleen die Verbindung abbrach, wollte sie über Letzteres nicht genauer nachdenken.
Zehn Minuten später stieß Colleen, beladen mit einem Tablett, auf dem frischer Kaffee, eine warme Brioche, Honig und goldgelbe Butter standen, mit der Schulter die Schlafzimmertür auf.
Die Sonne strahlte ins Zimmer, ließ den Holzboden golden schimmern und verwandelte die weiße Bettwäsche in eine Miniaturnachbildung der weißen Landschaft draußen vor dem Fenster. Cristiano lag auf dem Bauch, einen Arm über das Kissen ausgestreckt. Das Federbett war ihm bis zur Hüfte gerutscht und gab den Blick frei auf seinen nackten Rücken.
Das Geschirr auf dem Tablett klapperte leicht, als ein Anflug purer Lust Colleen durchzuckte. Cristiano war männliche Perfektion, wie eine Leonardo-Skizze, die zum Leben erwacht war.
„ Buon giorno .“
Mit einem erschreckten Laut zuckte sie zusammen und brachte die Sachen auf dem Tablett noch mehr in Unordnung. Versunken in die Betrachtung, hatte sie nicht bemerkt, dass er sie mit halb geöffneten Augen ebenfalls beobachtete.
„Entschuldige …“, stammelte sie. „Ich meine … ich wollte dich nicht wecken.“
Er setzte sich auf, geschmeidig wie ein Panther, und strich sich das wirre Haar zurück. „Ich war schon wach.“
Mit dem Tablett auf dem Schoß setzte Colleen sich auf die Bettkante und bemühte sich, das Geschirr wieder zu richten und Kaffee einzuschenken.
„Ich habe dich unten reden hören.“
„Am Telefon, ja.“ Hoffentlich hatte er nicht gehört, was sie gesagt hatte. Röte zog in ihre Wangen. Schüchtern lächelte sie. „Ich wollte mir ein Taxi rufen. Die letzte Nacht war nicht das, was ich mir erwartet hatte. Es hat wenig Sinn, noch länger zu bleiben.“
Er verzog spöttisch die Lippen. „Nicht so gut wie beim letzten Mal? Ich muss mein Talent verloren haben.“
Colleen reichte ihm den Kaffeebecher mit todernstem Gesicht. „Alles eine Frage des Trainings. Mehr Übung und mehr Konzentration.“ Zu witzeln war die einzige Möglichkeit, die bizarre Situation zu überstehen. Locker und lässig bleiben …
„Du hörst dich an wie Silvio.“ Er stellte die Tasse ab, griff nach Colleens Hand und zog sie auf seine Brust hinunter. „Du scheinst ja eine Menge davon zu verstehen.“
Sein Duft ließ sie vor Verlangen schwindeln. „Nur das, was du selbst gesagt hast – damals bei dem Interview.“
Er hob eine Augenbraue. „Das habe ich über Sex gesagt?“ Er begann, ihr das Hemd aufzuknöpfen, und prompt brannte Colleen vor Verlangen.
„Nein“, stieß sie hervor, „übers Rennfahren. Das mit dem Sex war eher … eine praktische Demonstration.“ Seine Finger arbeiteten sich weiter vor, strichen dabei über ihre Haut. Sie lachte atemlos auf. „Es war mein erstes Mal.“
Seine Hände hielten inne. Colleen überlief ein kleines alarmiertes Prickeln. Sie schaute in seine Augen, die plötzlich noch dunkler und völlig undurchdringlich geworden waren. Zwar lag sie noch immer in seinen Armen, doch sie hatte das Gefühl, dass er sich ruckartig zurückgezogen hatte.
„In diesem Falle schulde ich
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