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Die letzte Nacht

Die letzte Nacht

Titel: Die letzte Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Fazioli
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zu Hause. So lange, bis Contini Anfang Oktober, während er eine Kassette von Moustaki hörte, von Corvesco zum Monte Ceneri fuhr.
    Er war entschlossen, die Sache zu beenden.
    In den letzten beiden Monaten hatten sie alles versucht. Aber jedes Mal war irgendetwas schiefgegangen. Erst wurde Lina gerade in dem Moment woanders versteckt, als sie entdeckt hatten, wo man sie gefangen hielt. Dann hatte die Bank den Transfer verschoben, und schließlich Forster die Nerven verloren.
    Moustakis warme Stimme erzählte von den griechischen Inseln, während die Straße in Serpentinen durch rot und gelb gefärbtes Baumgestrüpp nach unten führte. Nicht einmal die französischen Chansons vermochten Contini noch zu beruhigen. Nicht weiter schlimm. Sein Entschluss stand fest. Noch war es nicht zu spät, die Polizei um Hilfe zu bitten, man musste sich nur an die richtigen Leute wenden.
    Aber Salviati sah das anders.
    Als Contini sein Haus erreicht hatte, war er damit beschäftigt, einen Rechen in den Rasen zu rammen. Der Detektiv beobachtete ihn vom Auto aus. Er trug einen alten, ausgebeulten Pullover und Kordhose. Der Detektiv fuhr noch ein Stück näher und ließ das Wagenfenster herunter.
    »Was machst du denn da?«
    Salviati hob den Kopf. Dann senkte er ihn wieder und antwortete:
    »Ich belüfte den Rasen.«
    Contini stieg aus dem Wagen.
    »Du belüftest den Rasen?«
    »Wenn man darüberläuft, wird er zusammengedrückt. Deshalb muss man am Ende des Sommers für Luftzufuhr sorgen, damit der Boden besser wird.«
    »Aha.«
    »Das ist gut für die Wurzeln, das Wasser kann rascher abfließen und Krankheiten werden vermieden.«
    »Man muss also Löcher in den Boden machen.«
    »Hinterher kommt ein bisschen Sand drauf. Wie geht’s, Elia?«
    Contini setzte sich an den Rand des Rasens und legte seine Schwierigkeiten dar. Er schaffe es nicht, in der Gruppe zu arbeiten, er könne sich nicht ernsthaft vorstellen, eine Bank auszunehmen. Deshalb schlage er vor, die Polizei zu rufen …
    »Ausgeschlossen!«
    »Aber denk doch mal nach, Jean, an diesem Punkt …«
    »Ausgeschlossen. Forster hat meine Tochter, und er würde nicht zögern, ernst zu machen.«
    »Aber wir haben Beweise. Wir haben eine Aufnahme von …«
    »Das sind keine Beweise. Forster kann meine Tochter verschwinden lassen und sich sauber aus der Affäre ziehen. Warum sollten sie einem alten Dieb glauben?«
    »Ich kenne fähige Leute bei der Polizei.«
    »Ich gehe nicht zur Polizei, Elia. Ich habe im Knast gesessen, habe meine Tochter seit Monaten nicht gesehen. Weshalb sollten sie diese Entführungsgeschichte glauben, nur weil ein Detektiv eine Aufnahme hat, auf der von einem Bankraub die Rede ist?«
    »Jean, wir machen gemeinsame Sache mit einem gefährlichen Verbrecher. Hast du vergessen, dass er versucht hat, Anna zu bestechen?«
    »Sie ist nicht darauf eingegangen. Sie hat uns vertraut.«
    »Forster weiß, dass wir die Cortis mit reingezogen haben. Das bedeutet, dass er uns ausspioniert, dass er zu allem bereit ist.«
    »Hör zu, ich zwing dich zu nichts.«
    »Darum geht es nicht. Du wolltest noch nicht einmal wissen, warum Forster versucht hat, Anna zu bestechen, du wolltest nicht mal …«
    »Forster hat meine Tochter. Ich darf nichts riskieren. Wenn er verlangt, dass ich diesen Überfall mache, dann mach ich ihn, so sieht’s aus. Forster ist verrückt, aber wir sind schlauer. Warum willst du alles verderben?«
    Contini öffnete den Mund, um zu antworten, dann schloss er ihn wieder. Er fühlte sich plötzlich sehr erschöpft. Er sah hinauf zu den Bergen, dort wo die Nussbäume und Kastanien in herbstlichen Farben erstrahlten.
    »Ich …«, brachte er heraus, »ich will alles verderben?«
    Salviati sah ihn an, ohne zu antworten.
    »Weißt du, was du da sagst?«
    »Ich weiß, dass ich einen Plan vorbereitet habe. Wenn du Angst hast, rück damit raus!«
    Für einen kurzen Augenblick verlor Contini seine gewohnte Gelassenheit.
    »Jean, wir kennen uns seit zwanzig Jahren! Du weißt, was ich getan habe und was wir getan haben und was … nun, ich arbeite nicht mehr, ich bin nicht mehr lebensfähig, seit du mit diesem Banküberfall gekommen bist!«
    »Du hattest die freie Wahl …«
    »Hör auf mit dieser Geschichte! Ich wollte nie und ich will noch immer keinen Rückzug machen, das weißt du! Aber es kann nicht einfach einer daherkommen und sagen, lass uns zehn Millionen abgreifen, und dann machen wir gemeinsame Sache mit irgendwelchen Unbekannten, und wenn es schlecht

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