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Die letzte Praline

Die letzte Praline

Titel: Die letzte Praline Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carsten Sebastian Henn
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Vaele spitzte die Lippen. »Das wäre vollkommen neu. Beuys hatte sein Fett, Sie hätten das Fleisch. Nur die Konservierung der Kunstwerke wäre ein Problem. Fleisch verdirbt zu schnell.«
    »Ess ich vorher auf.«
    »Als Teil der Performance? Sehr gut! Kunst, die nicht für die Ewigkeit, sondern nur für den Moment erschaffen wird, wie die Kunstwerke Christos und Jean-Claudes.« De Vaele schien tatsächlich Gefallen an der Idee gefunden zu haben. »Sie thematisieren mithilfe Ihrer Wurst die Vergänglichkeit des Lebens.«
    Pit strich sich nachdenklich über den weißen Rauschebart. »Und die Leckerheit von Wurst!«
    »Aber nur oberflächlich! Eigentlich ist es ein Plädoyer für das Vegetariertum. Sehr raffiniert! Ich mag Sie. Sie sehen zwar aus wie ein debiler Vollidiot, aber das ist alles nur Maskerade. Sie dürfen mir gerne bei der Arbeit zuschauen.«
    Pit hatte nicht übel Lust, de Vaele eins in die Maskerade zu hauen. Immerhin hatte der ihn gerade als Vegetarier bezeichnet. Da war der debile Vollidiot fast Nebensache. Aber er hatte aus Versehen dessen Vertrauen gewonnen. Also erst mal quatschen. Kloppe konnte er ihm nachher immer noch verabreichen.
    »Ich habe gehört, Sie leben wie ein Mönch. Also so ganz ohne, Sie wissen schon. Macht das denn Spaß?«
    »Das ist die völlig falsche Frage. Es dient der Kunst. Und nichts ist wichtiger.«
    »Also, wenn ich mich zwischen Sex und Kunst entscheiden müsste, würde ich keine Sekunde zögern.«
    »Sehen Sie! Ich ebenso wenig.«
    Pit sehnte sich mit einem Mal ganz stark nach Cambridge und seiner Diana. Nicht nur wegen der Küsse und des Kuschelns, der verliebten Blicke und des ganzen Krams. Sondern einfach, weil Diana ihm fehlte und er lieber mit ihr als mit jedem anderen Menschen zusammen war. Aber der Professor brauchte ihn, irgendwer musste sich um den Burschen kümmern, sonst kam er irgendwann unter die Räder. Andere hatten Modellflugzeuge als Hobby, er hatte Adalbert Bietigheim. Und im Gegensatz zu Modellflugzeugen war Bietigheim verdammt clever.
    »Mich interessiert übrigens überhaupt nicht, was man über mich sagt.« De Vaele zuckte theatralisch mit den Schultern. »Ich schöpfe nicht für irgendein Publikum, sondern für die Kunst an sich.« Er matschte etwas Schokolade gegen den Eiffelturm.
    »Na ja, hier geht es aber um Ihren Ruf als Künstler. Ich meine nämlich die Gerüchte, dass Beatrice Reekmans etwas mit Ihnen am Laufen hatte.«
    De Vaele schien ehrlich entrüstet. »Mit mir? Ich bitte Sie.«
    »Aber sie war doch Ihr Modell.«
    »Wenn ich mit allen meinen Modellen eine Affäre hätte, käme ich nicht mehr zum Arbeiten.«
    »Sie war aber nicht irgendein Modell, sie war eine Schönheit. Bei ihr wurden sicher auch Mönche weich … oder eher das Gegenteil.« Pit grinste breit. Der Gag war eigentlich ziemlich gut gewesen.
    De Vaele war allerdings anderer Meinung. Er verzog das Gesicht, als hänge etwas zwischen seinen Zähnen. »Also, ich war definitiv nicht ihr Liebhaber.«
    Pit trat auf de Vaele zu, legte ihm verschwörerisch den Arm um die Schultern. »Mal unter uns Künstlerjungs: Hast du noch nie was mit einem deiner Modelle gehabt? Komm, ehrlich. Da waren doch bestimmt auch welche mit dicken Hupen und amtlichen Hintern dabei. Ich sag’s auch nicht weiter.«
    »Niemals! Sie können mir bei meiner Ehre glauben, dass ich meine Elsa nie betrügen würde.«
    »Ach so, Sie sind verheiratet?«
    »War. Zweimal. Zuletzt mit Elsa, meiner Cousine. Sie verstarb jedoch 1936 in unserem Haus in Princeton.«
    »1936?« Dann verstand Pit. »Einsteins zweite Frau.«
    » Meine zweite Frau.«
    »Alles klar.« Pit langte es. Der Typ hatte statt Hirnmasse Schokolade in der Rübe. Und die war schon verdammt weich. »Ich muss dann mal weg. Die Tage komme ich vorbei für das Büstestehen.«
    »Bringen Sie mir doch bitte Fotos Ihrer Mettwurstkunstwerke mit, sie interessieren mich sehr.«
    »Aber klar, ich habe einen großen Abzug meiner ›Symphonie in Bockwurst‹.«
    Pit ging zur Tür.
    Ach, eines hatte er ja noch vergessen.
    Er drehte um und versetzte Fred de Vaele eine ordentliche Kopfnuss.
    »Was … was sollte das ?«
    »Nehmen Sie es nicht persönlich. Ist Teil eines Kunstprojekts und hat überhaupt nix damit zu tun, dass Sie mich vorhin einen debilen Vollidioten genannt haben. Wünsche, einen schönen Tag gehabt zu haben.«
    Professor Dr.   Dr.   Adalbert Bietigheim rannte durch das Schokoladenmuseum Brügges, als wäre der Leibhaftige samt Großmutter und

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