Die letzte Nacht
essen?«
Malaspina nickte. Er war ein wortkarger Mensch, genau wie Contini, und vielleicht war er gerade deshalb in der Lage, in zwielichtige Tessiner Kreise einzudringen und Informationen zu sammeln. Sicher trug auch die Tatsache, dass er zwei Meter groß war und über hundert Kilo wog, dazu bei.
Sie aßen bei Piero, einem schlichten Restaurant im Stadtzentrum von Lugano. Contini mochte die beinahe ländliche Atmosphäre, die karierten Tischdecken und den Hauswein, der in Karaffen serviert wurde. Sie aßen das Tagesgericht. Pasta mit einer Soße aus Paprika und Zwiebeln, die mit etwas Tofu und Pesto verfeinert war. Piero versicherte, dass es eine leichte Mahlzeit sei.
»Leicht?«, fragte Contini und strich die Serviette glatt. »Na, wenn du es sagst …«
Malaspina goss sich ein großes Glas Merlot ein und sah mürrisch auf den Teller. Er sagte kein Wort. Bevor er sich mit Luca Forster anlegte, würde er auf jeden Fall mindestens noch ein Rindersteak verdrücken. Malaspina verkehrte bereits seit einigen Jahren in dem Milieu und kannte sich aus. Forster war kein ganz dicker Fisch, aber genau das war das Problem. Die kleinen Haie sind die schlimmsten.
Kein Anruf.
Lina schien sich in nichts aufgelöst zu haben.
Salviati durfte nicht länger warten. An diesem Abend würde er, in Tesserete, zum Angriff übergehen.
Am Nachmittag suchte er einen seiner alten Kontakte auf. Er hieß Giovanni, nannte sich Gengio und besaß ein Lager in der Gegend von Molino Nuovo. Er war ein schmächtiger, flinker Typ, der den Eindruck erweckte, als könne er an zwei verschiedenen Orten gleichzeitig sein und dabei jeweils drei verschiedene Gespräche führen.
»Zum alten Leben zurückgekehrt!«, rief er, als Salviati ihm sein Anliegen erklärt hatte. »Und mit ganz neuen Seiten! Das war früher nicht dein Stil, oder?«
»Nein«, Salviati sah sich um. »Aber ich muss meinen Stil ändern.«
»Also werd ich dir ein paar Dinge erklären, die dir nützen könnten!«
In dem schwachen Licht des Lagers wirkte der Raum noch tiefer. In langen Regalreihen drängten sich allerlei Behältnisse und mit Tüchern abgedeckte Gerätschaften.
»Es gibt verschiedene Möglichkeiten«, sagte Gengio, »aber ich vermute, du willst auf Nummer sicher gehen. Außerdem muss man schauen, wie man sich Zutritt verschaffen kann, ob ein zusätzlicher Bruch nötig ist, oder …«
»Gengio.«
»Was denn?«
»Der Reihe nach. Vor allem will ich kein Risiko eingehen. Das heißt, ich will nicht, dass beim Opfer irgendwelche Nebenwirkungen auftreten.«
»Glaubst du etwa, ich bin ein Pfuscher? Die einzige Gefahr besteht bei Überdosierung und … na ja, es können natürlich auch allergische Reaktionen auftreten, aber das würdest du merken.«
»Was ist das für Gas, Lachgas?«
»Hab ich auch da, wenn du willst, aber heutzutage gibt es Besseres. Um eine narkotische Wirkung zu erzielen, braucht man eine zu hohe Konzentration im Verhältnis zur Luft, beinahe siebzig Prozent. Nein, in der Regel empfehle ich Chlormethan, Cyclopropan, Halothan, Enfluran oder Isofluran.«
Während Gengio die Betäubungsmittel aufzählte, war er in eine Ecke des Lagers getreten. Dort stand ein Holzregal, das mit einem alten Tuch verhangen war. Gengio schob es beiseite, und Salviati sah eine Reihe weißer Gefäße neben kleinen Stahlflaschen und einigen batteriebetriebenen Zerstäubern, wie sie Asthmatiker verwenden.
»Ich kann dir Flasche und Zerstäuber zusammen verkaufen«, erklärte Gengio. »Zuerst verteilst du das Gas mithilfe des Zerstäubers im Raum. Das Opfer wird dadurch nicht ganz einschlafen, aber zumindest leicht betäubt sein. Nachdem du dir Zugang verschafft hast, halte ihm einen Mullbausch vors Gesicht und beende dein Werk. Du musst nur daran denken zu lüften, sonst läufst du Gefahr, selbst einzuschlafen. Ich kann mich an einen erinnern, den sie mal am Morgen, am Fußende eines Bettes gefunden haben …«
»Gengio.«
»Was denn?«
»Der Reihe nach. Woher weiß ich, welche Konzentration die richtige ist?«
»Das ist ja das Gute!« Gengio hüpfte beinahe vor Vergnügen. »Bei diesen flüssigen Betäubungsmitteln genügt eine Konzentration von 0,5 bis 1,5 Prozent. Du kannst nicht nur sicher sein, dass es wirkt, sondern auch, dass das Opfer nichts merkt. Und was die Verteilung angeht … ich geh jetzt mal systematisch vor, oder?«
Gengio zwinkerte Salviati zu, der nickte und ein Lächeln andeutete.
»Was die Verteilung angeht, solltest du nicht den Zerstäuber
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