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Die letzte Offenbarung

Die letzte Offenbarung

Titel: Die letzte Offenbarung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan M. Rother
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Schultern des Lazarus, den er von den Toten auferweckt hatte .
    Und das Volk sprach viel von diesen Dingen .
    Alsbald aber gab die Familie zu Betanien ein Fest zu Ehren Jesu und um die Auferweckung des Lazarus zu feiern. Und Marta bediente bei Tische, wie ich es an jenem Tage in Kana getan hatte, als ich Jesus zum ersten Mal erblickte und unser beider Geschicke auf ewig miteinander verflochten wurden .
    Maria aber brachte einen Krug mit duftendem Öl aus unverfälschter, kostbarer Narde und begann Jesus die Füße zu salben und mit ihrem samtigen Haare zu trocknen. Die Schwester des Lazarus hatte glänzendes, dunkles Haar, und wiewohl dies eine Sünde ist nach dem Gesetz des Mose: Ich neidete es ihr .
    Judas aber, mit Namen Iskarioth, der einer von den Zwölfen war, sagte: » Warum ist dies Öl nicht für dreihundert Silbergroschen verkauft und den Armen gegeben worden?«
    Und ich sah, dass Petrus zornig wurde über diese Worte. Er war aber nicht zornig, weil Judas das Öl verkaufen wollte, sondern weil er gesehen hatte, mit welchem Wohlgefallen Jesus auf Maria blickte. Denn auch Petrus blickte wohlgefällig auf sie und das, was sie tat, und er pries ihre Schönheit und Anmut. »Wenn ich kein Weib hätte, Rabbi«, sprach er zu Jesus, »so wäre ich wohl begierig, bei dieser zu liegen. «
    Jesus aber erkannte, dass Petrus dies sagte, um in ihm, Jesus, selbst die Begierde nach Maria zu erwecken, doch er lächelte voller Nachsicht. »In meines Vaters Haus gibt es viele Wohnungen. Wäre es nicht so, ich hätte es euch doch gesagt.« Und ein Schatten legte sich auf seine Züge. »Ich aber werde gehen, um euch die Stätte zu bereiten. Wahrlich, wahrlich: Nur eine kurze Zeit noch ist der Menschensohn bei euch .«
    Wenig Zeit noch um zu vollenden und offenbar werden zu lassen, wer er, Jesus aus dem Dorfe Nazareth, sei .
    Da begannen sie sich zu fürchten, denn sie ahnten, dass er auch offenbar machen wollte, was zwischen Lazarus und ihm und zwischen ihm und mir geschah. Hatte nicht jener, der ihn gesandt hatte, ihn Mensch werden lassen, auf dass er das Los der Menschen teile? Und was wäre der Mensch ohne die Liebe, die größer ist als alle Verfolgungen und Missachtungen?
    Und das Passahfest war nahe, und sie wussten, dass er Jerusalem besuchen wollte in diesen Tagen .
    Ich aber sah dort an den Tischen einen Mann, der zu uns herüberblickte, und sein Gesicht war dunkel vor Zorn, als er Lazarus, Jesus und mich betrachtete. Und ich befragte Jesus, ob er mir sagen könne, wer dieser Mann sei, und Jesus sprach: »Der Sohn kann nichts von sich aus tun, sondern nur das, was er den Vater tun sieht.« Was aber dem Vater bekannt sei, das sei auch ihm bekannt, und dieser Mann, noch jung an Jahren, sei Saulus, der sich auch Paulus nenne, aus der Stadt Tarsos in Kilikien, und das Kreuz, das dieser trage, sei eines der schwersten .
    »So hasst auch dieser uns, weil wir wider das Gebot des Mose handeln?«, fragte ich .
    Da blickte Jesus den Saulus an, und für einen Atemzug nur trafen sich ihre Blicke, und der Blick Jesu ging bis in seine Seele. Und zu mir sagte er leise, dass Saulus in der Tat hasse, was wir täten. Er ganz besonders, mehr noch als Petrus. Petrus nämlich liebe die Weiber, Paulus hingegen seien sie gleichgültig, weil er selbst in seinem Herzen den Wunsch trage, nach der Art der Griechen zu tun — aber er wage es nicht, weil es wider das Gebot des Mose sei. Ein Mensch sei er, der sich verzehre nach der Liebe und der die Liebe, nach der er sich sehnte, doch niemals für sich erfahren werde. Er sprach leise zu mir, und doch war mir, als ob jener Saulus aufhorchte, als er ihn reden hörte, und als ob er seinen Worten lauschte, als sie sich tief in das Herz des Saulus senkten. »Wenn ich mit Menschen- und Engelszungen redete und hätte die Liebe nicht, so wäre ich ein tönendes Erz oder eine klingende Schelle. Und wenn ich prophetisch reden könnte und wüsste alle Geheimnisse und alle Erkenntnis und hätte allen Glauben, dass er Berge versetzen könnte, und hätte die Liebe nicht, so wäre ich nichts. Und wenn ich alle meine Habe den Armen schenkte und wenn ich meinen Leib hingeben würde, um Ruhm zu gewinnen, und hätte die Liebe nicht, so war es ohne Nutzen für mich.« Und ich sah Tränen in seinen Augen, als er dies sagte .
    Und so, als ich lange Jahre später dem Saulus näher bekannt wurde, konnte ich ihn dennoch nicht hassen, denn ich wusste, dass Jesus ihn erkannt hatte und auch diesen Menschen liebte, wie er

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