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Die letzte Nonne - Bilyeau, N: Die letzte Nonne

Die letzte Nonne - Bilyeau, N: Die letzte Nonne

Titel: Die letzte Nonne - Bilyeau, N: Die letzte Nonne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Bilyeau
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Rede wert, Cousine.«
    Aber sie ließ nicht locker. »Sie hat gehört, Ihr wärt im Tower festgesetzt und hättet meinem Vater argen Verdruss bereitet.«
    Ich spürte Bruder Edmunds plötzliche Anspannung. Das Feuer knackte und knisterte; ein Scheit zischte laut.
    Ich ließ es darauf ankommen und sagte: »Nun ja, das ist wahr, Cousine.«
    Zu meiner Überraschung lächelte sie. Es war nicht Margarets Lächeln; es war ein wissendes, beinahe höhnisches Lächeln. Und es erinnerte mich an niemand anderen als den Herzog von Norfolk.
    »Los, Joanna.« Kichernd wies sie zu einer Flasche Wein auf demTisch. »Ich lasse noch ein paar Becher bringen. Wir wollen auf Euch trinken. Ich habe so selten jemanden da, mit dem ich gern trinke. Meine Nachbarn mag ich nicht, und ich bin noch nicht so weit gesunken, dass ich mit den Bediensteten trinke.«
    Sie winkte, und die Frau mit den scharfen Gesichtszügen trat mit zwei Bechern aus dem Schatten. Ich hatte kein Verlangen nach Wein, aber ihn abzulehnen, wäre unhöflich gewesen. Wir hoben die Gläser und tranken. Es war ein schwerer, würziger Wein.
    »Es gefällt Euch also hier nicht?«, fragte ich neugierig. »Warum bleibt Ihr dann?«
    »Ein anderes Zuhause habe ich nicht. Das Schloss ist mein Witwenerbe, so wurde es im Ehevertrag festgelegt«, erklärte sie. »Alle Ländereien, Häuser und alles Geld meines Gemahls sind an den König zurückgefallen.«
    »Aber das ist ungerecht«, warf Bruder Edmund ein, »und ungesetzlich dazu.«
    Meine Cousine warf den Kopf zurück und lachte. »Wie amüsant Ihr seid, Mister Sommerville.« Sie lachte lange, und ich fragte mich, wie viel Wein sie schon getrunken hatte. »Mein liebender Schwiegervater, der König, behauptete, die Ehe sei nicht rechtskräftig, weil sie nie vollzogen wurde. Natürlich wurde sie nicht vollzogen, auf seinen Befehl hin. Sein Sohn habe eine zu zarte Gesundheit für ›eheliche Exzesse‹ vor dem achtzehnten Lebensjahr, wie Seine Majestät es formulierte. Aber er wurde keine achtzehn.« Sie hob ihren Becher. »Und hier bin ich nun, eine jungfräuliche Witwe in einem halbverfallenen Schloss in der Einöde von Wiltshire.«
    »Aber was ist mit Euren Eltern?«, fragte ich schnell, da mir dieses Gespräch über weibliche Jungfräulichkeit im Beisein Bruder Edmunds peinlich war.
    »Meine Mutter verbringt ihre ganze Zeit damit, Briefe zu diktieren, vornehmlich an Cromwell, in denen sie ihre Beschwerden über meinen Vater darlegt und seine Grausamkeit schildert. Ich habe mir sagen lassen, dass der Lordsiegelbewahrer die Korrespondenzen der Herzogin von Norfolk unerträglich findet. Und was meinen Vater, den Herzog, angeht, so halte ich Abstand, seit er ständig davon redet, eine zweite großartige Partie für mich arrangieren zu wollen.« Sielehnte den Kopf an die Rückenlehne ihres Sessels. »Da bleibe ich lieber hier.«
    Ich wusste nicht, was ich sagen sollte, und trank einen Schluck Wein, obwohl ich schon leicht benommen war. Dann stellte ich den Becher nieder und sagte: »Cousine Mary, ich habe gehört, dass Ihr zur Hochzeit eine der Tapisserien bekommen habt, die wir in Kloster Dartford anfertigen. Wir würden sie uns sehr gern einmal ansehen.«
    Ein paar Sekunden lang musterte sie mich stirnrunzelnd, dann schüttelte sie den Kopf. »Sie hing zuerst hier in diesem Saal, aber dann haben wir sie im Schlafgemach meines Gemahls aufgehängt. Es ist verschlossen, und ich darf nicht hinein.« Sie verdrehte die Augen. »Selbst als er noch lebte, durfte ich nicht hinein.«
    Bruder Edmund und ich wechselten einen kurzen Blick.
    »Cousine, es würde uns sehr viel bedeuten, sie zu sehen«, sagte ich.
    »Es tut mir leid, Joanna, das geht nicht. Noch etwas Wein?«
    Wie bereitwillig sie sich den Wünschen dieser Männer fügte, wie gehorsam sie ihnen war, ihrem Vater, dem Herzog von Norfolk, und ihrem Schwiegervater, dem König.
    Ich hob die Hand. »Nein, danke, Cousine. Ich möchte keinen Wein mehr. Für heute ist des Weins genug getrunken. Ich finde, es ist an der Zeit, dass Ihr Euren Bediensteten befehlt, den Schlüssel zu dem Zimmer zu suchen. Es ist schließlich Euer Haus. Und Ihr seid eine halbe Stafford. Die Staffords haben ihren eigenen Willen.«
    Sie wurde rot. Ich hatte sie getroffen. Aber mit einem routinierten kleinen Schulterzucken stand sie auf, rief nach ihrer Dienstmagd und erteilte den Befehl.
    Der Widerstand, den sie von den Bediensteten gefürchtet hatte, blieb aus. Bald waren wir im oberen Stockwerk und drängten uns an

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