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Die letzte Nonne - Bilyeau, N: Die letzte Nonne

Die letzte Nonne - Bilyeau, N: Die letzte Nonne

Titel: Die letzte Nonne - Bilyeau, N: Die letzte Nonne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Bilyeau
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Schwester Eleanor.
    »Uns wurde Eure rückhaltlose Unterstützung zugesagt, Schwester«, sagte er. »Ich möchte nicht, dass eine von Euch vor mir mit ihr über diese Angelegenheit spricht. Wo ist sie jetzt?«
    »In der Weberei.«
    »Dann führt mich hin.«
    Die übliche Arbeitszeit in der Weberei war lange vorbei. Wir beendeten unsere Tätigkeit stets, sobald das natürliche Licht nicht mehr dafür ausreichte. Bei Kerzenlicht am Webstuhl zu arbeiten, verdarb die Augen, und es war unmöglich, die Farben klar voneinander zu unterscheiden. Aber es hatte noch nicht zum Gebet geläutet, wahrscheinlich weil die Priorin noch immer mit dem Richter und dem Coroner zu tun hatte. Vermutlich war Schwester Helen deshalb in der Weberei geblieben. Es war ja der Raum im Kloster, in dem sie sich wahrhaft geborgen fühlte.
    Sie saß allein am Webstuhl, als wir eintraten. Verwundert stand sie auf, in den Händen noch die Bündel feiner Woll- und Seidengarne, die wir aus Brüssel kommen ließen.
    »Schwester Helen, ich möchte Euch einige Fragen über die Tapisserie stellen, die derzeit im Kapitelsaal hängt«, erklärte Geoffrey.
    Mit einem Aufstöhnen   – einem schrecklichen, gutturalen Laut   – ließ sie die Garne fallen und wich in die Ecke zurück.
    Schwester Eleanor war als Erste bei ihr. »Habt keine Angst, Schwester, ich bitte Euch. Es ist alles gut.«
    Schwester Helen krümmte sich, die Hände auf die Brust gedrückt, wie unter Schmerzen.
    »Sie ist krank«, schrie Schwester Agatha, als Schwester Helen vornüber zu Boden fiel. »Holt Bruder Edmund!«, befahl Schwester Eleanor der Novizinnenmeisterin.
    Ich kniete neben Schwester Helen nieder, die keuchend, fast toll vor Angst zu mir und Schwester Eleanor hinaufsah. Nach einer Ewigkeit, wie mir schien, beruhigte sie sich, und ihre Augen schlossen sich. Ich zog ihre Hand in meinen Schoß und strich ihr über die schweißfeuchte Stirn. »Oh, Schwester Helen«, sagte ich mit tränenerstickter Stimme. Aber sie rührte sich nicht.
    Bruder Edmund fühlte erst am Handgelenk, dann am Hals ihren Puls und zog ihre Lider hoch. Geoffrey beobachtete ihn misstrauisch von der Tür aus.
    »Wir müssen sie ins Hospital bringen«, entschied der Bruder. »Sie muss getragen werden.«
    »Ich helfe Euch«, sagte Geoffrey.
    Einen Augenblick lang maßen die beiden Männer einander, dann nickte Bruder Edmund. »Ich danke Euch, Sir.«
    Auf dem langen Tisch, auf dem sie sie niedergelegt hatten, trugen sie Schwester Helen hinaus. Es war ein schrecklicher Anblick, die todkranke Schwester Helen auf dem Transport durch die dämmrigen Gänge. Die Schwestern brachen in Tränen aus und bekreuzigten sich, als unser Zug an ihnen vorüberkam, und viele versammelten sich im Hospital, um ihr nahe zu sein. Einige berichteten, sie hätten beobachtet, wie Schwester Helen früher am Nachmittag erregt und kaum bei sich durch das Kloster gelaufen sei. Bruder Edmund musste schließlich um Ruhe für seine Arbeit bitten. Schwester Winifred verfolgte das alles von ihrem Krankenlager aus mit verwirrten Blicken.
    Es wurde vereinbart, dass einige von uns die Nacht hindurch bei der Betreuung von Schwester Helen und Schwester Winifred helfen sollten. Ich wurde für die zwei Stunden nach dem Nachtgebet eingeteilt. »Die Jüngsten sind die Kräftigsten und brauchen den Schlaf weniger dringend«, entschied Schwester Agatha.
    Als ich zum Nachtmahl ins Refektorium trat, sah ich zu meiner Überraschung Schwester Christina an unserem Tisch sitzen. »Meine Mutter ist nach Hause gebracht worden«, erklärte sie.
    »Wie geht es ihr?«
    Schwester Christina schüttelte den Kopf. »Sie ist völlig orientierungslos. Dreißig Jahre lang ist sie allen Wünschen meines Vaters gefolgt.«
    »Und wie geht es Euch?« Ich legte ihr die Hand auf die Schulter. Sie war starr wie Stein.
    »Ich halte mich an Gott«, sagte sie heftig. »Er wird uns führen.«
    Nach dem Essen kam Schwester Agatha zu uns. »Ist es wahr, dass eine Abordnung aus London eingetroffen ist, um mit Eurer Mutter und dem Richter zu sprechen?«
    Schwester Christina nickte widerwillig. »Ja, der Kronrat hat sie geschickt, nachdem der Tod meines Vaters bekannt geworden war.«
    »Und wollten sie wirklich die Leitung der Untersuchung an sich reißen   – ist es wahr, dass es Streit gegeben hat?«
    »Ich habe das nicht verfolgt, mein Anliegen war es zu beten und mich um meine Mutter zu kümmern«, blaffte Schwester Christina, und Schwester Agatha machte sich eilends davon.
    Als ich

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