Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die letzte Reifung

Die letzte Reifung

Titel: Die letzte Reifung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carsten Sebastian Henn
Vom Netzwerk:
bisschen so ist wie ich, dann will er den Job zu Ende bringen. Und zwar möglichst schnell. Also heute Nacht. Lassen Sie uns zusammen die Augen offenhalten. Nur wir zwei beide, was meinen Sie?«
    »Das können Sie auch gut alleine.«
    »Da habe ich aber keine Lust drauf, das ist langweilig. Außerdem ist diese Mordsache eigentlich Ihr Steckenpferd. Ich reite nur ein bisschen mit.«
    Der Professor schwieg. Denn so ungern er es zugab, Pit hatte recht. Mit allem.
    »Kommen Sie schon!«, setzte dieser nun nach.
    Der Professor schüttelte den Kopf. Über die ganze Situation und darüber, was er nun tun würde.
    »Aber nur zwei, drei Stunden. Und Benno kommt mit.«
    »Aber klaro. Der kleine Stinker kann uns bewachen.«
    Und so kam es, dass der Professor kurze Zeit später mit Pit und Benno von Saber unter einer Eiche des Dorfplatzes auf einer Picknickdecke saß. Die Fenster von Madame Poincarés Haus, die zur Kuhweide hin gingen, waren alle sehr klein, sodass sich unmöglich jemand hindurchzwängen konnte. Wer ins Haus wollte, musste es durch die Türen oder Fenster auf der Frontseite tun oder durch den Stall kommen.
    Und all das hatten sie im Blick.
    Schon nach kurzer Zeit war der Professor das Schweigen leid.
    »Mein lieber Pit, ich möchte Sie an meinen neuesten Erkenntnissen teilhaben lassen. Es geht um glückliche Kühe. Ich habe diesbezüglich nämlich Bemerkenswertes herausgefunden. Wussten Sie zum Beispiel, dass sich Kühe beim Fressen und Schlafen besonders häufig in Nord-Süd-Richtung ausrichten? Dies deutet auf einen bisher unbekannten Sinn für Magnetismus hin. Diese Ausrichtung, so wird gemutmaßt, steigert das Wohlbefinden und wirkt sich auch auf die Milchproduktion positiv aus. Um es so zu formulieren, dass auch Sie es verstehen: Es gibt mehr Milch. Man denkt sogar schon darüber nach, Ställe zukünftig in Nord-Süd-Ausrichtung zu erbauen. Doch so faszinierend diese Untersuchungsergebnisse sind, eine Erklärung für den Glückszustand der Kühe bei Madame Poincaré und Monsieur Vesnin liefern sie nicht.«
    »Mhm.« Pit sah neidisch auf Benno von Saber, der eingeschlafen war.
    »Eine britische Forschungsgruppe«, fuhr der Professor ungerührt fort, »ist zu dem Ergebnis gekommen, dass Kühe mit Namen wie Daisy, Buttercup oder Bessie mehr Milch produzieren als ihre anonymen Artgenossinnen.«
    Was Pit in diesem Moment noch nicht wusste, war, dass dies nur der Beginn von Professor Bietigheims Spontanvorlesung zum Thema »Das Konstrukt Glück bei Rindviechern – Neueste Studienergebnisse im kritischen Diskurs« war. Auch ohne Immatrikulation bekam er die volle Vorlesungszeit spendiert.
    Es war gegen zwanzig nach drei, als er endlich erlöst wurde.
    Ein großer Schatten schlich zum Haus der toten Käserin und betrat es durch die Vordertür. Anscheinend besaß der Dieb einen Schlüssel.
    »Los, hinterher!«, sagte Pit.
    »Und was, wenn er uns angreift? Wir haben doch keine …« Waffe, wollte der Professor ergänzen. Doch dann erinnerte er sich an Pits Colt. »Vergessen Sie's.«
    »Und du, Benno, bist ruhig!«, ermahnte Pit den Foxterrier, der aufgewacht war und nun freudig bellte. Der Professor musste ihm etwas von Georg Friedrich Händel vorsummen, denn Benno von Saber liebte Barockmusik über alles. Bietigheim wählte Die Ankunft der Königin von Sheba. Der Titel klang zwar nach Katzenfutter, doch nichts machte den kleinen Flohfänger glücklicher. Schon nach wenigen Takten hörte er auf zu bellen. Und als Bietigheim ihm versprach, vor dem Einschlafen noch etwas aus der Feuerwerksmusik zum Besten zu geben, verwandelte sich Benno von Saber in den folgsamsten Hund des Planeten.
    Kühl blies der Nachtwind, als das ungleiche Trio sich der Käserei näherte.
    Sie erreichten die offenstehende Haustür.
    »Warten oder hinein?«, fragte der Professor leise. Wobei er Warten deutlich bevorzugte.
    Pit gab keine Antwort, sondern trat ins Haus.
    »Also gut«, flüsterte Bietigheim. »Dann werden wir, das heißt vor allem Sie, diese Unperson auf frischer Tat ertappen.« Er folgte Pit, Benno übernahm die Nachhut. Das Haus lag im Dunkeln, der Eindringling hatte keinen Lichtschalter umgelegt. Nur eine Tür war geöffnet.
    Die zum Käsekeller natürlich.
    Ein Rascheln war von dort zu hören, ein Schnaufen sowie schwere Schritte.
    Der Professor hielt den Atem an. Was, wenn der Mann sie bereits gehört hatte und ebenfalls eine Schusswaffe besaß? Was, wenn er zuerst schoss und dies auch noch gekonnt?
    »Lassen Sie uns wieder

Weitere Kostenlose Bücher