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Die letzte Nonne - Bilyeau, N: Die letzte Nonne

Die letzte Nonne - Bilyeau, N: Die letzte Nonne

Titel: Die letzte Nonne - Bilyeau, N: Die letzte Nonne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Bilyeau
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Campion, so könnte ich dieses Amt nicht behalten.«
    Auf dem Gang hörten wir Frauenstimmen. Ich glaubte, Schwester Eleanor käme mit Schwester Agatha zurück. Aber es wurde gleich wieder still.
    »Geoffrey, ich muss Euch etwas sagen«, begann ich.
    Sein Blick verriet seine Verblüffung darüber, dass ich ihn beim Vornamen nannte.
    »Was ich im Tower über Euch gesagt habe, das   – es war nichtmeine wahre Meinung.« Endlich hatte ich es geschafft. Aber Geoffrey schien immer noch unzufrieden.
    »Warum habt Ihr es dann gesagt?«, fragte er.
    »Der Herzog von Norfolk   – Ihr kennt ihn nicht so gut wie ich. Ich konnte nicht für Euch eintreten; das hätte ihn erst recht in Wut gebracht.«
    Geoffrey kniff die Augen zusammen. »Aber für Bruder Edmund seid Ihr eingetreten   – da gab es keinen Hinderungsgrund.«
    »Die Umstände sind doch ganz andere«, protestierte ich.
    »Was hat er mitten in einem Nonnenkloster zu suchen? Das würde mich mal interessieren«, sagte Geoffrey. »Soviel ich weiß, müssen Mönche und Ordensbrüder von Nonnen streng getrennt bleiben.«
    »Wir beten, arbeiten und essen nicht zusammen«, sagte ich.
    »Und schlaft auch nicht zusammen?«
    Meine Hand schoss vor. Das Klatschen des Schlags schallte durch den ganzen Saal, und ich starrte entsetzt auf meine gerötete Handfläche.
    Geoffrey hielt sich die Wange. »Das habe ich wohl verdient.« Er lachte. »Für eine Nonne seid Ihr ganz schön schlagfertig.«
    Bevor ich etwas erwidern konnte, führte Schwester Eleanor die erregte Schwester Agatha herein.
    »Ich weiß nicht, wie ich helfen kann«, rief sie.
    Geoffrey wies auf die Tapisserie. »Wer ist dieses Mädchen?«
    Schwester Agatha war verwirrt. »Daphne. Das Mädchen aus der Sage. Ihr Vater verwandelte sie in einen Baum, um sie zu retten.«
    »Wovor?«
    Sie zeigte auf die drei Jäger. »Vor den Männern, die ihr nachgestellt hatten.« Sie sah mich an und senkte die Stimme. »Wir sprechen nicht darüber, warum.«
    »Und das Mädchen wurde einer lebenden Person nachgebildet?«, fragte er.
    »O nein«, entgegnete Schwester Agatha. »So arbeiten wir nicht.«
    »Aber Ihr und Schwester Eleanor habt doch beide gesagt, sie komme Euch bekannt vor«, insistierte er.
    Schwester Agatha betrachtete das schöne hellhaarige Mädchen auf der Tapisserie, deren Beine sich zu einem Baumstamm vereinigten,während aus den Armen Blätter hervortrieben. »Beim Weben ist es mir nicht aufgefallen, aber jetzt, mit dem Abstand von Monaten, sehe ich in ihr   – Schwester Beatrice.«
    »Ja«, stieß Schwester Eleanor hervor. »Ja, genau!«
    »Und wer ist Schwester Beatrice?«, fragte Geoffrey scharf.
    »Sie hat das Kloster 1535 verlassen«, sagte Schwester Agatha. »Damals mussten wir uns alle vor den Kommissaren des Königs versammeln. Sie sagten, jeder unter fünfundzwanzig Jahren müsse freigestellt werden. Es traf auf keine von uns zu. Danach fragten sie, ob jemand ausscheiden wolle. Sie sagten, diese Frage werde in jedem Kloster gestellt, und Schwester Beatrice meldete sich. Sie war Novizin und sie sagte, sie wolle fort. Sie hat keinen Grund genannt. Als sie   –«
    »Das ist genug«, unterbrach Schwester Eleanor heftig.
    »Hat Schwester Beatrice Lord Chester gekannt?«
    »Natürlich nicht«, sagte Schwester Eleanor.
    »Wo hält sie sich jetzt auf?«, fragte Geoffrey.
    »Das weiß ich nicht. Bei ihrer Familie, nehme ich an. Ihre Eltern waren in der Nähe von Canterbury zu Hause.«
    Mit einem Aufschrei wies Schwester Agatha plötzlich zur unteren Ecke der Tapisserie, wo der Kopf des alten Flussgotts hinter den Gräsern zu erkennen war. »Wisst Ihr, wie er aussieht? Wie die Priorin Elizabeth.«
    »Wie wer?«, fragte Geoffrey.
    »Unsere ehemalige Priorin, die letzten Monat verstorben ist«, sagte Schwester Eleanor. »Aber das ist lächerlich. Sie war meine Tante, und ich müsste doch   –« Sie brach ab.
    Ich musterte angestrengt das Gesicht auf der Tapisserie, und plötzlich erkannte ich erschüttert das weiße Haar, die Hakennase, die großen blauen Augen. Es war nicht zu leugnen: Der Flussgott sah aus wie die Priorin Elizabeth Croessner.
    »Wer leitet die Tapisseriearbeit?«, fragte Geoffrey.
    Wir sahen einander an, und widerstrebend sagte Schwester Eleanor: »Schwester Helen. Sie zeichnet die Entwürfe und wirkt mit eigener Hand die Gesichter der Figuren. Ich hole sie her, obwohl   –«
    »Nein«, unterbrach Geoffrey. »Bringt mich zu ihr. Sofort.«
    »Das verstieße gegen die Ordnung«, entgegnete

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