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Die letzte Nonne - Bilyeau, N: Die letzte Nonne

Die letzte Nonne - Bilyeau, N: Die letzte Nonne

Titel: Die letzte Nonne - Bilyeau, N: Die letzte Nonne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Bilyeau
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vermutete ich. »Deshalb seid Ihr nach Dartford zurückgekommen. Weil Ihr auch weitersucht.«
    Geoffrey sagte schnell: »Ich wusste nichts von diesen Westerly-Kindern   – nein, ihretwegen bin ich nicht hier. Aber da wir nun einmal zusammengetroffen sind, schlage ich vor, ich begleite Euch ins Haus und leite die Befragung.«
    »Die Fragen stelle ich«, erklärte ich.
    Geoffrey lachte wieder. »Ich weiß, dass Ihr einem Befehl von mir bestimmt nicht folgen würdet, Schwester Joanna. Ich kann deshalb nur vorschlagen, dass wir uns zusammentun.«
    »Gut.« Ich wandte mich an John. »Du bleibst am besten hier und gibst auf die Pferde acht.«
    Auf dem Weg zum Haus sah Schwester Agatha mich mit einem seltsamen Blick von der Seite an, den ich ignorierte. Wir klopften. Und klopften noch einmal, energischer. Es dauerte eine Weile, ehe die Tür einen Spalt aufgezogen wurde. Ein halbwüchsiges Mädchen mit spitzem Gesicht und einem schmutzigen Kittel musterte uns argwöhnisch.
    »Habt ihr da draußen bei der Prügelei mitgemacht?«, fragte sie. »Wir wollen keinen Ärger.«
    Geoffrey stieß die Tür auf. »Ich bin Constable des Bezirks Rochester. Wir haben einige Fragen, nicht an dich, sondern an die Familie Westerly.«
    »Sind sie zu Hause?«, fragte ich.
    »Ja, ein paar von ihnen sind da.« Widerwillig ließ sie uns ein. Es war ein dunkler Raum, nicht besonders sauber, in dem es nach Zwiebeln roch.
    Die Zimmerdecke knarrte. Ich schaute neugierig hinauf.
    Das Mädchen nickte. »Die Frau und die Töchter sind da.«
    Schwester Agatha und ich starrten das Mädchen an. »Welche Frau?«, fragte ich.
    Das Mädchen drehte einen Zipfel ihres Kittels in den Händen. »Ich will keinen Ärger«, wiederholte sie nur und wies auf eine abgetretene Stiege. »Da geht’s rauf.«
    Von Geoffrey geführt, gingen wir nach oben bis zur Tür am Ende der Stiege. Er klopfte und rief laut: »Wir müssen die Familie Westerly sprechen.«
    Von der anderen Seite hörte ich leises Rascheln, aber niemand antwortete. Ich sagte flüsternd zu Geoffrey: »Und wenn die Kinder aus dem Fenster klettern?«
    Er nickte und drückte mit der Schulter gegen die Tür. Das Schloss hielt dem Druck nicht stand, die Tür sprang auf. Ich drängte mich an Geoffrey vorbei, um als Erste drinnen zu sein. Das Zimmer war leer. Es war sauberer als das unten und heller dank dem Licht, das durch die hinteren Fenster einfiel. An einer Wand stand eine Reihe Hocker, an der anderen ein langer Holztisch. Nebenan war eine Küche.
    »Schwester Joanna!« Martha Westerly kam wie ein kleiner Vogel auf mich zugeflogen, und schon hielt ich sie in den Armen, das Gesicht an ihrem dichten Haar. Ich hielt sie so fest umschlossen, dass ich fürchtete, ich könnte ihre kindlichen Glieder zerbrechen.
    »Wie heißt du?«, hörte ich Geoffrey fragen und drehte mich um. In der Ecke neben der Küche stand eine dünne dunkelhaarige Frau. Sie war ein wenig älter als ich und trug einen Kittel, sauberer als der des Mädchens von unten. Man hätte sie hübsch nennen können, wäre nicht die tiefrote Narbe neben ihrem Ohr gewesen   – und der Schrecken in ihren Augen. Sie stand an die Wand gedrückt, als wären wir ein Mördertrio.
    »Ich bin Catherine Westerly«, sagte sie leise mit rauer Stimme. Sie atmete schnell und flach vor Angst.
    »Wie bist du mit Stephen Westerly verwandt?«, fragte ich.
    »Ich bin seine Ehefrau.«
    »Ausgeschlossen«, rief Schwester Agatha. »Seine Ehefrau ist vor weniger als einem Monat im Kloster Dartford gestorben.«
    Die Frau trat ein wenig von der Wand weg. »Ich bin seine zweite Frau«, sagte sie mit einem Anflug von Trotz. »Es ist alles rechtmäßig. Das Aufgebot wurde verlesen.«
    »Es ist wahr, Schwester Joanna«, sagte von der Tür her Ethel, in einem sauberen Kleid, das Gesicht von Tränen verquollen. Hinter ihr war die Schlafkammer mit Strohsäcken auf dem Boden.
    »Mein Vater hat diese Frau geheiratet.« Ethel warf Catherine einen feindseligen Blick zu. Anstatt verärgert oder gekränkt zu reagieren, blickte die Frau zu Boden.
    Schwester Agatha räusperte sich. »Wir sind froh zu sehen, dass ihr gesund und wohlbehalten seid, Kinder, auch wenn die Umstände nicht   – erfreulich sind. Wir möchten euch gern etwas fragen.«
    »Worüber?«, fragte Catherine Westerly schnell. »Sollte da nicht mein Mann dabei sein? Er ist mit Harold unterwegs.«
    »Die Fragen gehen die Kinder an«, erklärte ich, setzte Martha ab und winkte Schwester Agatha, die den Beutel trug. Sie

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