Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die letzte Praline

Die letzte Praline

Titel: Die letzte Praline Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carsten Sebastian Henn
Vom Netzwerk:
sie hätten sich auf der Türschwelle vernascht.
    »Albert Einstein, du alter Stecher, hast dich kein bisschen geändert!«, dachte Pit.
    Kurze Zeit später ließ de Vaele die Rollläden herunter. Pit konnte vorher noch erkennen, wie Kerzen entzündet wurden.
    Er stand auf, klopfte sich das Gras von den Klamotten und drückte breit grinsend auf die Klingel.
    Adalbert Bietigheim trieb den Taxifahrer an, schneller zu fahren, doch dieser dumme, einfältige, faule, unverschämte, trantütige Betriebsunfall von Mensch hatte die Ruhe weg. Selbst Bennos energisches Bellen brachte nichts.
    »Wissen Sie eigentlich, wer ich bin?«
    »Der Schokoladenheini vom Rathaus. Da sehen Sie aber viel netter aus. Haben Sie auch Schokolade dabei? Meine Tochter mag so gern die Weiße.«
    »Nein. Überraschenderweise trage ich nicht ständig ein Schokoladensortiment mit mir herum. Und weiße Schokolade ist im strengeren Sinne gar keine richtige Schokolade. Wann begreift die Menschheit das bloß endlich? Ist doch nicht so schwer! Sagen Sie das Ihrer Tochter, nur damit sie Bescheid weiß. Und sagen Sie ihr auch, sie kann sich bei Nestlé bedanken, die weiße Schokolade in den 1930er-Jahren erstmals in großem Maßstab produziert haben. Wenn Sie mich fragen, war dies der Sündenfall!«
    »Sag ich ihr. So, wir sind da.« Er stieß einen Stoßseufzer aus.
    Bietigheim bezahlte trinkgeldlos und ging schnellen, aber würdevollen Schrittes zum Hotel »De Boerenpummel«. Hinter ihm hielt Aspes Dienstwagen. Der Kommissar sprang mit Zigarette im Mundwinkel heraus und folgte Adalbert, der dem rauchenden Aspe gedanklich bereits den Titel ›Schlot von Brügge‹ verliehen hatte.
    »Ich hab Sie im Auge, Bietigheim! Wie war eigentlich Ihre Kindheit?«, blaffte er den Professor von hinten an.
    »Ich hatte ein gutes Elternhaus, wogegen Sie mir in einer Frittenbude aufgewachsen zu sein scheinen.«
    »Ich bin als Kind zumindest nie dreimal in die Luft geworfen, aber nur zweimal aufgefangen worden!« Er lachte heiser, bevor er einen Hustenanfall bekam und etwas Schleim ausspuckte. Welch eine abstoßende Person!
    Die Tür zum Hotel stand offen, Adalbert ging rasch hinein und trat an den Empfangstresen.
    »Hallo? Ist da wer? Herbergsvater?«
    Ein Mann in geschnürten, olivgrünen Gummistiefeln und Arbeitskleidung erschien mit einem Pümpel. »Ist erledigt! Das Rohr ist frei, können alle wieder die Toiletten benutzen.«
    »Deshalb bin ich nicht hier. In welchem Zimmer nächtigt Jana Elisa da Costa?«
    »Die Brasilianerin?«
    »Ja.«
    »Mit den tollen dunklen Augen?«
    »Ja.«
    »Und den langen, braunen Haaren?«
    »Jawohl.«
    »Kenn ich nicht.« Pause. »Also nicht persönlich. Keine Ahnung, in welchem Zimmer die untergebracht ist.« Er ging seelenruhig zum Belegungsbuch. »Nummer 9. Das ist hier im Erdgeschoss, da rechts lang.«
    Adalbert zögerte keine Sekunde und schritt, ohne das Licht einzuschalten, eilig den dunklen Gang entlang, auf den der Mann gezeigt hatte. Da war es!
    Er klopfte. Fester. Er hämmerte gegen die Tür. Er rief ihren Namen.
    Vielleicht war sie gar nicht da? Er hatte Madame Baels nicht gefragt, ob Jana Elisa da Costa gerade einen Ausflug machte oder andere Termine hatte! Wie dumm von ihm.
    Neben Bietigheim standen mittlerweile einige der anderen Chocolatiers, alarmiert vom Lärm. Urs Egeli war darunter, aber auch Edward Macallan und Jón Gnarr. Sie wollten wissen, was los war. Es stellte sich heraus, dass keiner Jana in den letzten Stunden gesehen hatte.
    Da entdeckte Adalbert eine zähflüssige Masse, die unter dem Türspalt hindurchfloss.
    Dickflüssig und dunkel, sah sie aus wie eine Mischung aus Himbeer- und Brombeermarmelade. Doch Adalbert wusste sofort, was es war.
    Blut.
    Und viel davon.
    Plötzlich stand Aspe neben ihm und trat die Tür ein. Er brauchte nur einen Versuch. So was machte er wohl häufiger.
    Jana Elisa da Costa lag zusammengekrümmt auf dem Boden, ihr Zimmer war verwüstet, das Fenster stand offen. Ihr Blut hatte eine große Lache bis zur Zimmertür gebildet, die Sonnenstrahlen ließen es glitzern, als sei es mit Rubinen versetzt.
    Jana Elisas Brustkorb bewegte sich nicht mehr. Aspe sprang zu ihr und fühlte den Puls. Dann sank sein Kopf.
    Jetzt sah auch Bietigheim es.
    In Jana Elisas Bauch steckte eine große Klinge.
    Sie bestand aus schwarzem Glas.

KAPITEL 5

    Das Leben ist wie eine Schachtel Pralinen …
    … irgendwann ist das Verfallsdatum abgelaufen.
    Pits Stimmung war hervorragend, deshalb konnte die Musik aus

Weitere Kostenlose Bücher