Die letzte Nacht
läuft, trotten wir einfach weiter wie die Esel.«
»Es läuft aber nicht schlecht!«
»Und ob es schlecht läuft! Glaubst du etwa, dass es für Leute, die nicht aus Verzweiflung handeln, einfach ist, eine Bank zu überfallen? Einen Plan zu studieren ist eine Sache, aber etwas ganz anderes ist es, am 20. Dezember zur Stelle zu sein und zu wissen, dass du gegen das Gesetz verstößt, gegen deine Gewohnheiten, gegen den gesunden Menschenverstand!«
Salviati stand noch immer auf den Rechen gestützt. Nun war es auch um seine Ruhe geschehen. Er warf das Gartengerät auf den Rasen und ging einen Schritt auf Contini zu.
»Gegen den gesunden Menschenverstand?«, schrie er. »Welcher gesunde Menschenverstand? Meine Tochter ist in der Gewalt eines Kerls, der nicht zögern würde, sie umzubringen, ich bin zu dir gekommen, ich wollte es nicht, du weißt, dass ich den Banküberfall nicht wollte. Glaubst du etwa, dass es für mich einfach ist? Ich hab jahrelang im Knast gesessen und war gerade dabei, mir ein neues Leben aufzubauen!«
»Dann müsstest du froh sein, das zu tun, was zu tun ist, nämlich zur Polizei zu gehen und Gerechtigkeit zu fordern und …«
»Was heißt hier Gerechtigkeit! Ich bin ein ehemaliger Dieb! Und ich war nicht schlecht, weißt du, ich hab was von meinem Handwerk verstanden. Jetzt wache ich nachts auf, weil mir der Coup durch den Kopf geht, und ich merke … ich merke, dass ich Gefallen an der Sache finde!«
Schweigen. Salviati fuhr mit leiser Stimme fort.
»Das ist die größte Niederlage, Elia. Ich will, dass dieser Überfall gelingt, aber weshalb? Wegen meiner Tochter, natürlich, wegen Lina. Aber vielleicht …«
Schweigen. Contini sah ihn unverwandt an.
»Aber vielleicht«, flüsterte Salviati, »ist es auch mein Leben, meine Vergangenheit, die mich nach so vielen Jahren noch gefangenhält.«
11
Warum nicht?
… und wie so oft hatte ich die Nase dort hineingesteckt, wo ich es nicht hätte tun sollen. Ich war unerfahren, das ist wahr, aber man konnte nicht so leicht erkennen, dass etwas faul war an der Sache. Wenn jemand einen Detektiv beauftragt, eine Villa zu überwachen, kann man eigentlich davon ausgehen, dass er die Villa schützen will. Aber so war es nicht.
Ich war ein Spielstein in dieser ganzen Geschichte. Ein Zeuge.
Der Hausherr hätte sagen können: Es sind ein paar Rowdys eingedrungen, sie haben angefangen, alles zu zertrümmern, haben mich geschlagen, das kann auch der Mann bestätigen, den ich zur Überwachung der Villa angestellt habe. Und die »Rowdys« hätten ihn und mich misshandelt, vor allem mich, und dann wären sie geflüchtet und hätten einen Haufen Sachen mitgenommen. Einschließlich gewisser Unterlagen und Fotografien … ein einfacher, nahezu perfekter Plan.
Bis auf ein Detail.
Ich habe zufällig gesehen, was in dieser Villa geschah.
Ich hätte Zeitung lesend am Ausgang stehen und auf das Ende der Nacht warten sollen. Aber ich war, wie bereits gesagt, noch unerfahren. So hat dieser ganze Skandal, über den auch die Zeitungen berichtet haben, begonnen. Im Grunde war es gut so: Ohne diesen Zwischenfall hätte niemand etwas bemerkt. Dennoch hätte ich mich klüger verhalten sollen. Stattdessen war ich ziemlich unüberlegt und bin ganz schön in Schwierigkeiten geraten.
Irgendwann werde ich Ihnen die ganze Geschichte erzählen.
Im Augenblick ist mir vor allem wichtig, über diesen Keller zu sprechen. Ich erinnere mich nur bruchstückhaft an das, was in den vorangegangenen Stunden geschehen war. Aber ich war auch ziemlich übel zugerichtet. Abgesehen von den Schlägen spürte ich die Last der Demütigung und den Mangel an Nahrung.
Ich weiß nicht, wie sich Jean Salviati Zugang verschafft hatte. Ich weiß nur, dass er sich, nachdem er durch das Fenster gekrochen war, Zeit nahm, sein Werkzeug wieder einzuordnen. Ich beobachtete ihn erstaunt von meiner Ecke aus. Er war ruhig. Er schloss die Tasche, schaltete die Taschenlampe an und inspizierte ohne Eile die Umgebung.
Bis das Licht auf mich fiel.
Er sieht mich, tritt näher und fragt: Wer bist du? Ich erwidere: Wer bist du?
Da begann alles. Ich war kurz davor, mich geschlagen zu geben. Er hatte offenbar begriffen, dass es sich nicht um die übliche Villa eines pensionierten Geschäftsmannes handelte. In diesem Augenblick hatte er zwei Möglichkeiten: entweder sofort zu fliehen oder zu begreifen, in welche Schwierigkeiten er geraten war, und dann zu fliehen. In jedem Fall war er nach den Regeln seines
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