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Die letzte Nonne - Bilyeau, N: Die letzte Nonne

Die letzte Nonne - Bilyeau, N: Die letzte Nonne

Titel: Die letzte Nonne - Bilyeau, N: Die letzte Nonne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Bilyeau
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im Stich gelassen. Nachdem ich sie verlassen hatte, schrieb sie diesen Brief, und sie nahm sich das Leben, um mich von allem Verdacht zu reinigen.«
    Schwester Christina schlug mit der freien Hand gewaltsam gegen die Mauer, nur ein weniges über dem Kopf der Priorin. Die Priorin zuckte vor der rasenden Wut der Novizin zurück.
    Ich versuchte erneut, Schwester Christina zu beruhigen. »Reichen diese unterirdischen Gänge weit?«
    »Bis zu den Ställen«, sagte sie. »Vor hundert Jahren gab es eine alberne Priorin, die fürchtete, es würde jemand versuchen, die Krone mit Gewalt an sich zu reißen. Sie ließ einen Verbindungsgang graben und einen weiteren Zugang schaffen, eine Geheimtür im Wandelgang gleich außerhalb der Kirche. So, glaubte sie, könnte sie die Krone und sich selbst hinausschmuggeln, wenn das Kloster angegriffen werden sollte. Sie ließ die Arbeiter Stillschweigen schwören. Aber irgendjemand hat doch geredet.«
    Hinter ihr, am Ende des Ganges, bewegte sich etwas. Dann sagte ein Mann: »Ja, und so hat Lord Chester von den unterirdischen Gängen erfahren.«
    Schwester Christina schwang mit einem wütenden Aufschrei herum und riss das Messer in die Höhe.
    Geoffrey Scovill trat um die Ecke. Mit einem schnellen Blick erfasste er meine Lage und die der Priorin, bevor er sein Augenmerk auf Schwester Christina richtete. An seiner Seite sah ich einen Knüppel.
    »Lord Chester gelang es, einer jungen Novizin namens Schwester Beatrice, die er im Kloster gesehen hatte, eine Nachricht zu senden. Er lockte sie hier herunter. Er verführte ein unschuldiges Mädchen, das einsam und verwirrt war.«
    Schwester Christina schrie wütend: »Woher wisst Ihr das?«
    »Ich habe Schwester Beatrice gefunden, und sie hat mir die Zugänge zu den unterirdischen Räumen beschrieben«, antwortete er. »Vorher hatte ich den früheren Pförtner, Jacob, gezwungen, mir zu verraten, wo sie sich versteckt hielt.«
    Natürlich. Deswegen waren wir Geoffrey an jenem Tag im Dorf begegnet   – er war auf der Suche nach Jacob gewesen.
    »Als die Kommissare des Königs damals das erste Mal hier waren, entschied Schwester Beatrice, dass sie das Kloster verlassen wolle. Die Priorin musste es ihr gestatten. Jacob brachte sie ins Haus ihrerMutter. Unterwegs erbrach sie zweimal, und er berichtete bei seiner Rückkehr der Priorin Elizabeth davon, die erkannte, dass Schwester Beatrice ein Kind erwartete. Sie war entsetzt und suchte das Elternhaus der Schwester auf. Die Mutter hatte ihre Tochter schon unter Beschimpfungen aus dem Haus gejagt. Die Priorin und Jacob fanden sie schließlich halb tot im Wald und versteckten sie auf einem kleinen Hof nicht weit von hier. Die Priorin versah sie regelmäßig mit Geld, damit sie sich versorgen konnte. Schwester Beatrice musste sich vor Lord Chester versteckt halten, weil er ihr das Kind genommen hätte, hätte er davon erfahren. Das Kind wurde vor der Zeit geboren; es kam tot zur Welt. Aber sie wollte versteckt bleiben. So groß war ihre Furcht vor Lord Chester.«
    Geoffrey trat einen Schritt näher an Schwester Christina heran. »Ihr wisst, warum sie ihn fürchtete, nicht wahr? Als sie ihm hier unten begegnete, war er betrunken und sagte ihr etwas Furchtbares. Etwas über Euch.«
    Schwester Christina drohte ihm mit dem Messer. »Hört auf!«
    Geoffrey schob sich vorsichtig noch näher an sie heran. »Euer Vater hat Euch Gewalt angetan, nicht wahr, Schwester Christina?«
    Ich zuckte zusammen. »Nein«, jammerte ich, aber niemand bemerkte es, denn Schwester Christina hatte laut zu brüllen begonnen. Die Hände auf den Bauch gepresst, krümmte sie sich zusammen und brüllte wie ein tolles Tier.
    Geoffrey ging noch einmal zwei Schritte näher. »Durch den Brief, den die Priorin Elizabeth an ihre Nachfolgerin geschrieben hatte, habt Ihr die Wahrheit über Schwester Beatrice erfahren. Sie hatte das Kloster zwar einige Monate vor Eurer Ankunft verlassen, aber Ihr müsst etwas gehört oder geahnt haben, sonst hättet Ihr das Schreiben der Priorin nicht gestohlen. Sie hatte Lord Chester für alle Zeiten aus dem Kloster verbannt und wollte sicher sein, dass ihre Nachfolgerin es ebenso halten würde. In diesem Schreiben sprach sie auch von den unterirdischen Räumen. So habt Ihr sie entdeckt.«
    Schwester Christina starrte ihn schwer atmend an.
    »Was Euer Vater Euch angetan hat, war ein Verbrechen wider die Natur, Schwester Christina. Es ist kein Wunder, dass Ihr darüber wahnsinnig geworden seid. Aber das ist

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