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Die letzte Nonne - Bilyeau, N: Die letzte Nonne

Die letzte Nonne - Bilyeau, N: Die letzte Nonne

Titel: Die letzte Nonne - Bilyeau, N: Die letzte Nonne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Bilyeau
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mich nach dem letzten Abendgebet im Dormitorium auf meinem Strohlager ausstreckte, knisterte etwas unter der Decke. Ich schob sie weg. Auf dem Laken lag ein gefaltetes und versiegeltes Blatt Papier.
    Ich erbrach das Siegel, während Schwester Christina sich auf der anderen Seite bettfertig machte. Nur ein Satz stand auf dem Papier. »Findet die Howard-Tapisserie.« Unterzeichnet war es nicht.
    Ich faltete es wieder zusammen und schob es mit klopfendem Herzen unter mein Kopfkissen. Sollte ich es Richter Campion übergeben? Im ersten Moment schien das das Vernünftigste, aber dann kam ich von diesem Plan ab. Wenn der Briefschreiber seine Nachricht dem Richter und seinen Leuten hätte zukommen lassen wollen, warum hatte er sie dann in meinem Bett hinterlegt? Das musste einen triftigen Grund haben.
    Ich vermutete, dass Schwester Helen dahintersteckte. Die Botschaft bezog sich auf eine Tapisserie. Sie hatte am Nachmittag mit mir sprechen wollen, aber wir waren unterbrochen worden. Die anderen Schwestern hatten sie aufgeregt umherlaufen sehen. Sie musste Papier und Feder gesucht, dann diese Botschaft geschrieben und in meinem Bett versteckt haben.
    Willkommen war mir dieser Auftrag nicht. Der Name »Howard« war mir so unlieb wie die Vorstellung, mich auf die Suche nach einer alten Tapisserie zu begeben, die vermutlich in Dartford hergestellt und dann an diese Familie verkauft worden war. Wie sollte ich eine solche Suche bewerkstelligen? Und wenn sie erfolgreich wäre, was sollte die Tapisserie mir dann verraten?
    Meine Gedanken drehten sich endlos im Kreis, bis Schwester Rachel mich an der Schulter schüttelte. »Wacht auf, Ihr habt jetzt Krankendienst.« Ich sagte ihr nicht, dass ich keine Sekunde geschlafenhatte, sondern folgte ihr, den Brief im Ärmel, schweigend nach unten.
    »Das ist nicht nötig«, sagte Bruder Edmund, als er mich sah. »Sie sind beide ruhig, ich brauche keine Hilfe. Ihr solltet lieber schlafen.«
    Aber ich beharrte darauf zu bleiben, bis Bruder Edmund nachgab. Mein Geist war so ermattet, ich brauchte die Hilfe des Bruders, der so gelehrt und scharfsichtig war und oft einen klareren Einblick in die menschliche Natur hatte als ich.
    Sobald Schwester Rachel sich zurückgezogen hatte, nahm ich den Brief heraus.
    »Wer hat das geschrieben?«, fragte er.
    »Ich weiß es nicht, aber ich glaube, es war Schwester Helen.« Wir blickten beide auf ihr lebloses Gesicht hinunter; es konnte uns nichts verraten.
    Ich wartete darauf, dass Bruder Edmund mir etwas zu der Botschaft sagen, mir eine Erklärung geben würde. Sein Gesicht war im Kerzenschein unnatürlich still.
    »Was glaubt Ihr, hat das zu bedeuten?«, fragte ich schließlich.
    »Ich weiß es nicht«, antwortete er, »aber ich halte es für möglich, dass Schwester Helen hier viele Dinge beobachtet und wahrgenommen hat, ohne dass andere es bemerkten.«
    Wie zum Beispiel die Existenz einer versteckten Krone?
Mir stockte der Atem. Lord Chester hatte damit geprahlt, um ein Geheimnis zu wissen, und er war ermordet worden. Auch Schwester Helen wusste um etwas, was im Kloster geschehen war, und hatte es vielleicht durch ihre Gestaltung einer Tapisserie weitergegeben. Etwas, bei dem eine Novizin namens Beatrice und unsere verstorbene Priorin Elizabeth eine Rolle spielten. Aber nun lag Schwester Helen besinnungslos darnieder.
    Ich sagte nichts weiter zu Bruder Edmund. Ich konnte ihm nicht mehr anvertrauen. Es war vielleicht schon ein Fehler gewesen, ihm überhaupt etwas zu sagen.
    Wir arbeiteten schweigend. Er sah nach den beiden Kranken, während ich Kompressen bereitete und Kräuter für Umschläge zerrieb. Er setzte sich auf einen Stuhl neben Schwester Winifred, einen Ellbogen auf ihr Bett gestützt. Es dauerte nur Augenblicke, da erschlafftenseine Schultern. Langsam sank er über dem Bett zusammen, bis sein Kopf neben ihrer mageren Schulter zu ruhen kam. Er war eingeschlafen.
    Ich zündete eine kleine Kerze an und lief den Gang hinunter. Ich musste handeln, bevor er erwachte.
    Ich hoffte, dass man bei dem ganzen Aufruhr im Kloster vergessen hatte, die Bibliothekstür abzuschließen, und ausnahmsweise hatte ich Glück. Ich eilte zu dem Regal, in dem das Buch gestanden hatte, das mir Auskunft geben konnte.
    Ja, es war da.
Von Caratacus zu Athelstan.
Es stand ein klein wenig neben seinen Nachbarn hervor, als wäre es in Eile dazwischengeschoben worden.
    Ich blätterte schnell zum letzten Kapitel, zu der Stelle, an der ich vor zwei Wochen unterbrochen worden

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