Die letzte Praline
verschlungen hat wie eine Gottesanbeterin ihren Paarungspartner. Aber ich will nicht weiter über dieses schreckliche Weibsstück reden und auch nicht über sie nachdenken. Es bereitet mir Kopfschmerzen. Wenn Ihnen auch nur das geringste bisschen an meiner Gesundheit liegen sollte, halten Sie sich fern von ihr! So, und bevor ich mich jetzt zu meiner Herzchakramassage spute, noch einen Hinweis: Lassen Sie auch diesen van der Elst nicht aus dem Blick. Für ihn steht am meisten auf dem Spiel, die Weltmeisterschaft findet schließlich in seinem Land statt. Pierre Cloizel muss außerdem durch seine Familie unter großem Druck stehen, ebenso dieser schweizerische Titelverteidiger. Und diesem verrückten Macallan traue ich sowieso alles zu.«
»Da gehe ich völlig d’accord mit Ihnen. Und ich greife wohl nicht zu weit vor, wenn ich die Vermutung äußere, dass einer der Finalisten der Täter sein muss – oder die Täterin. Sehr delikat das alles. Ich habe Herrn Kossitzke deshalb im Hotel der Teilnehmer einquartiert. Ich will nicht ausschließen, dass es Helfer von außen gibt, doch deutet vor allem der erste Mord auf einen Chocolatier hin. Was eine große Schande darstellt! Schokolade ist da, um Glück zu schenken – nicht den Tod.«
»Und was diesen Jaguarkrieger angeht …« Hildegard zu Trömmsen schien wie immer bestens informiert zu sein.
»… er hat mir gegenüber glaubwürdig den Mord an Beatrice Reekmans abgestritten.« Bietigheim erzählte von dem Vorfall im Strandpavillon der deutschen Teilnehmerin, der Verfolgungsjagd und dem anschließenden Gespräch mit dem Flüchtenden.
»Nun ja, er mag abstreiten, dass er der Mörder von dieser Reekmans ist – was aber nicht bedeutet, dass Sie ihm glauben müssen. Wer mordet, der lügt auch.«
»Aber er wirkte, nun ja, wie soll ich es ausdrücken, vertrauenerweckend.«
»Sie sind solch eine Seele von Mensch, mein lieber Professor. Doch bei diesem Verbrechen müssen Sie sich in das Böse hineinversetzen. Entdecken Sie das Raubtier in sich, das wilde, ungezähmte – allerdings bitte nicht, wenn Sie bei Madame Baels nächtigen.«
Bietigheim lachte höflich.
»Das war kein Scherz!« Bietigheim hörte auf, höflich zu lachen.
»Was ich nicht verstehe: Warum war dieser Jaguarkrieger bei der Beobachtung von Fräulein Hohenhausen nicht verkleidet?«
»Vielleicht wollte er inkognito die Lage auskundschaften«, schlug Adalbert vor.
»Ach, was! Das passt ja gar nicht zu seiner Methode.«
»Hat er tatsächlich eine Methode? Vielleicht mordet er einfach, wie es ihm gerade passt. Allerdings hatte er es bisher ausschließlich auf Frauen abgesehen. Sogar bei Madame Baels hat er im Schlafzimmer gestanden.«
»Und er hat sie nicht umgebracht? Wenn man einmal einen verrückten Mörder brauchen könnte! Auf die kann man auch nicht mehr zählen.« Hildegard zu Trömmsen erlitt einen Hustenanfall. Warum rauchte sie auch immer beim Telefonieren? Adalbert schüttelte voller Mitleid den Kopf.
»Ich errettete Madame Baels. Genau dafür hatte ich ja bei ihr mein Nachtlager aufgeschlagen.« Bietigheim spürte, wie Hildegard zu Trömmsen zu einer neuen Tirade über Phinchen ansetzen wollte, deshalb kam er schnell mit einem Kompliment zuvor. »Ich vermisse es so, meine allerliebste Frau zu Trömmsen, gemeinsam mit Ihnen, und nur mit Ihnen, in Ihrem schönen Salon etwas Warmes zu genießen.«
»Ach, Sie alter Charmeur! Dabei fällt mir ein köstlicher Witz ein. Treffen sich zwei Prostituierte am Morgen. Fragt die eine: ›Gehen wir zuerst anschaffen oder frühstücken?‹ Darauf die andere: ›Egal, Hauptsache, was Warmes im Bauch.‹«
Diesmal brüllte Hildegard zu Trömmsen fast vor Lachen. Als wäre sie bis auf die andere Seite des Zirkuszelts zu hören, blickte Madame Baels in diesem Moment zu Adalbert herüber. Und zwar leicht vorwurfsvoll.
Oha, wo war er da nur hineingeraten?
Phinchen zeigte demonstrativ auf ihre goldene Armbanduhr.
Es war gleich so weit.
Halbfinale.
Und an einem Herd: der Mörder.
Das Wetter in De Haan hatte sich beruhigt – vielleicht befanden sie sich aber auch nur im Auge des Orkans. Die Wolken schlichen träge wie vollgefressene Katzen über den Himmel, und der Strand hatte sich mit Schaulustigen gefüllt, die den berühmten Chocolatiers über die Schultern schauen und am liebsten die Finger in die Schüsseln stecken wollten. Die Absperrung war darum sehr großzügig bemessen worden. In einem separaten Pavillon gab es Schokoladenspezialitäten zu
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