Die letzte Praline
Motorrad.«
»Ihre Familiengeschichte interessiert mich einen Dreck. Wie nah müssen Sender und Empfänger beieinander sein?«
»Ach, schon ziemlich.«
»Wollen Sie damit sagen …?«, fragte Bietigheim, der nun näher kam.
»Ja, schon«, antwortete Pit, bevor die Frage vollständig ausgesprochen war.
»Dass der Sender sich vermutlich im selben Raum befunden haben muss?«
»Vermutlich«, bestätigte Pit.
»Und ich sage Ihnen: Er muss es auf jeden Fall. Denn nur wer im Raum war, konnte den exakten Moment für die Öffnung erkennen – als die Chocolatiers darunterstanden. Nur Medienvertreter waren im Saal, sämtliche akkreditiert, die Mitarbeiter der Weltmeisterschaft … und die Chocolatiers. Egal, wer die Fernbedienung hatte, er wird sich ihrer vermutlich längst entledigt haben. Wir sollten die Mülleimer ringsum untersuchen lassen. Und dann sollten …«
»… wir alles nach Fingerabdrücken untersuchen«, beendete Aspe den Satz. »Wobei ich wir meine wie in: ich und auf keinen Fall Sie. Wir wie in: Stecken Sie Ihre Nasen woanders rein. Von mir aus bis zum Anschlag in Schokolade.« Er wandte sich an einen seiner Mitarbeiter, der dem Wortgefecht feixend zugesehen hatte. Bietigheim erkannte ihn als den Informanten von der Frittur wieder! »Degroof, nehmen Sie die Fingerabdrücke sämtlicher heute anwesender Personen. Und zwar umgehend. Madame Baels wird Ihnen eine entsprechende Liste erstellen. Zudem sichten Sie sämtliche heute gemachten Video- oder Fotoaufnahmen. Es ist mir egal, wie lange das dauert und wie viele Überstunden Sie machen müssen. Vielleicht kann man auf einer Aufnahme die Fernbedienung erkennen. Außerdem Schlösser untersuchen und alle Wachmänner befragen, ich will wissen, wie der … Attentäter hier reingekommen ist. Erste Ergebnisse bis heute Abend.«
Benno drückte sich gegen Aspes Bein und hinterließ dort ein Büschel Haare.
»Na, super: Fellhose!«, knurrte Aspe und versuchte es wegzustreichen. Erfolglos. »Ich geh jetzt was essen. Fritten, keine Schokolade. Schokolade ist nur was für Komiker.«
Als er ging, grinsten sich die zwei anwesenden Komiker äußerst zufrieden an – und streichelten den stolzen Benno von Saber.
Bevor der Professor sich auf den Weg nach De Haan gemacht hatte, um Beatrice Reekmans’ Eltern sein Beileid auszusprechen und sich ein wenig umzuhören, hatte er Pit beauftragt, Ottavio Bertinotti zu befragen – solange dieser noch im Hotel der Chocolatiers weilte und nicht frustriert abgereist war.
Das Hotel »De Boerenpummel« lag ein wenig außerhalb Brügges und stand inmitten der Polderlandschaft. Ein zweigeschossiges weißes Gehöft, auf dem auch ein paar Kühe, Schweine und Schafe gehalten wurden – allerdings mehr aus Dekozwecken. Ein Border-Collie beäugte diese hoch konzentriert, während er sich die Sonne auf den Pelz scheinen ließ. Einige Holzliegen waren auf die Wiese gerollt worden – in einer davon lag Ottavio, in Jeans und aufgeknöpftem Hemd, sodass sein ebenso muskulöser wie behaarter Oberkörper gebräunt wurde.
Als Pit sich auf die Liege neben ihm sinken ließ, blickte er nicht einmal hinüber.
»Hallo, Meister«, begrüßte Pit den Italiener fröhlich.
»Hallo, Signore … ich weiß leider nicht mal Ihren Namen.«
»Kossitzke, Pit.«
»Wollen Sie mir Ihr Beileid zum Ausscheiden aussprechen?«
»Nö, das ging schon voll in Ordnung. Ihr Praliné passte gar nicht zum Trollinger.«
»Der Wein war Dreck!«
»Der Wein war eine Herausforderung.«
Ottavio knöpfte sich das Hemd zu und setzte sich auf. »Was wollen Sie dann von mir?«
»Nur ein paar Antworten. Tut gar nicht weh. Zumindest weniger, als Ihre Praline mit dem Trollinger zu essen.« Pit lachte schnarrend. Heute hatte er null Bock auf Höflichkeit.
»Ich muss mich von Ihnen nicht veralbern lassen! Und Fragen beantworten werde ich Ihnen schon gar nicht. Selbst wenn Sie mich nach der Uhrzeit fragen würden.«
Ottavio stand auf und ging ins Haus.
Pit folgte nur wenige Schritte hinter ihm.
Als dieser in sein Zimmer ging, ging Pits Fuß mit und schob sich in den Türspalt.
»Lassen Sie mich in Ruhe, sonst rufe ich die Polizei!«
Pit drückte die Tür auf, schubste den Italiener aufs Bett, warf sich mit seinem ganzen Gewicht hinterher und band dessen Handgelenke mit der mitgebrachten Wäscheleine an die Bettpfosten. Mit den Beinen machte er dasselbe. Er wollte das schnell hinter sich bringen, und auf Diskussionen hatte er gar keine Lust. Was er hatte, war tierischer
Weitere Kostenlose Bücher